Eine verkürzte Nutzungsdauer von Gebäuden bringt Immobilieneigentümern finanzielle Vorteile im Hinblick auf die steuerliche Abschreibung. Wird die Restnutzungsdauer verkürzt, lassen sich höhere Abschreibungen realisieren. Dies führt zu einer geringeren Steuerlast. Doch wann ist es sinnvoll, die Nutzungsdauer von Immobilien zu verkürzen und welche Schritte sind notwendig, um die Anpassung erfolgreich durchzusetzen?

Das Wichtigste in Kürze
- Eine verkürzte Nutzungsdauer von Gebäuden führt zu höheren jährlichen Abschreibung von Immobilien und einer geringeren Steuerlast.
- Seit 2025 gelten strengere Regeln für die Anerkennung einer verkürzten Restnutzungsdauer, einschließlich einer Vor-Ort-Besichtigung.
- Ein fachgerechtes Gutachten ist erforderlich, um die verkürzte Restnutzungsdauer beim Finanzamt geltend zu machen.
Rechtliche Grundlagen zur Verkürzung der Nutzungsdauer bei Gebäuden
Die Verkürzung der Restnutzungsdauer einer Immobilie basiert auf klar definierten rechtlichen Grundlagen. Diese sind in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) festgelegt. Während beide Verordnungen in gewisser Weise miteinander verbunden sind, konzentriert sich die ImmoWertV auf die detaillierte Methodik zur Berechnung der Restnutzungsdauer. Die BelWertV gibt allgemeine Richtwerte für die Gesamtnutzungsdauer vor.
Die Gesamtnutzungsdauer gemäß BelWertV
Die Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) gibt allgemeine Orientierungshilfen zur Gesamtnutzungsdauer von Gebäuden. In Anlage 2 der BelWertV findet sich eine Tabelle mit typischen Gesamtnutzungsdauern für verschiedene Gebäudearten. Diese Werte dienen als Basis für die Ermittlung des Beleihungswertes – also des Wertes, den Banken zur Absicherung von Immobilienkrediten heranziehen.
Die in der BelWertV genannten Gesamtnutzungsdauern stellen Maximalsätze dar, die davon ausgehen, dass eine Immobilie in gutem Zustand und bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung genutzt wird. Diese Werte sind jedoch nicht fix und müssen an die tatsächlichen Gegebenheiten der Immobilie angepasst werden. Dies geschieht anhand der ImmoWertV durch einen Gutachter.
Die Restnutzungsdauer gemäß ImmoWertV
Die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) regelt die Methodik zur Berechnung der Restnutzungsdauer einer Immobilie. Laut § 4 Abs. 3 ImmoWertV bezeichnet die Restnutzungsdauer die Anzahl der Jahre, in denen eine bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden kann. Das bedeutet, dass die Restnutzungsdauer individuell angepasst wird, je nachdem, in welchem Zustand sich das Gebäude befindet und welche Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt wurden.
Im Gegensatz zur BelWertV berücksichtigt die ImmoWertV individuelle Faktoren wie durchgeführte Instandsetzungen, Modernisierungen oder auch unterlassene Instandhaltungen. Diese Faktoren können die Restnutzungsdauer verkürzen oder auch verlängern. Bei einer Verkürzung wird davon ausgegangen, dass bauliche Mängel, Verschleiß oder andere Einschränkungen die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Gebäudes verringern.
Welche Immobilie möchten Sie bewerten?
Einschränkungen durch das Jahressteuergesetz 2024
Ab 1. Januar 2025 treten voraussichtlich deutliche Einschränkungen für die Anerkennung einer verkürzten Restnutzungsdauer von Immobilien in Kraft. Diese Änderungen betreffen vor allem die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten:
- Verkürzte Restnutzungsdauer nur bei weniger als 10 Jahren: Eine verkürzte Nutzungsdauer bei Gebäuden wird nur noch dann steuerlich berücksichtigt, wenn sie weniger als 20% der gesetzlichen Nutzungsdauer beträgt. Für Wohnimmobilien, die vor Januar 2023 gebaut wurden, bedeutet dies, dass eine kürzere Restnutzungsdauer nur anerkannt wird, wenn sie weniger als 10 Jahre beträgt (20% von 50 Jahren). Immobilien mit längerer Restnutzungsdauer (zum Beispiel 26 Jahre) können nicht mehr angepasst werden.
