Die Regelung von Erbschaften ist ein sensibles Thema, das nicht nur rechtliche, sondern auch familiäre Her­aus­for­de­run­gen mit sich bringt. Besonders dann, wenn Immobilien verschenkt wurden, kann es im Nachhinein zu Streitigkeiten unter den Erben kommen. Der sogenannte Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch spielt in solchen Fällen eine entscheidende Rolle. Er sorgt dafür, dass bestimmte Angehörige ihren Pflichtteil erhalten, selbst wenn der Erblasser Vermögenswerte wie Immobilien bereits zu Lebzeiten verschenkt hat.

Haus inmitten eines Gartens.
Der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch kommt zum Einsatz, wenn Immobilien zu Lebzeiten verschenkt wurden und Erben ihren rechtmäßigen Anteil einfordern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch ist im § 2325 BGB geregelt und sichert den Pflichtteil bestimmter Erben, auch wenn Vermögenswerte wie Immobilien zu Lebzeiten verschenkt wurden.
  • Schenkungen, die innerhalb der 10-Jahres-Frist vor dem Tod des Erblassers vorgenommen wurden, werden schrittweise in die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs von Immobilien einbezogen.
  • Kinder, Ehepartner und gegebenenfalls auch Eltern und Enkelkinder des Erblassers haben Anspruch auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.
  • Durch Maßnahmen wie frühzeitige Schenkungen kann der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch verringert oder verhindert werden.
  • Rechte wie Nießbrauch und Wohnrecht mindern den Schenkungswert einer Immobilie und beeinflussen den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.

André Heid
Zertifizierte Im­mo­bi­li­en­gut­ach­ter nach DIN 17024 von TÜV, DEKRA, IHK, DIA und EIPOS bewerten Ihre Immobilie sachgemäß.

Was ist der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch?

Der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch ist ein wichtiger Bestandteil des deutschen Erbrechts. Er stellt sicher, dass bestimmte Erben, wie Kinder oder Ehepartner, ihren Pflichtteil erhalten. Dies gilt auch, wenn der Erblasser Vermögenswerte zu Lebzeiten verschenkt hat. Der Anspruch greift dann, wenn die Schenkungen den Nachlass so stark verringern, dass der Pflichtteil der Erben geschmälert wird.

Wo ist der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch geregelt?

Der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch ist im § 2325 BGB geregelt und ergänzt den ordentlichen Pflichtteil. Es gibt drei Arten des Pflichtteils:

  • Ordentlicher Pflichtteil: Der Anteil, den pflicht­teils­be­rech­tig­te Erben an Nachlass erhalten, wenn sie im Testament nicht oder nur teilweise bedacht wurden.
  • Zu­satz­pflicht­teil: Dieser greift, wenn ein Erbe zwar im Testament berücksichtigt wurde, aber sein Erbteil geringer ist als sein gesetzlicher Pflichtteil.
  • Er­gän­zungs­pflicht­teil: Kommt zum Einsatz, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vorgenommen hat, die den Nachlass und dadurch den Pflichtteil der Erben mindern.

Bei letzterem ist die 10-Jahres-Frist besonders wichtig: Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers vorgenommen wurden, werden schrittweise in die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs für Immobilien einbezogen. Je länger die Schenkung zurückliegt, desto geringer wird ihr Einfluss auf den Pflichtteil.

Hinweis: Eine sogenannte „Ausstattung“ nach § 1624 BGB, also Zuwendungen an Kinder für bestimmte Zwecke wie die Aussteuer oder den gemeinsamen Immobilienkauf, gilt nicht als Schenkung und löst keinen Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch aus.

Wer ist berechtigt für den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch?

