Mit dem Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren ermitteln Sachverständige in erster Linie den Wert eines Grundstücks nach einer geplanten Bebauung oder Umnutzung. Anhand dessen lässt sich wiederum kalkulieren, ob sich der Kauf des Grundstücks für die Umsetzung der Bauvorhaben lohnt. Im Folgenden erfahren Sie Schritt für Schritt sowie anhand einfacher Beispiele, wie die Re­si­du­al­wert­me­tho­de funktioniert.

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Das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren eignet sich zur Bewertung von Grundstücken im Zuge von Bauprojekten.

Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren: Das Wichtigste in Kürze

  • Das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren ermittelt den Wert eines Grundstücks vor allem im Zuge von Pro­jekt­ent­wick­lun­gen und geplanten Umnutzungen.
  • Der Residualwert ergibt sich grundsätzlich aus dem fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös und den kalkulierten Baukosten für die Umsetzung des Projekts.
  • Die Re­si­du­al­wert­me­tho­de ist ein sehr sensibles Verfahren. Der Residualwert schwankt bereits bei geringen Abweichungen der kalkulierten Faktoren.
  • Das Verfahren basiert auf fundierter Marktkenntnis. Daher empfiehlt es sich, für die Berechnung zertifizierte Sachverständige hinzuzuziehen.

André Heid
Zertifizierte Im­mo­bi­li­en­gut­ach­ter nach DIN 17024 von TÜV, DEKRA, IHK, DIA und EIPOS bewerten Ihre Immobilie sachgemäß.

Was ist das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren für Immobilien?

Das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren, auch Re­si­du­al­wert­me­tho­de genannt, ist eine international anerkannte Methode zur Berechnung eines Grund­stücks­werts. Allerdings gehört es nicht zu den drei klassischen Wert­ermitt­lungs­ver­fah­ren, die in § 15 – 24 der Im­mo­bi­li­en­wert­ermitt­lungs­ver­ord­nung (ImmoWertV) festgehalten sind. Dazu zählen:

Die Berechnung des Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens geht in Teilbereichen auf einige Werte zurück, auf die sich auch die anderen Verfahren stützen. Dennoch müssen Gutachter ihre Entscheidung ausführlich begründen, wenn sie eine andere Methode für die Wertermittlung nutzen als eine der drei gesetzlich fest­ge­schrie­be­nen.

Info: In Deutschland gehört das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren zu den nicht normierten Be­wer­tungs­ver­fah­ren. In Österreich wurde es hingegen im Jahr 2014 im Rahmen der ÖNORM B 1802-3 normiert.

Wann findet die Re­si­du­al­wert­me­tho­de in der Im­mo­bi­li­en­be­wer­tung Anwendung?

Das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren lässt sich insbesondere in diesen Fällen einsetzen:

  • Bewertung unbebauter Grundstücke, wenn nicht genug bzw. keine geeigneten Ver­gleichs­prei­se vorliegen und somit die Anwendung des Ver­gleichs­wert­ver­fah­rens ausscheidet.
  • Bewertung einer bevorstehenden, zu kon­kre­ti­sie­ren­den Pro­jekt­ent­wick­lung bzw. eines bereits im Bau befindlichen Projekts.
  • Bewertung bebauter Grundstücke, denen eine Revitalisierung, Umnutzung oder ein Abriss mit anschließender Neuentwicklung bevorsteht.

Meist prüfen Pro­jekt­ent­wick­ler bzw. Bauträger mit dem Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren, ob es sich lohnt, ein Projekt auf diesem Grundstück zu realisieren. Dabei wägen sie u.a. ab, welche von mehreren möglichen Alternativen der Bebauung die lukrativste ist. Das bedeutet, die Re­si­du­al­wert­me­tho­de gibt Aufschluss darüber, ob sich aus einem Im­mo­bi­li­en­pro­jekt ein finanzieller Nutzen für den Bauträger ergibt und in welcher Höhe dieser zu erwarten ist.