- Pflicht zur Vor-Ort-Besichtigung: Die Anforderungen an Gutachten für eine verkürzte Nutzungsdauer sollen verschärft werden: Jedes Gutachten soll ab 2025 auf einer Vor-Ort-Besichtigung basieren. Die gewissenhaften Gutachter der Heid Immobilienbewertung besichtigen Gebäude vor der Bewertung ohnehin.
Um steuerliche Nachteile zu vermeiden, sollten Sie noch im Jahr 2024 handeln! Lassen Sie noch in diesem Jahr ein Gutachten erstellen und reichen Sie es mit der Steuererklärung von 2024 ein, um die Restnutzungsdauer Ihrer Immobilie zu verkürzen.
Restnutzungsdauer verkürzen: Diese Voraussetzungen müssen erfüllt werden
Um die Nutzungsdauer von Immobilien zu verkürzen, müssen bestimmte Umstände oder Gegebenheiten vorliegen, die die wirtschaftliche Nutzung des Gebäudes einschränken. Diese Voraussetzungen lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen:
Technischer Verschleiß und bauliche Mängel
Zu dieser Kategorie zählt der natürliche Alterungsprozess von Gebäuden, der zu einer eingeschränkten Nutzung führt. Weitere Beispiele sind veraltete Haustechnik, undichte Dächer oder erhebliche bauliche Schäden wie Risse in der Fassade. Werden diese Mängel nicht behoben, verkürzt sich die Nutzungsdauer, da die Nutzung der Immobilie immer weniger wirtschaftlich vertretbar wird.
Wirtschaftliche Entwertung
Eine wirtschaftliche Entwertung liegt vor, wenn sich die Marktlage derart verändert hat, dass die Nutzung der Immobilie in der aktuellen Form nicht mehr rentabel ist. Dies wird beispielsweise durch eine veränderte Marktnachfrage verursacht, wenn etwa Gewerbeflächen in einer bestimmten Region an Attraktivität verlieren, weil sich das wirtschaftliche Umfeld verändert hat. Auch strukturelle Verschiebungen, wie der Rückgang bestimmter Branchen oder die Verlagerung von städtischen Zentren, führen dazu, dass die bisherige Nutzung nicht mehr rentabel ist.
Rechtliche Nutzungsbeschränkungen
Rechtliche Nutzungsbeschränkungen können ebenfalls für eine Verkürzung der Restnutzungsdauer verantwortlich sein. Sie treten in Kraft, wenn sich Bauvorschriften ändern und die Immobilie nicht mehr den aktuellen gesetzlichen Anforderungen entspricht. Typische Beispiele hierfür sind striktere Brandschutzvorschriften oder erhöhte energetische Anforderungen, die bei älteren Gebäuden zu aufwändigen und teuren Sanierungsmaßnahmen führen. Wenn diese Maßnahmen wirtschaftlich nicht mehr tragbar sind, reduziert sich die Nutzbarkeit des Gebäudes und sorgt somit für eine verkürzte Nutzungsdauer des Gebäudes.

Abschreibung: Nutzungsdauer verkürzen und steuerliche Vorteile sichern
Durch die Reduzierung der Restnutzungsdauer kann der Eigentümer einer Immobilie höhere Abschreibungsbeträge ansetzen. Dies mindert die Steuerlast und ist besonders vorteilhaft für Gebäude, die bereits Abnutzungserscheinungen zeigen oder bei denen Modernisierungsmaßnahmen anstehen.
Vorteile einer verkürzten Restnutzungsdauer
Die Verkürzung der Nutzungsdauer kann sich für Immobilieneigentümer lohnen:
- Höhere jährliche Abschreibungen: Durch die kürzere Restnutzungsdauer kann der Wertverlust der Immobilie schneller abgeschrieben werden. Dies senkt die Steuerlast, indem die jährlichen Abschreibungsbeträge erhöht werden.
- Schnelle Amortisation von Investitionen: Modernisierungen oder Sanierungen können schneller steuerlich geltend gemacht werden, da die verkürzte Nutzungsdauer eines Gebäudes die Zeitspanne für die Abschreibung verringert. Dies beschleunigt die finanzielle Erholung von getätigten Investitionen.
- Steuerliche Optimierung: Bei Immobilien, die aufgrund von Alter oder baulichen Mängeln ohnehin nur eine begrenzte Restnutzungsdauer haben, kann eine verkürzte Abschreibung besonders lukrativ sein, um die steuerliche Belastung gezielt zu senken.
