Sachwertverfahren: So wird der Gebäudesachwert ermittelt
Mit dem Sachwertverfahren bestimmen Sachverständige den Wert von Immobilien – und zwar konkret den Sachwert. Der Fokus der Wertermittlung liegt dabei auf der Bausubstanz. Wie genau die Berechnung beim Sachwertverfahren funktioniert, erklären wir Ihnen im Folgenden anhand von Beispielen.
Außergewöhnliche selbstbewohnte Immobilien ohne adäquate Vergleichsobjekte sind prädestiniert für das Sachwertverfahren.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Das Wichtigste in Kürze
- 2. Was ist der Sachwert?
- 3. Was ist das Sachwertverfahren für Immobilien?
- 4. Was ist ein Sachwertgutachten?
- 5. Wann und wie wird der Sachwert einer Immobilie ermittelt?
- 6. Berechnung: So wird der Sachwert ermittelt
- 7. Vor- und Nachteile des Sachwertverfahrens
- 8. Kann ich den Sachwert selbst berechnen?
- 9. Sachwertverfahren-Rechner
- 10. Sachwert Ihrer Immobilie ermitteln
- 11. Häufige Fragen zum Sachwertverfahren
Das Wichtigste in Kürze
- Mit dem Sachwertverfahren ermitteln Sachverständige den Sachwert von Immobilien.
- Unter allen normierten Verfahren gilt das Sachwertverfahren für Immobilien als das komplizierteste.
- Das Sachwertverfahren bezieht sich auf die Herstellungskosten, angepasst an den Baupreisindex.
- Die Gesamtformel zur Berechnung des Sachwerts einer Immobilie lautet: Sachwert = (Bodenwert + Gebäudesachwert) × Marktanpassungsfaktor.
- Einfamilienhäuser oder kommunale Gebäude ohne Gewinnerzielungsabsicht (wie Schulen) sind prädestiniert für die Anwendung des Sachwertverfahrens.
- Da das Sachwertverfahren entscheidend auf Markt- und Sachkenntnis beruht, sollten Sie immer einen zertifizierten Sachverständigen mit einem Verkehrswertgutachten beauftragen. Andernfalls riskieren Sie Fehler bei der Wertermittlung Ihrer Immobilie, die für Sie von entscheidendem Nachteil sein können.
- Die Begriffe Sachgutachten und Sachwertgutachten sind zwar nicht gebräuchlich. Gemeint ist damit ein Verkehrswertgutachten, in dem der Sachwert der Immobilie ermittelt wird.
Was ist der Sachwert?
Der Sachwert einer Immobilie bezieht sich auf die Bewertung der physischen und dauerhaften Bestandteile der Immobilie. Dies umfasst das Grundstück, auf dem die Immobilie steht, sowie alle darauf errichteten Gebäude und festen Einrichtungen.
Um den Gebäudesachwert zu ermitteln, werden die Regelherstellungskosten pro Quadratmeter Bruttogrundfläche des Gebäudes berechnet und mit dieser Fläche multipliziert. Davon abgezogen wird die Alterswertminderung, um den aktuellen Sachwert des Gebäudes zu bestimmen.
Der Sachwert einer Immobilie wird bestimmt durch die Kosten eines vergleichbaren Neubaus zum Bewertungsstichtag. Er setzt sich zusammen aus Bodenwert, Wert der Außenanlagen und Gebäudewert, und unterscheidet sich vom Verkehrs- oder Marktwert der Immobilie.
Was ist das Sachwertverfahren für Immobilien?
Das Sachwertverfahren ist ein normiertes Verfahren, um den Verkehrswert (Marktwert) oder Beleihungswert einer Immobilie zu ermitteln. Es bezieht sich auf die Herstellungskosten des Gebäudes, angepasst auf den Baupreisindex und die Marktsituation.
Die gesetzlichen Grundlagen zum Sachwertverfahren stehen in der Immobilienwertermittlungsverordnung (§§ 35 – 39 ImmoWertV). Neben der ImmoWertV gibt es noch die Sachwertrichtlinie, die bei der Ermittlung des Sachwertes berücksichtigt werden muss.
Das folgende Video führt Ihnen grafisch vor Augen, wie das Sachwertverfahren funktioniert:
Was ist ein Sachwertgutachten?
Ein Sachwertgutachten, vereinzelt auch als Sachgutachten betitelt, gibt es eigentlich nicht. Gemeint ist ein Verkehrswertgutachten, bei dem der Sachwert der Immobilie gemäß Sachwertverfahren ermittelt wird.
