Vorkaufsrecht für Immobilien: Definition, Arten, Ablauf
Der Kaufvertrag ist unterschrieben, aber die Immobilie geht trotzdem noch an jemand anderen – wie kann das sein? Besteht ein Vorkaufsrecht bei Haus, Wohnung oder auf das Grundstück, kann so etwas geschehen. Was genau ein Vorkaufsrecht ist, welche Arten es gibt, wie Sie es aushebeln können und welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt, erfahren Sie hier.
Häuser in Naturschutzgebieten können einem gesetzlichen Vorkaufsrecht unterliegen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Das Wichtigste in Kürze
- 2. Was ist das Vorkaufsrecht?
- 3. Arten des Vorkaufsrechts
- 4. Wann ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen?
- 5. Vorkaufsrecht vertraglich vereinbaren: Inhalte & Tipps
-
6. Häufige Fragen zum Vorkaufsrecht
- 6.1 Unter welchen Voraussetzungen tritt das Vorkaufsrecht ein?
- 6.2 Wie gehe ich als Verkäufer von einem Grundstück mit dem Vorkaufsrecht vor?
- 6.3 Welche Frist gilt für ein Vorkaufsrecht?
- 6.4 Wie machen Vorkaufsberechtigte ihren Anspruch geltend?
- 6.5 Was passiert, wenn der Vorkaufsberechtigte den Kauf ablehnt?
- 6.6 Wann erlischt ein Vorkaufsrecht?
- 6.7 Welche Kosten fallen bei einem Vorkaufsrecht an?
- 7. Fazit: Auswirkung des Vorkaufsrechts beim Haus auf den Immobilienwert
Das Wichtigste in Kürze
- Ein bestehendes Vorkaufsrecht bedeutet, dass jemand beim Verkauf einer Immobilie oder eines Grundstücks das Recht hat, es zu erwerben.
- Sobald der Kaufvertrag für das Grundstück, Haus oder die Wohnung aufgesetzt ist, müssen Vorkaufsberechtigte darüber informiert werden. Der Vorkaufsberechtigte übernimmt im Fall eines Kaufs die Bedingungen des bestehenden Kaufvertrags.
- Vorkaufsrechte greifen nur beim Verkauf einer Immobilie, nicht aber bei anderen Übertragungsarten wie Schenkungen, Erbfällen oder Tauschgeschäften.
- Ein dingliches Vorkaufsrecht bezieht sich auf Grundstücke und ist im Grundbuch eingetragen.
- Ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht existiert aufgrund eines Vertrags und muss nicht zwingend beim Grundbuchamt vermerkt sein.
- Ein gesetzliches Vorkaufsrecht für Wohnungen haben Mieter – für ein Einfamilienhaus gilt dies nicht.
- Ein öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht haben unter bestimmten Voraussetzungen zum Beispiel Gemeinden oder Landwirte.
- Das Vorkaufsrecht kann erlöschen. Dies geschieht, wenn der Vorkaufsberechtigte freiwillig darauf verzichtet, verstirbt oder die Ausübungsfrist nicht einhält.
Was ist das Vorkaufsrecht?
Per Definition ist das Vorkaufsrecht ein rechtliches Konzept, das einer natürlichen oder juristischen Person das Recht einräumt, eine Immobilie oder ein Grundstück zu kaufen. Das Vorkaufsrecht für ein Haus wird üblicherweise in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen. Sobald das unbebaute Grundstück, das Haus oder die Eigentumswohnung verkauft werden soll, tritt das Vorkaufsrecht in Kraft.
Der Verkäufer ist dazu verpflichtet, den Vorkaufsberechtigten über den Verkauf und die vereinbarten Bedingungen zu informieren. Nimmt dieser sein Vorkaufsrecht wahr, darf er die Immobilie beziehungsweise das Grundstück zu den im Kaufvertrag mit dem Dritten festgelegten Konditionen erwerben.
In der Praxis bedeutet das: Verkauft ein Eigentümer sein Haus an einen Drittkäufer, dann muss er den rechtskräftigen Kaufvertrag innerhalb der geltenden Fristen an den Vorkaufsberechtigten übermitteln. Dieser entscheidet dann, ob er sein Vorkaufsrecht an der Immobilie geltend machen möchte oder nicht. Meldet der Vorkaufsberechtigte fristgerecht sein Kaufinteresse, dann hat er Vorrang vor dem Drittkäufer, muss allerdings die Bedingungen aus dem bestehenden Kaufvertrag übernehmen.
