Reallast – eine wiederkehrende Leistung
Ihre Eltern übergeben Ihnen Haus und Hof, lassen aber gleichzeitig eine Reallast auf das Grundstück ins Grundbuch eintragen? So sorgt die ältere Generation für das Alter vor. Erfahren Sie, welche Arten von Reallasten es gibt und was diese für Sie bedeuten.
Auf landwirtschaftlichen Grundstücken sind häufig Reallasten eingetragen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Das Wichtigste in Kürze
- 2. Was versteht man unter einer Reallast?
- 3. Welche Arten von Reallasten gibt es?
- 4. In Abgrenzung zur Reallast: Was ist was?
- 5. Wie wird die Reallast berechnet?
- 6. Wie wird eine Reallast im Grundbuch eingetragen, geändert oder gelöscht?
- 7. Auswirkungen und Folgen von Reallasten
- 8. Reallast bei der Wertermittlung eines Grundstücks
Das Wichtigste in Kürze
- Bei einer Reallast handelt es sich um Rechte an wiederkehrenden, regelmäßigen Leistungen aus einem belasteten Grundstück an eine begünstigte Person.
- Es gibt drei Arten von Reallasten: Geldleistungen, Dienstleistungen und Sachleistungen.
- Rechtliche Vorschriften über Reallasten sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 1105 – 1112 definiert.
- Der Gläubiger kann ausstehende Leistungen über mehrere Wege einfordern: Zwangsvollstreckung, Zwangsverwaltung, Zwangsversteigerung oder Enteignung.
- Eine im Grundbuch eingetragene Reallast kann unter Umständen zu einer erheblichen Wertminderung des Verkehrswerts führen.
- Eine Löschung der Reallast ist nur mit Zustimmung des Begünstigten möglich.
Was versteht man unter einer Reallast?
Bei einer Reallast handelt es sich nach deutschem Sachenrecht um Rechte an wiederkehrenden, regelmäßigen Leistungen aus einem belasteten Grundstück an eine begünstigte Person (§ 1105 BGB). Durch die Eintragung in das Grundbuch und eine notarielle Beurkundung verpflichtet sich ein Grundstücksbesitzer für einen festlegten Raum dazu, speziell definierte Leistungen zu erbringen.
Das Grundstück dient dabei lediglich als eine Art Pfand beziehungsweise als Absicherungssystem für die Person, zu Gunsten derer die Belastung erfolgt. Wenn der Vertragspartner den Verpflichtungen nicht nachkommt, haftet dieser nicht nur mit dem belasteten Grundstück, sondern ebenso mit seinem gesamten Privatvermögen.
Die gesetzliche Grundlage für die Reallast ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu finden und wird in den §§ 1105 bis 1112 näher bestimmt.
Welche Arten von Reallasten gibt es?
Ob sich etwas für eine Reallast eignet, hängt davon ab, ob sich der Gegenwert der Leistung finanziell ausdrücken lässt. Abhängig von den Vereinbarungen sind manche Reallasten an Nachkommen übertragbar beziehungsweise vererbbar und manche nicht.
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen subjektiv-dinglichen und subjektiv-persönlichen Reallasten:
-
Die subjektiv-dingliche Reallast ist untrennbar mit einem bestimmten Grundstück verbunden (§ 1110 BGB).
Je nach vertraglichen Vereinbarungen kann das Recht vererbt werden.
Beispiele: Äpfel oder Holz aus dem Baumbestand auf dem Grundstück -
Eine subjektiv-persönliche Reallast steht in keiner festen Verbindung mit einem Grundstück und besteht zu Gunsten einer bestimmten Person. Der Anspruch auf die einzelne Leistung ist nicht
übertragbar (§ 1111 BGB).