Die Berechtigung für den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch liegt bei den sogenannten pflicht­teils­be­rech­tig­ten Erben. Zu dieser Gruppe zählen in erster Linie enge Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­ge, die vom Gesetz als besonders schutzwürdig angesehen werden und daher einen garantierten Anteil am Erbe erhalten sollen. Zu diesen berechtigten Personen gehören:

  • Kinder des Erblassers: Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder, Adoptivkinder und Enkelkinder, wenn deren Elternteile bereits verstorben sind, haben ein Anrecht auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.
  • Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner: Der überlebende Ehe- oder eingetragene Lebenspartner des Erblassers hat ebenfalls Anspruch auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.
  • Eltern des Erblassers: Wenn der Erblasser keine Kinder hinterlässt, können auch die Eltern des Erblassers Anspruch auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch haben.
Vereinfachte Darstellung der berechtigten Personen für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Kinder und Ehepartner der verstorbenen Person haben einen Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch. Enkel haben nur Anspruch, wenn deren Eltern bereits verstorben sind. Eltern können auch berechtigt sein, wenn der Erblasser kinderlos war.

Wie lässt sich ein Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch feststellen?

Um festzustellen, ob ein Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch laut § 2325 BGB besteht, müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden:

  • Nach­lass­ver­zeich­nis: Zunächst ist eine Einsicht in das Nach­lass­ver­zeich­nis erforderlich, um herauszufinden, ob und welche Schenkungen der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod vorgenommen hat.
  • Art der Schenkung: Hat die betreffende Schenkung den Nachlass so weit verringert, dass sie den Pflichtteil eines Erben beeinträchtigt?
  • Zeitpunkt der Schenkung: Nur Schenkungen, die innerhalb der 10-Jahres-Frist erfolgt sind, werden in die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs einbezogen.
  • Beratung durch Fachleute: Zur korrekten Ermittlung des Anspruchs empfehlen wir Ihnen, Unterstützung durch einen Anwalt oder einen Fachberater für Erbrecht in Anspruch zu nehmen. Durch eine präzise Wertermittlung Ihrer Immobilie kann der genaue Wert bestimmt werden, der in die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs einfließt.

Pflicht­teils­er­gän­zungs­be­rech­tig­te haben ein Auskunftsrecht gegenüber den Erben, um Informationen über Schenkungen und den Nachlass zu erhalten. Sie können die Erstellung eines Nach­lass­ver­zeich­nis­ses fordern und dabei anwesend sein, um sicherzugehen, dass alle relevanten Vermögenswerte korrekt erfasst werden.

So berechnen Sie den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch bei Immobilien

Die Kalkulation des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs erfolgt in mehreren Schritten und berücksichtigt sowohl den Wert der Schenkungen als auch deren zeitliche Nähe zum Todeszeitpunkt des Erblassers. Folgende Schritte sind dabei entscheidend:

  • Ermittlung des Schenkungswerts: Zunächst wird der Wert der Schenkung zum Zeitpunkt der Übertragung ermittelt. Bei Immobilien erfolgt diese Bewertung häufig durch ein Ver­kehrs­wert­gut­ach­ten.
  • Abschmelzung des Schenkungswerts: Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers vorgenommen wurden, werden schrittweise in die Berechnung einbezogen. Pro Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, reduziert sich der anrechenbare Wert der Schenkung um 10 %. Das bedeutet, dass nach zehn Jahren keine Anrechnung mehr erfolgt. Bei der Schenkung von Immobilien mit einem Nießbrauch oder Wohnrecht beginnt die 10-Jahres-Frist erst zu laufen, wenn der Schenkende verstirbt.
  • Bestimmung des fiktiven Nachlasses: Der Wert der Schenkung wird zum Nachlass des Erblassers hinzugerechnet, um einen fiktiven Nachlasswert zu erhalten. Dieser bildet die Basis für die Kalkulation des Pflichtteils.
  • Ermittlung des Pflichtteils: Vom fiktiven Nachlasswert wird der Pflichtteil in Höhe von 50 % des gesetzlichen Erbteils des Pflicht­teils­be­rech­tig­ten berechnet.
  • Abzug des tatsächlichen Erbteils: Schließlich wird der tatsächliche Erbteil, den der Pflicht­teils­be­rech­tig­te aus dem Nachlass erhält, vom Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch abgezogen.