Hinweis: In der Umgangssprache wird oftmals der Begriff „Vorverkaufsrecht“ oder „Vorkaufrecht“ synonym verwendet. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (§§ 463 ff. BGB) ist die korrekte Bezeichnung allerdings „Vorkaufsrecht“, weshalb wir uns in diesem Artikel darauf beschränken.
Arten des Vorkaufsrechts
Je nach Art des Vorkaufsrechts unterscheiden sich die Rahmenbedingungen, gesetzlichen Grundlagen und Abläufe – daher erklären wir Ihnen in diesem Abschnitt die wichtigsten Eckdaten. Grundsätzlich lassen sich vertragliche und gesetzliche Vorkaufsrechte unterscheiden:
- Bei vertraglichen, also dinglichen und schuldrechtlichen Vorkaufsrechten liegt das Interesse meist darin, den familiären Besitz abzusichern. Beispielsweise sollen Kinder als erstes berechtigt sein, das elterliche Grundstück zu erwerben.
- Gesetzliche Vorkaufsrechte sind in bestimmten Fällen vorgegeben. Sie dienen dem Schutz von Mietern oder Miterben. Ein Sonderfall ist das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht, das oftmals Gemeinden oder Städten zusteht, damit diese die Stadtplanung realisieren können.
Eine Übersicht zu allen Formen des Vorkaufsrechts für Immobilien sehen Sie in der folgenden Grafik:
Vorkaufsrechte können - je nach Art - gesetzlich oder vertraglich vorgegeben sein.
Dingliches Vorkaufsrecht bei Grundstücken
Das dingliche Vorkaufsrecht lässt sich nur auf Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte anwenden. Es ist gesetzlich in den §§ 1094 ff. BGB geregelt und kann entweder eine bestimmte Person oder den Eigentümer von einem anderen Grundstück begünstigen.
Das dingliche Vorkaufsrecht erfordert laut § 873 BGB eine Eintragung im Grundbuch. Anders als beim schuldrechtlichen Vorkaufsrecht besteht also nicht nur ein Vertragsverhältnis zwischen den beiden Parteien, sondern es erfolgt auch eine Belastung des Grundstücks selbst.
Gut zu wissen: Das dingliche Vorkaufsrecht wird ebenso wie Grunddienstbarkeiten, Nießbrauch oder ein Erbbaurecht in Abteilung II des Grundbuchs vermerkt.
Das dingliche Vorkaufsrecht wirkt gemäß § 1098 BGB als eine Vormerkung. Es zieht eine Verfügungssperre mit sich, die in jedem Verkaufsfall zum Tragen kommt. Der Eigentümer darf nicht an einen Dritten verkaufen, ohne dass er den Vorkaufsberechtigten informiert und dieser seinen Verzicht erklärt hat. Das heißt, dass das Eigentum ohne die Einwilligung des Vorkaufsberechtigten nicht an einen Drittkäufer übergehen kann. Aus diesem Grund wird das dingliche Vorkaufsrecht häufig ergänzend zum schuldrechtlichen Vorkaufsrecht genutzt.
Schuldrechtliches Vorkaufsrecht beim Haus
Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht basiert auf den §§ 463 bis 473 BGB. Grundsätzlich kommt das schuldrechtliche Vorkaufsrecht für eine Immobilie durch einen Vertrag zwischen dem Eigentümer und der ausgewählten Person, die zum Vorkauf berechtigt werden soll, zustande. Die vertragliche Vereinbarung erfordert eine notarielle Beurkundung, muss aber nicht im Grundbuch eingetragen werden.
Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht gilt für
- unbewegliche Sachen: Darunter fallen insbesondere Immobilien, also Grundstücke mit ihren wesentlichen Bestandteilen (zum Beispiel Gebäude).
- bewegliche Sachen: Darunter fallen alle anderen Sachen (zum Beispiel Mobilien).
So läuft ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht ab: Fristen & Vertragsklauseln
Gemäß § 463 BGB kann der Vorkaufsberechtigte sein Recht erst dann geltend machen, wenn der Eigentümer einen Kaufvertrag mit einem Drittkäufer geschlossen hat. Das Vorgehen ist wie folgt:
- Der Eigentümer schließt einen rechtsgültigen Kaufvertrag mit einem Drittkäufer. Er übermittelt den Inhalt des Kaufvertrags an den Vorkaufsberechtigten – oder übergibt diese Aufgabe an den beauftragten Notar. Gemäß § 469 BGB sollte dies unverzüglich geschehen.