Beispiele: Immobilienrente oder Pflegetätigkeiten bei Verwandten
Im Allgemeinen gibt es bezüglich der Leistungsart drei Formen, in die sich Reallasten einteilen lassen:
- Geldleistungen
- Dienstleistungen
- Sachleistungen
Unterschiedliche Arten von Reallast
Geldleistungen
In den meisten Fällen sind finanzielle Verpflichtungen Gegenstand einer Reallast, beispielsweise in Form eines Unterhalts.
Beispiel: Verkaufen Sie Ihre Immobilie gegen eine monatliche Leibrente, verschaffen Sie sich durch das Eintragen der abzuleistenden, wiederkehrenden Rentenzahlungen als Reallast die höchstmögliche Sicherheit, dass der neue Eigentümer seiner Zahlungsverpflichtung nachkommt und dafür haftet.
Dienstleistungen
Mögliche Dienstleistungen, die als Reallast verankert werden können, sind unter anderem Pflege- und Betreuungstätigkeiten.
Beispiel: Übergibt eine alleinstehende Tante ihrem Neffen das Haus und sämtliche Ländereien unter der Bedingung, sie im Pflegefall zu betreuen, sollte diese Vereinbarung als Reallast im Grundbuch eingetragen werden.
Sachleistungen
Naturalien und andere Sachleistungen stellen ebenso eine mögliche Art der Reallast dar.
Beispiel: Wenn ein Landwirtschaftsbetrieb von den Eltern an die Kinder übergeben wird, fordern die Eltern als Bedingung für die Übergabe des Hofes die regelmäßige Versorgung mit Eiern, Fleisch und Gemüse oder anderen Ernteerträgen. Auch das Anrecht auf frisches Obst der hauseigenen Obstplantage stellt eine mögliche Reallast dar.
Das Anrecht auf Feuerholz – eine Möglichkeit der Reallast.
In Abgrenzung zur Reallast: Was ist was?
Anders, als es beispielsweise bei einer Hypothek oder einer Grundschuld der Fall ist, muss die Reallast nicht zwingend die Zahlung von Geld als Leistung beinhalten. Anstelle finanzieller Leistungen können ebenso Dienst- und Sachleistungen vereinbart werden.
Die beschriebenen Leistungen müssen, anders als oftmals angenommen, nicht auf dem Grundstück produziert werden. Der Grundstückseigentümer selbst entscheidet, wie er die für die Erfüllung der Reallast erforderlichen Leistungen erwirtschaftet.
In landwirtschaftlichen Betrieben kommt es häufig zum sogenannten Altenteilsrecht. Davon spricht man, wenn der neue Nutzungsberechtigte dem aus dem Betrieb ausscheidenden Teil als Gegenleistung für Hof und Ländereien zusichert, dass er in der Immobilie weiter wohnen bleiben darf und auf sein leibliches und persönliches Wohl geachtet wird – eine Art Altersvorsorge. Das Altenteilsrecht ist also eine Kombination aus einer Reallast und einem lebenslangen Wohnrecht.
Unter einem Leibgeding werden Naturalleistungen verstanden, die im Gegenzug für die Übergabe einer wirtschaftlichen Einheit vereinbart werden. Damit gehört das Leibgeding zum Altenteilsrecht. Diese Rechte sind höchstpersönlich und nicht auf Dritte übertragbar. Zur Vereinbarung genügt zwar ein Vertrag; zur Absicherung wird das Leibgeding aber oftmals im Grundbuch eingetragen.
Spezielle Gestaltungen von Leibgedingen sind Ausgedinge und Witwengut. Das Ausgeding ist eine besondere Regelung zur Altersvorsorge, die einen Landwirt bei der Übergabe seines Hofs an seinen Nachfolger schützen soll. Das Wittum (Witwengut) stellt die Vorsorge für eine Frau nach dem Tod ihres Mannes dar. In Österreich und Südtirol wird noch heute ein Pfarrhof als Witwengut bezeichnet.
Auf den Punkt gebracht: Leibgedinge, ob im Grundbuch eingetragen oder nicht, können Reallasten, Rentenschulden oder persönliche Dienstbarkeiten wie Nießbrauch sein.