Wann und wie wird der Sachwert einer Immobilie ermittelt?
Nach Möglichkeit wird das Vergleichswertverfahren angewandt, um den Gebäudesachwert zu ermitteln. Doch häufig sind passende Vergleichsobjekte rar. Der Gesetzgeber akzeptiert zwei weitere Verfahren: Sachwert- und Ertragswertverfahren. Alle drei Verfahren zur Immobilienbewertung unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Herangehensweise. Das Sachwertverfahren gilt als das anspruchsvollste.
Das Sachwertverfahren wenden Sachverständige insbesondere bei den folgenden Immobilienarten an:
- alleinstehende Häuser und Immobilien in ländlicheren Gegenden
- kommunale Gebäude ohne Renditebestreben (zum Beispiel Kitas und Schulen)
- Infrastruktur (zum Beispiel Bahnhöfe)
- denkmalgeschützte Immobilien
Der Wert von Bahnhofsgebäuden wird – zumindest an ländlichen Haltepunkten – nach dem Sachwertverfahren ermittelt.
Berechnung: So wird der Sachwert ermittelt
Den Sachwert einer Immobilie ermitteln Sachverständige grundsätzlich in fünf Schritten.
Schritt 1: Bodenwert berechnen
Zunächst kommt es bei der Anwendung des Sachwertverfahrens darauf an, den Bodenwert zu ermitteln. Dabei handelt es sich um den Wert, den der Boden unabhängig vom darauf befindlichen Gebäude hat.
Formel
Grundstücksfläche x Bodenrichtwert pro m2 = Bodenwert
Erläuterung
Den Bodenwert einer Immobilie ermitteln Sachverständige, indem sie die Grundfläche der zu bewertenden Immobilie mit dem sogenannten Bodenrichtwert multiplizieren: einem amtlichen regionalen Durchschnittswert, den Gutachterausschüsse auf Basis von Vergleichswerten ermitteln.
Der Bodenrichtwert gibt also an, wie viel der Boden wert ist – gemessen an den in der Region üblichen Preisen. Bodenrichtwerte entnehmen Sie dem Bodenrichtwertinformationssystem für Deutschland, kurz: BORIS-D.
Beispiel
Nehmen wir an, Sie besitzen ein 300 m2 großes Grundstück, dessen Sachwert Sie ermitteln lassen möchten. Der Sachverständige ermittelt erst einmal den Bodenwert, indem er den Bodenrichtwert der Region mit Ihrer Grundstücksfläche multipliziert. Demnach ergibt sich ein Bodenwert in Höhe von 45.000 €:
300 m2 | × | 150 € | = | 45.000 € |
Grundstücksfläche | × | Bodenrichtwert pro m2 | = | Bodenwert |
Schritt 2: Gebäude-Herstellungskosten berechnen
Im nächsten Schritt ermittelt der Sachverständige, wie hoch die Gebäude-Herstellungskosten Ihrer Immobilie sind. Dafür multipliziert man die Regel-Herstellungskosten pro m2 mit der Bruttogrundfläche.
Formel
Regel-Herstellungskosten pro m2 x Bruttogrundfläche = Gebäudeherstellungskosten
Erläuterung
Regel-Herstellungskosten meinen nicht die tatsächlichen, sondern die gewöhnlichen Herstellungskosten pro Quadratmeter. Gutachter ermitteln sie nach Grundstücks- und Gebäudeart. Ihre Höhe kann also je nach Immobilie unterschiedlich ausfallen. Sie beziehen sich übrigens auch auf die Außenanlagen, also zum Beispiel Anbauten wie Garagen oder Schuppen.
Die Bruttogrundfläche meint die Summe aller nutzbaren Grundflächen einer Immobilie. Haben Sie beispielsweise ein Haus mit mehreren Stockwerken, einem Dachboden oder Keller, hat jede Ebene eine eigene Grundfläche. Addieren Sie diese Ebenen, erhalten Sie die Bruttogrundfläche Ihrer Immobilie.
Beispiel
Nehmen wir an, Ihre Immobilie hat eine Bruttogrundfläche von 200 m2 und der Gutachter ermittelt Regel-Herstellungskosten von 1.200 € pro m2. In diesem Fall belaufen sich die Gebäudeherstellungskosten auf 240.000 €:
1.200 € | × | 200 m2 | = | 240.000 € |
Regel-Herstellungskosten pro m2 | × | Bruttogrundfläche | = | Gebäudeherstellungskosten |
Die Gebäude-Herstellungskosten sind maßgeblich zur Berechnung des Sachwerts einer Immobilie.