Gut zu wissen: Bei der Bewertung durch die Re­si­du­al­wert­me­tho­de stellt der Bodenwert die häufigste Zielgröße dar. Das Verfahren kann jedoch auch Aufschluss über andere Werte geben, zum Beispiel den Pro­jekt­ent­wick­lungs­ge­winn.

Anwendung des Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens: Beispiel

Häufig fügt sich das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren innerhalb einer Pro­jekt­ent­wick­lung in die sogenannte Feasibility Study (Mach­bar­keits­stu­die) ein. Hierbei gilt es, die Wirt­schaft­lich­keit des Projekts zu betrachten, indem alle Daten aus der Standort- und Marktanalyse quantifiziert werden. Dafür sind insbesondere Angaben interessant, die aussagen, wie und in welchem Umfang sich das Grundstück baulich nutzen lässt.

Praxisbeispiel: Auf einem Grundstück in Stadtrandlage befindet sich eine Büroimmobilie, die ihre wirtschaftliche und technische Lebensdauer überschritten hat. Ein Pro­jekt­ent­wick­ler überlegt daher, das Grundstück zu kaufen, die Immobilie abzureißen und die Liegenschaft anschließend neu zu bebauen. Hierfür muss er zunächst kalkulieren, ob sich die aufzuwendenden Kosten lohnen. Mithilfe der Berechnung aus dem Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren lässt sich herausfinden, welchen Preis er maximal für das Grundstück bezahlen kann, damit sich nach dem Abriss und der Neubebauung eine angemessene Rendite ergibt.

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Faktoren der Re­si­du­al­wert­me­tho­de: Wie lässt sich der Residualwert berechnen?

Um den Residualwert zu berechnen, bedarf es folgender Größen:

  • Fiktiver Ver­äu­ße­rungs­er­lös: Ausgangspunkt des Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens ist stets der fiktive Marktwert einer fer­tig­ge­stell­ten Pro­jekt­ent­wick­lung. Dieser angenommene Ver­äu­ße­rungs­er­lös, auch Gross Development Value (GDV) genannt, lässt sich beispielsweise durch das Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren oder eine vereinfachte Er­trags­wert­be­rech­nung ermitteln.
  • Gesamtkosten des Projekts: Die Ge­samt­in­ves­ti­ti­ons­kos­ten beinhalten neben den klassischen Baukosten alle weiteren Aufwendungen, die für eine erfolgreiche Pro­jekt­ent­wick­lung notwendig sind, z. B.:
    • Abbruchkosten
    • Baunebenkosten
    • Pro­jekt­ma­nage­ment
    • Ver­mark­tungs­kos­ten
    • Finanzierung
    • Ent­wick­lungs­ge­winn
Nahaufnahme einer Hand mit einem Stift in der Hand, die sich über einem Katasterplan befindet
Die Re­si­du­al­wert­be­rech­nung gibt Aufschluss darüber, wo ein Bauvorhaben am lukrativsten ist.

Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren: Formel

Aus der Differenz zwischen fiktivem Ver­äu­ße­rungs­er­lös und Pro­jekt­ge­samt­kos­ten ergibt sich das sogenannte Residuum (der Residualwert am Ende der Projektlaufzeit). Um das Residuum zum Be­trach­tungs­zeit­raum, also zum Kaufzeitpunkt zu ermitteln, gilt es, einen Dis­kon­tie­rungs­fak­tor (Ab­zin­sungs­fak­tor) zu multiplizieren. Das Ergebnis ist das sogenannte diskontierte Residuum. Von diesem sind weiterhin die Er­werbs­ne­ben­kos­ten des Grundstücks abzuziehen, damit sich schließlich der tragfähige Lie­gen­schafts­wert ergibt. Dieser gibt potenziellen Käufern die maximal aufzuwendenden Erwerbskosten für das Grundstück vor.

Zusammengefasst lässt sich das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren durch folgendes Schema darstellen:

  • Fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös kalkulieren
  • Gesamtkosten für das Projekt berechnen
  • Gewinn des Entwicklers kalkulieren
  • Residualwert am Ende der Projektlaufzeit ermitteln
  • Barwert des Residualwerts entwickeln
  • Tragbaren Grundwert ermitteln

Der Dis­kon­tie­rungs­fak­tor richtet sich nach der zu erwartenden Zinsentwicklung. Je nachdem, ob es sich um eine lineare, exponentielle oder stetige Verzinsung handelt, liegen dem Dis­kon­tie­rungs­fak­tor un­ter­schied­li­che Formeln zugrunde.

Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren: Bei­spiel­rech­nung in 6 Schritten

Im­mo­bi­li­en­sach­ver­stän­di­ge errechnen in der Regel anhand des Bodenwertes den tragbaren Lie­gen­schafts­wert für ein Bauprojekt. Dafür bedarf es der folgenden sechs Schritte:

  1. Fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös kalkulieren
  2. Gesamtkosten für das Projekt berechnen
  3. Gewinn des Entwicklers kalkulieren
  4. Residualwert am Ende der Projektlaufzeit ermitteln
  5. Barwert des Residualwerts entwickeln
  6. Tragbaren Grundwert ermitteln

Um das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren anhand einer Berechnung zu erläutern, werden folgende Daten für die Entwicklung einer Büroimmobilie als bekannt angenommen:

Brut­to­grund­flä­che (BGF) 2.000 m²
Nutz­flä­chen­fak­tor (NFF) 80 %
Ortsübliche Miete für Büros 13 €/m²
Bauzeit 2 Jahre
Zwi­schen­fi­nan­zie­rung 7 % p.a.
Baukosten inkl. Nebenkosten 1.450 €/m² BGF
(BGF = Au­ßen­ab­mes­sun­gen)
Geforderte Anfangsrendite eines Endinvestors 5 %
Geforderter Gewinn des Entwicklers 11 % des GDV
Grund­stücks­grö­ße 2.250 m²
Er­werbs­ne­ben­kos­ten 8 %

Schritt 1: Fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös (GDV) kalkulieren

Zunächst werden die Roherträge pro Jahr ermittelt. Auf diesen Wert ist anschließend die geforderte Anfangsrendite anzuwenden. Daraus ergibt sich für unser Re­si­du­al­wert­bei­spiel ein fiktiver Ver­äu­ße­rungs­er­lös in Höhe von 4.992.000,00 Euro.

Nutzfläche = 2.000 m² × 80 % = 1.600 m²

Ortsübliche Miete = 13 €/m² × 12 Monate = 156 €/m²/Jahr

Jährlicher Rohertrag = 1.600 m² × 156 €/m² = 249.600 €/Jahr

Anfangsrendite = 5 % (0,05)

Fiktiver Ver­äu­ße­rungs­er­lös (GDV) = 249.600 € / 0,05 = 4.992.000 €

Schritt 2: Gesamtkosten berechnen

Aus der Brut­to­grund­flä­che und den Baukosten pro Quadratmeter ergeben sich die Baukosten für das gesamte Grundstück. Hier ist die Finanzierung für die Baumaßnahme hinzuzufügen, um die Gesamtkosten für das Projekt zu errechnen. In diesem Beispiel ergeben sich 3.103.000 Euro.

Baukosten = 2.000 m² (BGF) × 1.450 €/m² = 2.900.000 €

Fi­nan­zie­rungs­kos­ten = 2.900.000 € × 7 % = 203.000 € (pro Jahr)

Bauzeit = 2 Jahre

Zinskosten = 203.000 € × 2 = 406.000 €

Gesamtkosten = 2.900.000 € + 406.000 € = 3.306.000 €

Schritt 3: Gewinn des Entwicklers kalkulieren

Der Gewinn des Entwicklers gehört ebenfalls zu den Kosten, die im Zuge des Projekts entstehen. Um diesen ein­zu­kal­ku­lie­ren, ist der geforderte prozentuale Anteil am Ver­äu­ße­rungs­er­lös mit dem GDV zu multiplizieren. Im vorliegenden Beispiel erzielt der Entwickler somit einen Gewinn von 549.120 Euro.