- Der Vorkaufsberechtigte hat nun eine empfangsbedürftige Erklärung abzugeben, ob er sein Recht ausüben möchte oder nicht, sprich: Ob er die Immobilie kaufen will.
- Handelt es sich um ein Grundstück, hat der Vorkaufsberechtigte laut § 469 BGB zwei Monate Zeit, um eine Entscheidung zu äußern. Bei anderen Gegenständen gilt eine Frist von einer Woche. Die Frist gilt ab dem Zeitpunkt, an dem der Vorkaufsberechtigte die Mitteilung über den Kaufvertrag empfangen hat. Ausnahme: Es ist eine andere Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts bestimmt.
- Entscheidet sich der Vorkaufsberechtigte fristgerecht für die Ausübung seines Rechts, dann kommt es mit seiner Erklärung darüber sofort zu einem rechtsgültigen Kauf der Immobilie – der ursprüngliche Käufer hat dabei das Nachsehen. Es entsteht ein neuer Kaufvertrag, allerdings zu den gleichen Bedingungen wie im bestehenden Vertrag mit dem Drittkäufer.
Tipp: Oftmals sichern sich Eigentümer gegenüber dem Drittkäufer vertraglich mit einem Rücktrittsrecht ab. Damit vermeiden sie die Verpflichtung, das Grundstück an beide Parteien übertragen zu müssen und eventuelle Schadensersatzforderungen.
Wie kann ich das Vorkaufsrecht umgehen?
Der Eigentümer kann ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht aushebeln, indem er seine Mitteilungspflicht missachtet und den Vorkaufsberechtigten einfach nicht über den Verkauf informiert. Bekommt der Vorkaufsberechtigte nicht rechtzeitig Wind vom Verkauf, hat er bei einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht keine Möglichkeit, die Eigentumsübertragung der Immobilie an den Drittkäufer zu verhindern. Der Kaufvertrag bleibt bestehen. Allerdings stehen dem Vorkaufsberechtigten Schadensersatzansprüche zu, wenn sein Vorkaufsrecht auf diese Weise ausgehebelt wurde. Es ist also nicht ratsam, ein Vorkaufsrecht auf dem Weg des Schweigens zu umgehen.
Übrigens: Laut § 473 BGB ist das Vorkaufsrecht grundsätzlich nicht übertrag- oder vererbbar – mit Ausnahme davon, dass etwas anderes bestimmt wurde. Außerdem kann das Recht vererblich sein, wenn es auf eine gewisse Zeit begrenzt ist.
Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht kann sowohl für unbewegliche Sachen (Grundstücke und Immobilien) als auch für bewegliche Sachen (Mobilien) vereinbart werden.
Gesetzliches Vorkaufsrecht am Grundstück
Die gesetzlichen Vorkaufsrechte sind im Baugesetzbuch (BauGB) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Dazu zählt das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht, das für Städte oder Gemeinden greift. Weitere gesetzliche Vorkaufsrechte sind unter anderem das Vorkaufsrecht für Mieter und für Miterben.
Achtung: Das gesetzliche Vorkaufsrecht einer Privatperson ist selten im Grundbuch vermerkt.
Vorkaufsrecht für Mieter
Gemäß § 577 BGB kommt das Vorkaufsrecht für Mieter zum Einsatz, wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt wurden oder werden sollen und der Wohnraum anschließend an Dritte verkauft wird. Dabei ist der Mieter unter Umständen zum Vorkauf berechtigt, das heißt: Er hat vor allen anderen das Recht, die Wohnung zu kaufen.
Damit das gesetzliche Vorkaufsrecht für Mieter greift, müssen unter anderem folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Umwandlung in Eigentumswohnraum erfolgte erst nach Mietbeginn des Mieters.
- Es handelt sich um den ersten Verkaufsfall.
- Die Drittkäufer sind keine Familien- oder Haushaltsangehörigen des Vermieters. In diesem Fall hat der Mieter kein Vorkaufsrecht.
Der Vermieter (oder Käufer) ist dazu verpflichtet, den Mieter über sein Vorkaufsrecht und die gesamten Inhalte des Kaufvertrags zu informieren. Außerdem weist er auf die geltende Frist von zwei Monaten hin, die mit Erhalt der Mitteilung beginnt. Nach Ablauf der Frist erlischt das Vorkaufsrecht. Möchte der Mieter von seinem Recht Gebrauch machen, muss er fristgerecht eine schriftliche Erklärung an den Verkäufer abgeben. Er schließt dann den Kaufvertrag zu gleichen Bedingungen wie der Drittkäufer – dabei bleiben auch Kaufpreis und -Zeitpunkt gleich.