Steuerliche Auswirkungen
Je kürzer die Restnutzungsdauer, desto höher sind die jährlichen Abschreibungsmöglichkeiten. Dies wirkt sich besonders bei älteren Gebäuden oder Immobilien in schlechtem Zustand positiv auf die Steueraufwendungen aus.
Die steuerlichen Vorteile können jedoch nur durch ein fachgerechtes Gutachten nachgewiesen und geltend gemacht werden. Eine sorgfältige Bewertung der Immobilie ist daher notwendig, damit Sie den maximalen Abschreibungsbetrag erzielen können. Außerdem sichern Sie sich damit auch rechtliche Sicherheit gegenüber dem Finanzamt, um Rückfragen oder Ablehnungen zu vermeiden.
Beispiel: Ersparnis durch verkürzte Restnutzungsdauer
Damit Sie besser verstehen, wie eine verkürzte Restnutzungsdauer eines Gebäudes die steuerliche Belastung reduzieren kann, stellen wir Ihnen hier ein Mustergutachten zum Download zur Verfügung. Dieses Gutachten zeigt, wie Modernisierungen die Restnutzungsdauer verkürzen und somit höhere Abschreibungen ermöglichen.
Restnutzungsdauergutachten als Nachweis der Verkürzung
Um die verkürzte Restnutzungsdauer steuerlich geltend zu machen, benötigen Sie ein Restnutzungsdauergutachten. Dieses Gutachten dokumentiert die verbleibende Nutzungsdauer und dient als offizieller Nachweis gegenüber dem Finanzamt. Es ist erforderlich, dass das Gutachten nach Objektbesichtigung von einem qualifizierten Sachverständigen erstellt wird. Damit werden sowohl die Anforderungen des Finanzamts erfüllt als auch die steuerlichen Vorteile optimal ausgeschöpft.
Urteile & gerichtliche Entscheidungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur steuerlichen Abschreibung von Immobilien, insbesondere im Hinblick auf eine verkürzte Restnutzungsdauer, werden maßgeblich durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und Vorgaben des Bundesfinanzministeriums (BMF) geprägt. In den letzten Jahren haben wegweisende Urteile des BFH wichtige Klarstellungen geliefert, die die Nachweisführung für eine verkürzte Restnutzungsdauer bei Gebäuden erleichtern und den Handlungsspielraum für Steuerpflichtige erweitern. Wir haben zwei bedeutende Urteile, die maßgeblichen Einfluss auf die Abschreibungsmöglichkeiten bei Immobilien haben, für Sie unter die Lupe genommen.

1. Urteil
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 23. Januar 2024 (IX R 14/23) die Anforderungen zum Nachweis einer verkürzten tatsächlichen Restnutzungsdauer gelockert. Demnach kann die Restnutzungsdauer modellhaft nach § 4 Abs. 3 ImmoWertV ermittelt werden, ohne dass eine detaillierte Beurteilung des technischen Verschleißes erforderlich ist. Das Gutachten muss sich stattdessen auf die wirtschaftliche Nutzungsdauer stützen. Diese Entscheidung widerspricht den strengen Vorgaben des BMF-Schreibens von 2023, welches noch auf den technischen Zustand des Gebäudes abstellte.
Wichtige Erkenntnisse aus diesem Urteil:
- Die wirtschaftliche Nutzungsdauer genügt als Nachweis.
- Technische Details einzelner Bauteile müssen nicht zwingend beurteilt werden.
- Ein qualifiziertes Sachverständigengutachten ist weiterhin erforderlich, kann jedoch auch modellhafte Ansätze zur Bestimmung der Restnutzungsdauer verwenden.
- Diese Rechtsprechung bietet Immobilieneigentümern mehr Flexibilität bei der Nachweisführung und erleichtert den Zugang zu steuerlichen Vorteilen.
2. Urteil
Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Juli 2021 (IX R 25/19) markierte einen wichtigen Wendepunkt in der steuerlichen Bewertung von Immobilien. Es entschied, dass Steuerpflichtige jede sachgerechte Methode verwenden dürfen, um eine verkürzte tatsächliche Restnutzungsdauer nachzuweisen. Das Gericht stellte klar, dass keine feste Vorgabe zur Gutachtenerstellung existiert, wodurch verschiedene Methoden zulässig sind. Diese Entscheidung stärkte die Position der Steuerpflichtigen gegenüber der Finanzverwaltung, da bisher oft restriktivere Anforderungen gestellt wurden.
Wichtige Erkenntnisse aus diesem Urteil:
- Steuerpflichtige können jede geeignete Methode zum Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer wählen.