Fiktiver Ver­äu­ße­rungs­er­lös (GDV) = 4.992.000 €

Ent­wick­ler­ge­winn = 11 % vom GDV

Gewinn des Entwicklers = 4.992.000 € × 0,11 = 549.120 €

Schritt 4: Residualwert (am Ende der Projektlaufzeit) berechnen

Werden alle Kosten vom fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös abgezogen, ergibt sich ein vorläufiger Residualwert, in diesem Fall 1.339.880 Euro.

Fiktiver Ver­äu­ße­rungs­er­lös (GDV) = 4.992.000 €

Gesamtkosten = 3.103.000 €

Ent­wick­ler­ge­winn = 549.120 €

Residualwert = 4.992.000 € – 3.103.000 € – 549.120 € = 1.339.880 €

Dieser Wert gibt an, welcher Betrag für den Grund­stücks­an­kauf zur Verfügung steht – allerdings am Ende des Ent­wick­lungs­zeit­rau­mes. In der Regel muss der Grundstückskauf jedoch zu Beginn einer Pro­jekt­ent­wick­lung erfolgen. Daher ist nicht der Endwert, sondern der Barwert des Residuums die entscheidende Größe, die es zu ermitteln gilt. Durch diese Berechnung im Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren wird die Entwicklung des Bodenwertes berücksichtigt. Das bedeutet, es wird sichergestellt, dass der Käufer einen steigenden Bodenwert nicht vorfinanzieren muss. (Ist im umgekehrten Fall von einem sinkenden Bodenwert auszugehen, findet eine Aufzinsung statt.)

Schritt 5: Barwert des Residualwerts (diskontiertes Residuum) entwickeln

Die Be­rück­sich­ti­gung der Fi­nan­zie­rungs­kos­ten erfolgt durch die Abzinsung (Diskontierung) des Residuums über den Ent­wick­lungs­zeit­raum. Bei einer exponentiellen Abzinsung beträgt der Dis­kon­tie­rungs­fak­tor (DF):

  1. Dis­kon­tie­rungs­fak­tor (DF) = 1 / (1 + p)ⁿ
    • p = 7 % (Zwi­schen­fi­nan­zie­rung)
    • n = 2 Jahre
      DF = 1 / (1 + 0,07)² = 0,8734
  2. Vorläufiger Residualwert = 1.339.880 €

Barwert des Residualwerts = 1.339.880 € × 0,8734 = 1.170.251 €

Dabei entspricht n dem Ent­wick­lungs­zeit­raum in Jahren und p dem Prozentsatz der Zwi­schen­fi­nan­zie­rung. Für die beispielhafte Re­si­du­al­wert­be­rech­nung gilt somit ein Dis­kon­tie­rungs­fak­tor von 0,8734. Dieser ist mit dem vorläufigen Residuum zu multiplizieren, sodass sich für den Barwert zunächst rund 1.170.251,00 Euro ergeben. Diese Summe entspricht dem Bodenwert inklusive der Er­werbs­ne­ben­kos­ten.

Schritt 6: Tragbaren Grundwert ermitteln

Der errechnete Kaufbetrag umfasst nicht nur den Grund­stücks­preis, sondern auch die Grund­er­werbs­ne­ben­kos­ten. Dazu gehören u. a.:

  • Notariatskosten
  • Anwaltskosten
  • Ein­tra­gungs­ge­büh­ren

Um den tragbaren Lie­gen­schafts­wert/Lie­gen­schafts­wert und damit den Bodenwert ohne Er­werbs­ne­ben­kos­ten zu berechnen, gilt im Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren die Formel:

Tragbarer Grundwert = Barwert des Residualwerts / (1 + p)

p entspricht hier dem Prozentsatz, den die Er­werbs­ne­ben­kos­ten ausmachen, in diesem Beispiel 8 Prozent.

Tragbarer Grundwert = 1.170.251 € / 1,08 = 1.083.566 €

Schließlich lässt sich hierdurch der Bodenwert pro Quadratmeter ausrechnen:

Bodenwert pro m² = 1.083.566 € / 2.250 m² = 482 €/m²

Nach dem Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren kommen in diesem Beispiel ungefähre Grund­stücks­kos­ten in Höhe von 482 Euro pro Quadratmeter bzw. 1.083.565 Euro auf Bauherren zu.