Falls der Vermieter seine Mitteilungspflicht missachtet, hat der Mieter einen Anspruch auf Schadensersatz – in der Regel in Höhe „[…] der Differenz von Verkehrswert und Kaufpreis (abzüglich im Falle des Erwerbs der Wohnung angefallener Kosten) […]“ (Quelle: BGH, Urteil vom 21. Januar 2015 - VIII ZR 51/14).
Achtung: Das gesetzliche Vorkaufsrecht für Mieter gilt nur für eine Wohnung, nicht für ein Einfamilienhaus. Wenn ein Zwei- oder Mehrfamilienhaus ungeteilt verkauft wird, besteht ebenfalls kein Vorkaufsrecht für den Mieter.
Vorkaufsrecht für Miterben
Insofern kein vertraglich festgelegtes Vorkaufsrecht bestimmt ist, stellt das Vorkaufsrecht für Miterben praktisch das einzige gesetzliche Vorkaufsrecht für Familienangehörige dar.
Miterben steht laut § 2034 BGB ein Vorkaufsrecht zu, wenn „[…] ein Miterbe seinen Anteil an einen Dritten […]“ verkauft. Das Vorgehen schützt die Erben davor, dass Dritte in den Kreis der Erbengemeinschaft eintreten können. Daher greift das Recht nur, solange der potenzielle Käufer nicht selbst ein Miterbe ist. Eine Besonderheit: Diese Art von Vorkaufsrecht kann vererbt werden.
Im Falle eines Verkaufs muss der verkaufende Erbe alle anderen Miterben über die Vertragsinhalte informieren, sodass diese innerhalb einer Frist von zwei Monaten ihr Vorkaufsrecht geltend machen können. Da die vertragliche Vereinbarung zum Verkauf eines Erbanteils ohnehin eine notarielle Beurkundung erfordert, kann der verkaufende Erbe die Mitteilungsaufgabe ebenfalls an den Notar übertragen. Will ein Miterbe sein Recht nutzen, dann gibt er eine Erklärung gegenüber dem verkaufenden Erben ab – oder gegenüber dem Käufer, insofern der Anteil bereits auf den Käufer übertragen wurde.
Tipp: Oftmals ist der Hausverkauf in einer Erbengemeinschaft der letzte Ausweg, beispielsweise wenn zwischen den Miterben Uneinigkeit herrscht. Erfahren Sie in unserem Ratgeber, was Sie beachten müssen, wenn Sie ein geerbtes Haus verkaufen.
Öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht von Gemeinden
Das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht gilt hauptsächlich für Gemeinden und ist in den §§ 24 bis 28 BauGB geregelt. Weiterhin können öffentlich-rechtliche Vorkaufsrechte zum Beispiel im Reichssiedlungsgesetz, in landesrechtlichen Denkmalschutzgesetzen oder beim Eisenbahngesetz vorkommen. In den Bundesländern sind Vorkaufsrechte auch im Rahmen der Landschafts- und Naturschutzgesetze möglich.
Neben dem Vorkaufsrecht für Gemeinden können öffentlich-rechtliche Vorkaufsrechte entsprechend der landesrechtlichen Regelungen auch für denkmalgeschützte Immobilien gelten.
Voraussetzungen für Vorkaufsrechte der Gemeinden
Grundsätzlich steht Gemeinden ein Vorkaufsrecht nur unter bestimmten Voraussetzungen zu. Sind diese gegeben, kann die Gemeinde ein bebautes oder unbebautes Grundstück anstelle eines Drittkäufers erwerben. Damit das Vorkaufsrecht der Gemeinde aktiv wird, muss ein Vorkaufsfall vorliegen – das heißt, es muss ein Kaufvertrag mit einem Drittkäufer geben.
Die Gemeinde hat ein Vorkaufsrecht, wenn unter anderem eine der folgenden Bedingungen zutrifft:
- Grundstücke, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen – sofern die Flächen laut Bebauungsplan für öffentliche Zecke genutzt werden sollen (zum Beispiel für Grün- oder Verkehrsflächen)
- Grundstücke im Umlegungsgebiet
- Grundstücke im „[…] förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich […]“ (Quelle: § 24 BauGB)
- Grundstücke in Überschwemmungsgebieten
- Grundstücken, deren Erwerb für Naturschutz, Landschaftspflege oder Erholungsvorsorge notwendig ist.