Schritt 3: Gebäude-Sachwert berechnen
Sind die Herstellungskosten der Immobilie bekannt, kann der Immobiliensachverständige den Gebäude-Sachwert ermitteln. Um zu erfahren, wie viel die Bausubstanz tatsächlich wert ist, muss er die Wertminderung des Gebäudes durch Verschleiß, Abnutzung und andere Alterungsvorgänge berücksichtigen.
Formel
Gebäude-Herstellungskosten – Alterswertminderung = Gebäude-Sachwert
Erläuterung
Wie hoch die Alterswertminderung ausfällt, hängt von der individuellen Immobilie ab sowie von der Restnutzungsdauer. Bei einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren beträgt die Alterswertminderung beispielsweise 1,25% pro Jahr.
Um den genauen Wertverlust durch Alterswertminderung zu bestimmen, werden die Herstellungskosten der Immobilie im Rahmen eines Sachwertgutachtens prozentual gemäß dem Faktor der Alterswertminderung verringert:
Bei Gebäude-Herstellungskosten in Höhe von 240.000 € entsprechen 3.000 € einer Wertminderung von 1,25 % pro Jahr. Innerhalb von 10 Jahren nimmt der Wert um 30.000 € ab.
Beispiel
Kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Höhe der Alterswertminderung Ihrer Immobilie bei 30.000 € liegt, ergibt sich ein Gebäude-Sachwert von 210.000 €:
240.000 € | − | 30.000 € | = | 210.000 € |
Gebäude-Herstellungskosten | − | Alterswertminderung | = | Gebäude-Sachwert |
Schritt 4: Vorläufigen Sachwert berechnen
Nun kann der vorläufige Sachwert der Immobilie berechnet werden. Dafür addiert man den Gebäude-Sachwert mit dem Bodenwert der Immobilie.
Formel
Gebäude-Sachwert + Bodenwert = vorläufiger Sachwert
Beispiel
In unserem Sachwertverfahren-Beispiel ergibt sich ein vorläufiger Sachwert in Höhe von 255.000 €:
210.000 € | + 45.000 € | = 255.000 € |
Gebäude-Sachwert | + Bodenwert | = vorläufiger Sachwert |
Schritt 5: Endgültigen Sachwert ermitteln
Um nun den endgültigen Sachwert der Immobilie zu berechnen, müssen Sachverständige noch Marktanpassungsfaktoren berücksichtigen. Zunächst wird der ermittelte Sachwert mit dem Sachwertfaktor multipliziert. Anschließend wird das Ergebnis mit dem Regionalfaktor multipliziert. Mit diesen Rechengrößen passt der Experte den Sachwert an die Marktsituation an.
Formel
Vorläufiger Sachwert × Marktanpassungsfaktoren = endgültiger Sachwert
Abschließend können besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale den Sachwert der Immobilie noch beeinflussen.
Wir haben den Ablauf des Sachwertverfahrens für Immobilien in der nachfolgenden Infografik zusammengefasst.
Infografik zum Ablauf des Sachwertverfahrens.
Vor- und Nachteile des Sachwertverfahrens
Jedes Wertermittlungsverfahren hat seine Vor- und Nachteile, so auch das Sachwertverfahren:
Vorteile des Sachwertverfahrens
-
Geeignet für Einfamilienhäuser, ländliche Regionen, kommunale Gebäude und außergewöhnliche Immobilien
Weil der Schwerpunkt des Sachwertverfahrens vor allem auf der Bewertung der eigentlichen Bausubstanz liegt und weniger auf dem Vergleich mit ähnlichen Objekten, ist es besonders gut für Immobilien geeignet, bei denen Vergleichsobjekte fehlen und keine Gewinnerzielungsabsicht erfolgt. -
Substanzwert im Fokus
Insbesondere bei aufwendigen Renovierungsarbeiten erzielt das Sachwertverfahren vorteilhafte und genaue Ergebnisse für Eigentümer, weil es die an einer Immobilie erbrachten Aufwände genau berücksichtigt. -
Orientierung an aktuellen Herstellungspreisen
Beim Sachwertverfahren ermitteln Sachverständige die Herstellungskosten der Bausubstanz anhand aktueller Preisniveaus, wodurch es eine Anpassung des Immobilienwerts an die jeweilige Marktsituation ermöglicht.