Beispielhafte Grafik für einen steigenden Bodenwert.
Die Re­si­du­al­wert­be­rech­nung bezieht steigende bzw. sinkende Bodenwerte eines Grundstücks mit ein.

Wie zuverlässig ist das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren?

Die Re­si­du­al­wert­me­tho­de gilt als sensibles Verfahren. Die Berechnung des Residualwerts bezieht zahlreiche Größen mit ein, die lediglich auf einer Annahme basieren. So ist bereits die Ausgangsgröße für das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren ein fiktiver Wert. Auch die Gesamtkosten für ein Bauprojekt lassen sich nicht immer vorab genau kalkulieren. Schon geringfügige Änderungen in den aufgeführten Faktoren können somit massive Auswirkungen auf das Residuum haben. Andere Be­wer­tungs­ver­fah­ren für Immobilien und Grundstücke beziehen deutlich weniger Parameter mit ein, die lediglich auf einer Abschätzung beruhen.

Dennoch lässt sich das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren unter weiteren Betrachtungen zuverlässiger gestalten. So ist es möglich, die Unsicherheiten bei der Kalkulation von Baukosten, die sogenannten Toleranzen, bei der Re­si­du­al­wert­be­rech­nung zu berücksichtigen.

Beispiel für die Sensibilität des Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens

Zu Beginn einer Pro­jekt­ent­wick­lung fallen die Toleranzen noch relativ hoch aus. Im Laufe des Pro­jekt­fort­schritts verringern sie sich jedoch. Grundsätzlich ist in der Vor­pla­nungs­pha­se mit Toleranzen von +/- 25 Prozent zu rechnen. Anhand einer vereinfachten Re­si­du­al­wert­be­rech­nung lässt sich verdeutlichen, welche Auswirkungen sich durch nur geringfügige Änderungen der Ausgangsgrößen ergeben:

  • Fiktiver Ver­äu­ße­rungs­er­lös (E): 100 €
  • Ge­samt­in­ves­ti­ti­ons­kos­ten (K): 70 €
  • Daraus resultierendes Residuum (R = E – K): 30 €

Erhöht sich der Ver­äu­ße­rungs­er­lös um lediglich 15 Prozent, zeigt sich, dass das Residuum bereits um ganze 50 Prozent steigt.

  • Fiktiver Ver­äu­ße­rungs­er­lös (E): 115 €
  • Ge­samt­in­ves­ti­ti­ons­kos­ten (K): 70 €
  • Daraus resultierendes Residuum (R = E – K): 45 €

Dieses Beispiel für die prozentuale Veränderung des Residualwerts lässt sich durch Umstellen der Ausgangsformel verallgemeinern.

Sensibler Residualwert: Formel für die prozentuale Abweichung

Die folgende Formel ergibt die prozentuale Abweichung des Residuums (pR). Dabei entsprechen K und E der ursprünglichen Annahme über den fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös sowie die Ge­samt­in­ves­ti­tio­nen. pE stellt die anschließende prozentuale Änderung des fiktiven Erlöses dar.

Setzen wir zur Verdeutlichung die Werte aus dem vorab eingeführten Beispiel ein, ergibt sich die zu erwartende prozentuale Abweichung von 50 Prozent.

Die Berechnung zeigt, dass das Verhältnis zwischen Kosten und Erlös essenziell für die Abweichung des Residualwertes ist. Das bedeutet zugleich, …

  • … der Anteil des Bodenwertes (Residuum) ist ausschlaggebend für die Sensibilität des Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens.
  • je höher der Anteil des Bodenwertes, desto weniger sensibel reagiert das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren auf die Veränderung von Parametern. Dies verdeutlicht die Tabelle im nächsten Abschnitt.