- Für unbebaute Flächen: Grundstücke, die im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans liegen – sofern die Flächen laut Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche oder Wohngebiet vorgesehen sind
Darüber hinaus gibt es gemäß § 25 BauGB besondere Vorkaufsrechte, die die Gemeinde durch Satzung begründen kann.
Dabei gibt es immer eine Einschränkung: Das Wohl der Allgemeinheit muss die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen. Dazu gehört zum Beispiel, dass der Wohnbedarf in der Gemeinde gedeckt wird. Daher muss die Gemeinde für jede Ausübung des Vorkaufsrechts einen Verwendungszweck angeben. Unter Umständen kann der Verkäufer gemäß § 27 BauGB die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde abwenden, beispielsweise indem er sich dazu verpflichtet, bauliche Mängel, die das Vorkaufsrecht auslösen, innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen.
Gut zu wissen: Das Vorkaufsrecht einer Gebietskörperschaft gilt nicht, wenn der jeweilige Grund an ein Familienmitglied des Eigentümers verkauft wird.
Vorgehensweise beim öffentlich-rechtlichen Vorkaufsrecht
Nach Abschluss des Kaufvertrags muss ein Notar prüfen, ob ein Vorkaufsrecht der Gemeinde vorliegt. Falls ja, muss er die Gemeinde über die Inhalte des Kaufvertrags in Kenntnis setzen, sodass diese entscheiden kann, ob sie von ihrem Recht Gebrauch machen möchte oder nicht. Anschließend stellt die Gemeinde ein Negativzeugnis (oder Vorkaufsrechtsverzichtserklärung) aus. Dieses erklärt den Verzicht auf das Vorkaufsrecht oder dessen Nichtbestehen. Bevor dieses Zeugnis vorliegt, darf der Käufer nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden.
Innerhalb von drei Monaten kann die Gemeinde laut § 28 BauGB ihr Vorkaufsrecht ausüben. In diesem Fall kann sie die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch verlangen, die ihr eine Eigentumsübertragung sichert. Dafür trägt sie, genau wie für die Löschung, die Kosten. Erklärt die Gemeinde ihre Kaufabsicht, dann hat das den rechtskräftigen Kauf des Grundstücks zur Folge – der ursprüngliche Käufer geht leer aus.
Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich allerdings beim Kaufpreis, denn die Gemeinde ist in der Regel nicht verpflichtet, den im Kaufvertrag vereinbarten Preis zu zahlen, sofern dieser den Verkehrswert überschreitet. Die Gemeinde muss lediglich einen Preis in Höhe des Verkehrswerts entrichten. In diesem Fall kann der Verkäufer allerdings vom Vertrag zurücktreten.
Tipp: Der Verkehrswert einer Immobilie lässt sich je nach Nutzungsart anhand des Sachwertverfahrens, des Ertragswertverfahrens oder des Vergleichswertverfahrens berechnen. Die zertifizierten Sachverständigen der Heid Immobilien GmbH berechnen den Marktwert Ihres Grundstücks anhand von gesetzlichen Standards. Mit einem Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen halten Sie einen behördlich und gerichtlich anerkannten Nachweis für einen marktgerechten Kaufpreis in den Händen.
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Naturschutzrechtliche Vorkaufsrechte
Aus naturschutzrechtlichen Gründen können Länder einen Anspruch auf Vorkauf haben. Gemäß § 66 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ist dies zum Beispiel der Fall, wenn
- Grundstücke in Nationalparken oder Naturschutzgebieten liegen.
- sich auf dem Grundstück Naturdenkmäler befinden.
- oberirdische Gewässer auf einem Grundstück sind.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nur möglich, wenn es im Sinne des Naturschutzes, der Landschaftspflege oder Erholungsvorsorge erforderlich ist. Die Länder haben darüber hinaus die Möglichkeit, das Vorkaufsrecht zugunsten anderer Institutionen auszuführen – dazu gehören Naturschutzvereinigungen (Vereine) oder Stiftungen des öffentlichen Rechts.
Wichtig: Häufig finden sich spezifische Regelungen zum naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht in den einzelnen Gesetzestexten der Länder.
Wann ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen?
Zunächst einmal gilt: Von einem Vorkaufsrecht können Berechtigte nur Gebrauch machen, wenn wirklich ein Verkauf stattfindet. Bei
- einem Tausch,
- einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen,
- einer Zwangsvollstreckung (Tipp: Lesen Sie mehr zum Thema Enteignung und Entschädigungsverfahren),
- einer Schenkung oder
- einer Erbrechtsangelegenheit
greift das Vorkaufsrecht nicht.