Nachteile des Sachwertverfahrens
-
Nicht für Eigentumswohnungen geeignet
Das Sachwertverfahren eignet sich nicht für Eigentumswohnungen. Bei selbstgenutzten Wohnungen müssen sehr viele objektspezifische Merkmale wie die Lage im Haus berücksichtigt werden. -
Mietpreise kaum berücksichtigt:
Das Marktgeschehen wird durch das Sachwertverfahren nicht adäquat berücksichtigt. Stark steigende Mietpreise fließen über einen erhöhten Marktanpassungsfaktor in die Gleichung ein.
Ein Tipp: Um die Nachteile eines einzelnen Verfahrens auszugleichen und den Wert einer Immobilie möglichst valide und realistisch zu bestimmen, wenden seriöse Sachverständige zur endgültigen Bestimmung des Immobilienwerts mindestens zwei Verfahren an. Durch das stützende Bewertungsverfahren können fehlerhafte Parameter identifiziert und korrigiert werden. Die genaue Wahl der Verfahren hängt dabei immer von der Immobilie und ihren Besonderheiten ab.
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Das Wichtigste zum Sachwertverfahren in einer Infografik.
Kann ich den Sachwert selbst berechnen?
Grundsätzlich ist Laien davon abzuraten, den Sachwert einer Immobilie selbst zu ermitteln. Denn selbst kleinste Abweichungen und Fehler bei der Berechnung können zu starken Abweichungen führen. Möchten Sie sichergehen, dass die Ergebnisse der Wertermittlung akkurat, aussagekräftig und realistisch sind, sollten Sie einen versierten und erfahrenen Experten mit der Immobilienbewertung beauftragen. Dieser erstellt ein fundiertes Sachwertgutachten für Sie. Für offizielle Zwecke wie einen Nachweis gegenüber dem Finanzamt benötigen Sie ohnehin ein Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Gutachters.
Sachwert Ihrer Immobilie ermitteln
Die Sachverständigen der Heid Immobilien GmbH nehmen die Berechnung des Sachwerts Ihrer Immobilie gerne vor. Wir stellen sicher, dass Sie zeitnah eine verlässliche Auskunft zum Wert Ihrer Immobilie erhalten. Sie erhalten ein von Behörden und vor Gericht anerkanntes Sachwertgutachten bei voller Aufwands- und Kostentransparenz.
Nutzen Sie einfach das Kontaktformular oder nehmen Sie unter der Telefonnummer 0800 - 90 90 282 Kontakt zu uns auf. Sichern Sie sich Ihre kostenlose und unverbindliche Erstberatung für ein Sachwertgutachten mit einem Immobiliensachverständigen.
Wir freuen uns auf Sie!
Häufige Fragen zum Sachwertverfahren
Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen, die Ihnen einen kurzen und knappen Einblick in die Grundlagen und Anwendungsbereiche des Sachwertverfahrens geben.
Wann wird das Sachwertverfahren angewendet?
Bei einem Sachwertverfahren wird der Sachwert einer Immobilie ermittelt, mit denen keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird und zu denen es kaum vergleichbare Immobilien gibt. Bei einem individuell gebauten Einfamilienhaus wird im Rahmen eines Verkehrswertgutachtens daher üblicherweise der Sachwert ermittelt.
Wie ermittelt man den Sachwert einer Immobilie?
Der vorläufige Sachwert einer Immobilie ergibt sich aus dem Bodenwert des Grundstücks und den Herstellungskosten des Gebäudes – abzüglich altersbedingter Wertminderungen. Dieser Wert wird anschließend mit Marktanpassungsfaktoren multipliziert, um den endgültigen Sachwert der Immobilie zu ermitteln.
Welche Faktoren haben Einfluss auf den Sachwert einer Immobilie?
Beim Sachwertverfahren steht die Bausubstanz der Immobilie im Vordergrund. Einfluss auf den Sachwert haben unter anderem:
- Grundstück- und Gebäudeart
- Größe und Lage des Grundstücks
- Aktuelle Marktsituation
- Bruttogrundfläche und Ausstattung der Immobilie
- Alterswertminderung des Gebäudes (zum Beispiel durch Verschleiß, Abnutzung)
- Restnutzungsdauer des Gebäudes
Welche Kosten fallen bei einem Sachwertverfahren an?
Die Kosten eines Sachwertverfahrens hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Komplexität der Immobilie. Bei einfachen Grundstücken und Wohngebäuden liegen die Kosten für ein Sachwertverfahren meist zwischen 1.990 € und 2.800 €.