Im Gegensatz zur Reallast schließt ein Wohnrecht eine unmittelbare Nutzungsbefugnis einer Wohnimmobilie und am Grundstück mit ein. Davon abzugrenzen ist das Wohnungsrecht, bei welchem der Wohnungsberechtigte weitere Angehörige oder Pflegekräfte aufnehmen darf. Es gibt auch eine Wohnungsreallast.
Unter Grunddienstbarkeiten versteht man hingegen ein Nutzungsrecht einer Person an einem fremden Grundstück. Die Reallast wird im Grundbuch bei den Grunddienstbarkeiten in Abteilung II unter dem Abschnitt „Lasten und Beschränkungen“ eingetragen.
Weiter von der Reallast abzugrenzen ist die Erbschaft. Hier gilt der Grundsatz: Wer Grundbesitz erbt, muss Steuern zahlen.
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Wie wird die Reallast berechnet?
Die bestehende Reallast wird je nach vertraglichen Regelungen individuell berechnet. Bei finanziellen Verpflichtungen wird der jeweilige Barwert vom Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks abgezogen. Die Eintragung einer Reallast wirkt sich also wertmindernd aus.
Wurde innerhalb der Geldleistung eine Leibrente festgelegt, dann wird diese folgendermaßen berechnet: Der anfallende Barwert der jährlichen Rentenzahlung wird mit dem Leibrentenbarwertfaktor multipliziert und ergibt die Reallast.
Barwert der Leibrente = Jährliche Rentenzahlung (JRZ) x Leibrentenbarwertfaktor (LBF)
Als Beispielrechnung nehmen wir an, dass die Höhe der Reallast für ein unbelastetes Grundstück mit einem Verkehrswert von 500.000 Euro zu berechnen ist.
- Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks: 500.000 Euro
- Jährliche Rentenzahlung: 15.000 Euro
- Liegenschaftszinssatz: 2 Prozent
- Alter der berechtigten Person: 60 Jahre
- Geschlecht der berechtigten Person: männlich
- Leibrentenbarwertfaktor (männlich, 60 Jahre, 2 Prozent): 17,0596
Barwert der Leibrente = 15.000 Euro x 17,0596 = 255.894 Euro (= Reallast)
Verkehrswert des belasteten Grundstücks = Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks - Reallast (- ggf. weitere Minderungen durch Lasten) = 500.000 Euro – 255.894 Euro = 244.106 Euro
Unterliegt das Grundstück einer finanziellen Verpflichtung in Form einer Leibrente, ergibt sich ein Verkehrswert des belasteten Grundstücks in Höhe von 244.106 Euro.
Mit einer eingetragenen Reallast für das Alter vorgesorgt – finanziell, leiblich und persönlich.
Wie wird eine Reallast im Grundbuch eingetragen, geändert oder gelöscht?
Um Ansprüche aus einem Grundstück verlangen zu können, muss die Reallast ins Grundbuch eingetragen werden. Ist die Reallast im Grundbuch erstmal eingetragen, können die in ihr festgehaltenen Ansprüche nur schwer gelöscht werden.
Bei einem Immobilienverkauf kann eine Reallast sowohl für Immobilienverkäufer als auch für Kaufinteressenten zu einem wichtigen Grundpfeiler des gemeinsamen Kaufvertrags werden. Ob und wie ein Grundstück belastet ist, sehen Sie, indem Sie einen Grundbuchauszug anfordern. Über die Kosten, die für Reallasten im Zusammenhang mit dem Grundbuch auf Sie zukommen, erhalten Sie in unserem Notarkosten-Ratgeber nützliche Informationen.