Das steht im Baugesetzbuch
Weitere Gründe für den Ausschluss des Vorkaufsrechts finden sich im Baugesetzbuch (§ 26 BauGB). Demnach verfällt das Vorkaufsrecht, wenn
- der Eigentümer an gewisse Familienangehörige verkauft (Ehegatten, Verwandte in gerader Linie, Schwager, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad),
- eine Religionsgemeinschaft das Grundstück für Gottesdienste oder Seelsorge kauft (= Vorkaufsrecht Kirche),
- ein öffentlicher Bedarfsträger das Grundstück zu Verteidigungszwecken kauft (zum Beispiel für Bundeswehr, Polizei, Zivilschutz oder Zoll),
- eine bauliche Maßnahme von überörtlicher Bedeutung auf Grund von Planfeststellungsverfahren
- oder eine öffentlich zugängliche Abfallbeseitigungsanlage errichtet wird.
Außerdem kann das Vorkaufsrecht abgewendet werden, wenn gemäß § 27 Abs. 1 BauGB „[…] die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist“ und der Käufer sowohl in der Lage ist, als auch sich dazu verpflichtet, das in dieser Hinsicht mängelfreie Grundstück entsprechend zu nutzen.
Die Seitenlinie bis zum dritten Grad schließt die Großtante, den Cousin 2. Grades und die Nichte 3. Grades mit ein.
(Kein) Vorkaufsrecht für Familienangehörige
Zwar haben Familienangehörige des Eigentümers nicht wirklich ein Vorkaufsrecht auf das Grundstück – dazu müssten sie einen Vertrag abschließen. Allerdings ist die Eigentumsübertragung an Familienangehörige begünstigt und hebelt das Vorkaufsrecht der Gemeinde und der Mieter praktisch aus. Wenn Sie so wollen, gibt es aus Sicht des Verkäufers ein indirektes Vorkaufsrecht für Familienangehörige – bei beiderseitigem Einverständnis. Dieses Vorrecht gilt nicht nur für Familienmitglieder, sondern auch für Personen des gleichen Hausstands.
Ein konkretes Beispiel, wie Sie das Vorkaufsrecht der Gemeinde aushebeln: Wohnt die Pflegekraft in der Immobilie und kauft die Wohnung vom Eigentümer, wenn dieser ins Pflegeheim zieht, kann die Kommune das nicht verhindern.
Ein etwas extremeres Beispiel zum Vorkaufsrecht: Sie und Ihre Familie kehren Deutschland den Rücken. Die Gemeinde hätte eigentlich ein Vorkaufsrecht für Ihr Haus – zumal das Grundstück gut in die Entwicklungspläne des Stadtrates passt. Doch Ihr aus der vom Krieg gebeutelten Heimat geflüchtetes ukrainisches Kindermädchen Irina möchte in Deutschland bleiben. Mit dem Geld ihrer Oligarchen-Eltern kann sich Ihr liebgewonnenes Kindermädchen schon mit 19 Jahren Ihr Haus leisten. Wohlweislich haben Sie bereits nach der überstandenen Probezeit einen Vertrag mit Irina über ein zeitlich befristetes Vorkaufsrecht geschlossen, falls Sie während ihrer Anstellung als Kindermädchen auswandern sollten. Irina bleibt für Ihr Studium an der örtlichen Hochschule in der Stadt – und zwar dank vertraglich vereinbartem Vorkaufsrecht auf Ihre Immobilie in vertrauter Umgebung. Als Person des gleichen Hausstands kann sie das Vorkaufsrecht der Gemeinde abwehren.
Hinweis: Familienangehörige haben kein gesetzliches Vorkaufsrecht. Möchte Ihr Großvater Ihnen das Haus nicht überlassen oder verkauft Ihre Mutter die Wohnung, die Sie gerne übernehmen würden, an eine wildfremde Person, können Sie nichts dagegen machen.
Sind Sie sich mit Ihrem Verwandten aber einig, dass die Immobilie innerhalb der Familie bleibt, können Ihnen Mieter und Gemeinde keinen Strich durch die Rechnung machen. Das heißt bei einer vermieteten Immobilie aber noch lange nicht, dass Sie mit Ihrem Vorkaufsrecht gleichzeitig Anspruch auf Eigennutzung haben.