Unsicherheiten des Residualwertes vorhersagen

Die ersten beiden Spalten der unten stehenden Tabelle zeigen das Verhältnis von Bodenwert- und Gebäudeanteil und ergeben in Summe 100 Prozent. In den nachfolgenden Spalten wird dargestellt, wie stark der Wert des Residuums abweicht, wenn der fiktive Ver­äu­ße­rungs­er­lös um 5 bis 25 Prozent schwankt. Somit lässt sich die Tabelle nach jeder Berechnung des Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens zur Sen­si­bi­li­sie­rung heranziehen. Dabei ist folgendermaßen vorzugehen:

  1. Re­si­du­al­wert­be­rech­nung durchführen
  2. Ermitteltes Residuum (Bodenwert) ins Verhältnis zum fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös setzen
  3. Schwan­kungs­brei­te (Unsicherheit) beim ermittelten fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös festlegen
  4. Mögliche Abweichung des Residuums aus dem Schnittpunkt des Verhältnisses und der Schwankung ableiten
Abweichung des Residuums aus dem Schnittpunkt des Verhältnisses und der Schwankung

In Bezug auf das vereinfachte Beispiel beträgt der Anteil des Bodenwertes zunächst 30 Prozent vom Ver­äu­ße­rungs­er­lös. Daraus ergibt sich ein Anteil am Gebäude von 70 Prozent. Ist von einer Unsicherheit beim fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös von 15 Prozent auszugehen, ergibt sich die berechnete Abweichung des Residuums von 50 Prozent.

Im zweiten Beispiel beträgt der Anteil des Bodenwertes mit 45 Euro ca. 40 Prozent vom Ver­äu­ße­rungs­er­lös. Das heißt, der Anteil des Gebäudewerts sinkt auf 60 Prozent. Bei einer gleich­blei­ben­den Unsicherheit des fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lö­ses von 15 Prozent sinkt die Re­si­du­um­ab­wei­chung auf 38 Prozent. Unsicherheiten im Ver­äu­ße­rungs­er­lös rufen eine höhere Abweichung hervor als eine Änderung in den Ge­samt­in­ves­ti­ti­ons­kos­ten.

Info: Das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren lässt sich durch diese Abweichung in hochpreisigen Lagen wie in­ner­städ­ti­schen Bereichen aus­sa­ge­kräf­ti­ger anwenden als in Gebieten mit einem geringen Preisniveau.

Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren: Vor- und Nachteile

Insgesamt weist das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren sowohl Vor- als auch Nachteile auf.

Luftaufnahme einer Baustelle im Stadtgebiet
Die Bewertung durch das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren eignet sich vor allem für Bauvorhaben in städtischen Gebieten.

Vorteile des Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens

  • Verdeutlicht finanziellen Nutzen von Pro­jekt­ent­wick­lun­gen:
    Das Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens hat große Bedeutung für Bauträger und Pro­jekt­ent­wick­ler. Dadurch können sie gut kalkulieren, ob sich die Umnutzung einer Immobilie für sie finanziell lohnt.
  • Einziges Verfahren bei Immobilien ohne Ver­gleichs­mög­lich­kei­ten:
    Die Bewertung mit dem Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren bietet sich insbesondere bei Immobilien an, für die keine geeigneten Ver­gleichs­prei­se vorliegen und somit die Anwendung des Ver­gleichs­wert­ver­fah­rens ausscheidet.
  • Umfassende Ergebnisse:
    Mit der Re­si­du­al­wert­me­tho­de lässt sich nicht nur der Bodenwert ermitteln, sondern auch andere wichtige Größen wie der Pro­jekt­ent­wick­lungs­ge­winn.

Nachteile des Re­si­du­al­wert­ver­fah­rens

  • Basiert vorwiegend auf angenommenen Werten:
    Das Re­si­du­al­wert­ver­fah­ren bietet lediglich eine grobe Orientierung für Bauträger. Denn die her­an­zu­zie­hen­den Faktoren, wie der fiktive Ver­äu­ße­rungs­er­lös und die Gesamtkosten, basieren fast ausschließlich auf angenommenen Werten.
  • Starke Veränderung bei Feh­ler­ab­wei­chun­gen:
    Die Anwendung des Verfahrens ist sehr sensibel und hängt vorwiegend vom Anteil des Bodenwertes am fiktiven Ver­äu­ße­rungs­er­lös ab. Große Unsicherheiten im Ver­äu­ße­rungs­er­lös rufen somit eine relativ hohe Abweichung hervor.