Eintragung ins Grundbuch
Die Reallast verhilft der begünstigten Person nur durch die Eintragung ins Grundbuch zur finanziellen Absicherung. Schritt für Schritt geht die Eintragung ins Grundbuch vonstatten:
- Beauftragung eines Notars mit dem Aufsetzen eines Vertrages
- Unterzeichnung des Dokuments durch die Vertragspartner
- Beglaubigung des Dokuments durch den Notar
- Bestellung der Eintragung der Reallast in das Grundbuch durch den Notar
Änderung und Löschung von Reallasten
Grundstückseigentümer können in Absprache und Zustimmung des Begünstigten eine eingetragene Reallast ändern. Nachdem die Änderung von beiden Parteien erklärt wurde, kann die Änderung notariell beglaubigt und im Grundbuch vermerkt werden (§ 873 BGB und § 877 BGB).
Steht die Reallast einmal im Grundbuch, ist die Löschung nur durch den Begünstigten möglich (§ 875 BGB). Der Zustimmung der begünstigten Person folgt die Löschung aus dem Grundbuch.
Die mit der Reallast geltenden Verpflichtungen finden in folgenden Fällen ein Ende:
- Tod des Begünstigten
- Erreichen des vertraglichen Enddatums
- Beidseitige Willensbekundung zur Aufhebung der Reallast und Löschung aus dem Grundbuch
- Eintreffen eines Grundes, der vertraglich für das Erlöschen der Reallast festgelegt wurde
Auswirkungen und Folgen von Reallasten
Das Bestehen einer Reallast hat einen Einfluss auf den Verkehrswert: Je nach Art der Belastung wirkt sich eine Reallast oft erheblich wertmindernd aus. Im Falle einer subjektiv-dinglichen Reallast sind die Verpflichtungen an das Grundstück gebunden. Das ist für neue Käufer unattraktiv, da sie den Verpflichtungen ebenso nachkommen müssen. Dies führt häufig dazu, dass das Grundstück unter Wert oder gar nicht verkauft wird.
Kann oder will ein Inhaber eines belasteten Grundstücks die Leistungen nicht erfüllen, darf der Gläubiger einen finanziellen Ausgleich einfordern. Der Belastete haftet mit dem Grundstück, sodass der Begünstigte das Grundstück entsprechend der Höhe seiner Forderungen verwerten darf. Zeitgleich hat der Begünstigte Zugriff auf das gesamte persönliche Vermögen des Schuldners (§ 1108 BGB).
Häufen sich die ausstehenden Leistungen kann es zur Zwangsvollstreckung oder Zwangsverwaltung kommen. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Zwangsvollstreckung durchgeführt werden kann, ist insbesondere in § 750 ZPO (Zivilprozessverordnung) festgelegt. Lässt sich mithilfe der Zwangsvollstreckung keine ausreichende Befriedigung der ausstehenden Leistungen erreichen, kann eine Enteignung des Schuldners oder eine Zwangsversteigerung des gesamten Grundstücks folgen.
Reallast bei der Wertermittlung eines Grundstücks
Aufgrund der Tatsache, dass die Reallast im Grundbuch eingetragen ist, kann sie sich in deutlichem Umfang auf die Nutzung und daraus resultierend ebenso auf den Wert einer Immobilie auswirken. Um die Auswirkungen genau zu kalkulieren, empfiehlt es sich daher, eine detaillierte Wertermittlung durch einen Spezialisten durchführen zu lassen.
Abhängig von der vereinbarten und im Grundbuch eingetragenen Art der Reallast fällt die Höhe der Wertminderung immer unterschiedlich aus. Unsere Sachverständigen ermitteln den Wert Ihrer Immobilie gerne unter Berücksichtigung der eingetragenen Reallast und weiteren wertbeeinflussenden Faktoren.
Die Heid Immobilien GmbH liefert Ihnen unter voller Aufwands- und Kostentransparenz eine verlässliche Auskunft. Dabei haben Sie die Wahl zwischen einem Kurzgutachten für private Zwecke oder einem behördenkonformen und gerichtsfesten Verkehrswertgutachten.
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