Vorkaufsrecht vertraglich vereinbaren: Inhalte & Tipps
Die Vertragsschließung ist bei dinglichen und schuldrechtlichen Vorkaufsrechten relevant. Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht kommt ohne Grundbucheintrag aus, erfordert aber eine notarielle Beglaubigung des Vertrags. Zu einem Vertrag über das Vorkaufsrecht gehören unter anderem die folgenden Inhalte:
- Name / Anschrift (beide Parteien)
- Bezeichnung des Gegenstands, auf den sich das Vorkaufsrecht bezieht
- Startpunkt und Dauer des Vorkaufsrechts
- Art des Vorkaufsrechts (dinglich / schuldrechtlich)
- Klausel zur Vererbbarkeit des Vorkaufsrechts
- Erklärung, dass der Eigentümer den Vorkaufsberechtigten beim Verkauf schnellstmöglich informiert
- Bei Bedarf Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts
- Gegebenenfalls Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung der vertraglichen Vereinbarungen
- Beidseitige Unterschrift
Zwei Parteien können vertraglich ein dingliches oder schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbaren.
Häufige Fragen zum Vorkaufsrecht
Sie möchten ein Haus kaufen oder verkaufen, auf dem ein Vorkaufsrecht liegt und haben noch Fragezeichen im Kopf? Dann beantworten wir Ihnen im Folgenden die wichtigsten Fragen rund um Vorkaufsrechte bei Haus und Grundstück.
Unter welchen Voraussetzungen tritt das Vorkaufsrecht ein?
Laut § 463 BGB kann ein Berechtigter das Vorkaufsrecht erst dann ausüben, wenn ein Vorkaufsfall vorliegt – das heißt: Es muss einen rechtskräftigen, notariell beglaubigten Kaufvertrag mit einem Drittkäufer geben. Je nachdem, ob es sich um ein Vorkaufsrecht für Gemeinden, Mieter oder Miterben handelt, können weitere Voraussetzungen gelten, die die Wirksamkeit des Vorkaufsrechts beeinflussen.
Wie gehe ich als Verkäufer von einem Grundstück mit dem Vorkaufsrecht vor?
Sobald Sie einen rechtskräftigen Kaufvertrag mit dem Drittkäufer ausgehandelt haben, informieren Sie den Vorkaufsberechtigten über die gesamten Vertragsinhalte. Sprich: Schicken Sie ihm eine Kopie des Kaufvertrags zu. Dies sollte gemäß § 469 BGB unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, geschehen. Die Mitteilung kann auch durch den Drittkäufer oder einen beauftragten Notar erfolgen.
Welche Frist gilt für ein Vorkaufsrecht?
Die Ausübungsfrist für den Vorkaufsberechtigten beginnt, sobald dieser vom Käufer über den anstehenden Verkauf informiert wurde. Je nachdem, um was für ein Objekt es sich handelt, fällt diese Frist wie folgt aus:
Beim Verkauf eines Grundstücks muss der Vorkaufsberechtigte innerhalb von zwei Monaten seine Entscheidung bekannt geben.
Bei anderen Sachgütern wie Eigentumswohnungen, Parkplätzen und dergleichen, gilt eine Frist von einer Woche.
Falls mehrere Personen für ein Objekt vorkaufsberechtigt sind, beginnt die Ausübungsfrist erst, wenn alle informiert wurden.
Gut zu wissen: Bei diesen Zeiträumen handelt es sich um standardisierte Fristen. Diese treffen zu, sofern keine anderen vertraglichen Regelungen getroffen wurden.
Wie machen Vorkaufsberechtigte ihren Anspruch geltend?
Nachdem der Vorkaufsberechtigte die Mitteilung über den Kaufvertrag erhalten hat, entscheidet er, ob er sein Recht in Anspruch nehmen möchte oder nicht. Hat er das Vorkaufsrecht auf ein Grundstück, dann muss er seine Entscheidung innerhalb von zwei Monaten an den Vorkaufsverpflichteten mitteilen. Ausnahme: Es wurde eine andere Frist rechtskräftig vereinbart. Die Erklärung muss laut § 464 BGB nicht die Form haben, die für den Kaufvertrag bestimmt ist.