- Das Gutachten muss weiterhin von qualifizierten Sachverständigen durchgeführt werden. Jedoch gibt es keine Vorgabe für eine spezifische Gutachtenmethode.
- Das Urteil erleichtert es, steuerliche Vorteile durch höhere Abschreibungen zu realisieren, da die Anforderungen gelockert wurden.
Restnutzungsdauer verkürzen: Anleitung
In dieser Anleitung erfahren Sie, welche Schritte Sie auf dem Weg zur Verkürzung der Restnutzungsdauer erwarten.
- Sachverständigengutachten einholen: Der erste und wichtigste Schritt ist die Erstellung eines Gutachtens durch einen qualifizierten Sachverständigen. Dieses Gutachten muss die verkürzte Restnutzungsdauer belegen und sich dabei auf den Zustand der Immobilie, Modernisierungen sowie die wirtschaftliche Nutzungsdauer stützen.
- Unterlagen vorbereiten: Zusätzlich zum Gutachten sollten Sie die relevanten Unterlagen bereithalten. Dazu zählen:
- Baupläne
- Belege zu Modernisierungsmaßnahmen
- Informationen zur bisherigen Abschreibung
- Kaufvertrag und Grundbuchauszug
- Fotos des Gebäudes (innen und außen)
- Antrag beim Finanzamt stellen: Reichen Sie einen formlosen Antrag zusammen mit dem Gutachten und den Unterlagen beim zuständigen Finanzamt ein. Beantragen Sie die Neuberechnung der Abschreibung basierend auf der verkürzten Restnutzungsdauer.
- Finanzamtsprüfung: Das Finanzamt wird das Gutachten und die Unterlagen prüfen. Dabei kann es zu Rückfragen oder Einwänden kommen. In diesem Fall ist eine Vor-Ort-Besichtigung mit dem Gutachter oft hilfreich. Hinweis in eigener Sache: Die Gutachter der Heid Immobilienbewertung stehen bei etwaigen Rückfragen im Rahmen einer kostenlosen Nachbetreuung für Erläuterungen zur Verfügung.
- Einspruchsverfahren (falls nötig): Sollte das Finanzamt die verkürzte Restnutzungsdauer nicht anerkennen, haben Sie die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Hierfür sollten Sie alle Belege und das Gutachten erneut einreichen und schriftlich begründen, warum die kürzere Restnutzungsdauer gerechtfertigt ist. Die Sachverständigen der Heid Immobilienbewertung unterstützen Sie dabei kostenlos, wenn das Finanzamt unserer Argumentation nicht folgt.
- Umsetzung und Anpassung der Abschreibung: Nach Anerkennung durch das Finanzamt können Sie die höhere Abschreibung in Ihrer Steuererklärung geltend machen.
Häufig gestellte Fragen zur verkürzten Restnutzunsdauer
Im folgenden Abschnitt beantworten wir häufig gestellte Fragen zum Thema Restnutzungsdauer verkürzen.
Welche Unterlagen benötige ich für den Nachweis einer verkürzten Restnutzungsdauer?
Der wichtigste Nachweis ist ein fachgerechtes Gutachten, das die verkürzte Restnutzungsdauer dokumentiert. Zusätzlich sollten Baupläne, Modernisierungsbelege und Dokumente zur bisherigen Abschreibung der Immobilie bereitgehalten werden. Diese Unterlagen helfen dem Finanzamt, die Angaben im Gutachten nachzuvollziehen.
Was passiert, wenn das Finanzamt meine verkürzte Restnutzungsdauer nicht anerkennt?
Wenn das Finanzamt Einwände gegen das Gutachten hat oder die verkürzte Nutzungsdauer des Gebäudes nicht akzeptiert, können Sie Einspruch einlegen. In einem solchen Fall sollten Sie ergänzende Unterlagen oder eine weitere Begutachtung einreichen. Unsere Sachverständigen stehen Ihnen dabei zur Seite.
Kann ich ein Gutachten auch selbst erstellen?
Ein Gutachten für eine verkürzte Nutzungsdauer sollte nur von einem qualifizierten Sachverständigen erstellt werden, da es den strengen Anforderungen des Finanzamts entsprechen muss. Für ein Gutachten sind fundiertes Fachwissen, eine Besichtigung und eine objektive Bewertung der Immobilie notwendig. Heid Immobilienbewertung bietet Ihnen professionelle und rechtssichere Gutachten, die alle notwendigen Kriterien erfüllen.