Mit Eingang der Vorkaufserklärung ist der Kauf rechtskräftig. Der Vorkaufsberechtigte übernimmt die Konditionen, wie sie im Vertrag mit dem Drittkäufer vereinbart wurden – inklusive Kaufpreis. Eine Ausnahme bildet das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht für Gemeinden: Falls der Kaufpreis den Marktwert der Immobilie übersteigt, muss die Gebietskörperschaft lediglich eine Summe in Höhe des Verkehrswerts zahlen. Die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Heid Immobilien GmbH ermitteln den Wert einer Immobilie mit Vorkaufsrecht zuverlässig und zeitnah.
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Was passiert, wenn der Vorkaufsberechtigte den Kauf ablehnt?
Der Vorkaufsberechtigte erklärt sich schriftlich. Städte und Gemeinden stellen ein Negativzeugnis (Vorkaufsrechtsverzichtserklärung) aus, welches ihren Verzicht erklärt. Erst mit diesem Nachweis kann beim Grundbuchamt die Eintragung des neuen Eigentümers erfolgen. Oftmals übernimmt der beauftragte Notar die Beantragung des Negativzeugnisses bei der zuständigen Gemeinde. Je nach Region können für die Vorkaufsrechtsverzichtserklärung Kosten anfallen.
Im dinglichen Vorkaufsrecht ist dagegen eine Löschung aus dem Grundbuch erforderlich. Dafür benötigt das Grundbuchamt eine notariell beglaubigte Löschungsbewilligung des Vorkaufsberechtigten sowie einen entsprechenden Antrag des Berechtigten oder Eigentümers des Grundstücks.
Ein Vorkaufsrecht kann aus dem Grundbuch gelöscht werden – dafür ist unter anderem eine notariell beglaubigte Löschungsbewilligung erforderlich.
Wann erlischt ein Vorkaufsrecht?
Ein Vorkaufsrecht besteht grundsätzlich nicht ewig. Es gibt Umstände, unter denen das Vorkaufsrecht für ein Haus oder Grundstück erlischt. Das geschieht entweder automatisch oder wird vom Berechtigten initiiert. In den folgenden Fällen wird das Vorkaufsrecht einer Immobilie aufgehoben:
- Der Vorkaufsberechtigte lässt die Ausübungsfrist verstreichen.
- Der Vorkaufsberechtigte verzichtet auf sein Vorkaufsrecht und lässt dieses vom Notar löschen.
- Stirbt der Vorkaufsberechtigte, erlischt das Vorkaufsrecht. Sofern nichts anderes vereinbart ist, geht es nicht automatisch auf etwaige Erben über (vgl. § 473 BGB).
- Die Eintragung im Grundbuch ist laut Grundbuchordnung (§ 87 GBO) nicht mehr gültig. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Immobilie inzwischen vererbt oder verschenkt wurde und somit ein neuer Eigentümer im Grundbuch steht.
Gut zu wissen: Auch eine Vorkaufserklärung kann in bestimmten Fällen unwirksam werden – dazu gehört zum Beispiel die Zahlungsunfähigkeit oder -verweigerung des Vorkaufsberechtigten.
Welche Kosten fallen bei einem Vorkaufsrecht an?
Möchten Eigentümer und Vorkaufsberechtigte ein Vorkaufsrecht im Grundbuch eintragen oder löschen lassen, fallen dafür ebenfalls Kosten für Notar und Grundbuchamt an. Wie hoch diese ausfallen, ergibt sich anhand des Geschäftswerts der Immobilie und der geltenden Gebührensätze. Als Geschäftswert wird bei einem Vorkaufsrecht sowie dessen Löschung jeweils der halbe Wert des betroffenen Grundstücks für die Ermittlung der Notarkosten veranschlagt.
Weitere Kosten können im Rahmen des gemeindlichen Vorkaufsrechts anfallen. So ist die Ausstellung einer Vorkaufsrechtsverzichtserklärung in vielen Fällen kostenpflichtig. Die Höhe der Kosten unterscheidet sich je nach den Vorgaben der zuständigen Gemeinde.
Fazit: Auswirkung des Vorkaufsrechts beim Haus auf den Immobilienwert
Ob sich ein Vorkaufsrecht auf den Verkehrswert einer Immobilie mindernd auswirkt, muss im Einzelfall betrachtet werden. Alle Beteiligten sollten sich über die Sachlage und ihre Rechte so gut wie möglich informieren, bevor der Verkaufsprozess beginnt.
Wir unterstützen Sie gerne beim Kauf oder Verkauf sowie der Wertermittlung einer Immobilie mit Vorkaufsrecht. Kontaktieren Sie uns jederzeit über das untenstehende Formular oder die 0800 - 90 90 282 für eine kostenlose Erstberatung.