Dieser Prozess erfordert genaue Kenntnisse der Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se des Erblassers und der vorgenommenen Schenkungen. Eine präzise Im­mo­bi­li­en­be­wer­tung, wie sie von Heid Im­mo­bi­li­en­be­wer­tung angeboten wird, kann hierbei wesentlich zur genauen Wertermittlung beitragen.

Welche Immobilie möchten Sie bewerten?

Mit Hilfe unseres Rechners können Sie feststellen, welcher Erbe wie viel vom Nachlass bekommt und seine Miterben bei vorangegangener Schenkung der Fairness halber womöglich noch auszahlen muss.

Tragen Sie hier den Wert der gesamten Erbmasse ein, d.h. Bargeld, Aktien, Immobilien, Schmuck, etc.
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Sind die Erben gleich­be­rech­tigt?

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Schenkungen

Hier können Sie geschenkte Immobilien berücksichtigen, die innerhalb von zehn Jahren vor dem Tod erfolgt sind. Tragen Sie den Verkehrswert der Immobilie ein, der zum Zeitpunkt der Schenkung ermittelt wurde.

Hinweis zur Berechnung
Wenn ein Erbe eine Schenkung früher als 10 Jahre vor dem Tod erhalten hat, wird seine Auszahlung um den Schenkungswert reduziert.
Der Anteil der Schenkung an der Erbmasse verringert sich jedes Jahr um 10 %.

Möglichkeiten zur Reduzierung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­pruchs

Es gibt verschiedene Strategien, um den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch zu reduzieren oder sogar ganz zu vermeiden. Diese Ansätze können dabei helfen, den Nachlass so zu gestalten, dass der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch entweder gar nicht entsteht oder nur in geringem Umfang geltend gemacht werden kann:

  • Frühzeitige Schenkungen: Schenkungen, die mehr als zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers vorgenommen werden, fallen nicht unter den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch. Daher ist es sinnvoll, Vermögenswerte wie Immobilien frühzeitig zu übertragen, um die 10-Jahres-Frist zu nutzen.
  • Jährliche Schenkungen unterhalb der Freibeträge: Schenkungen, die unter den gesetzlichen Freibeträgen liegen, bleiben steuerfrei und werden in der Regel nicht in die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs einbezogen. Durch regelmäßige, kleinere Schenkungen können größere Vermögenswerte sukzessive übertragen werden.
  • Nieß­brauchs­vor­be­halt: Der Erblasser kann bei der Schenkung einer Immobilie ein Nießbrauchrecht für sich selbst vorbehalten. Dies mindert den Wert der Schenkung, da der Beschenkte die Immobilie nicht frei nutzen oder veräußern kann, solange der Nießbrauch besteht.
  • Strecken von Schenkungen auf mehrere Personen: Werden Vermögenswerte nicht nur an eine, sondern an mehrere Personen verschenkt, werden die individuellen Freibeträge optimal ausgenutzt. Dadurch wird der anrechenbare Schenkungswert pro Person reduziert.
  • Heirat des Partners: Eine Heirat kann den Partner erbrechtlich besserstellen. Dadurch fällt der Pflichtteil der Kinder geringer aus.
  • Adoption von Stiefkindern: Wenn der Erblasser in zweiter Ehe verheiratet ist und die Kinder des neuen Partners adoptiert, werden diese rechtlich wie eigene Kinder behandelt, was den Pflichtteil der anderen Kinder reduziert.
  • Schenkungen an Gegenleistungen knüpfen: Wenn eine Schenkung an eine Gegenleistung gebunden ist, wie beispielsweise die Pflege des Erblassers, gilt sie nicht mehr als Schenkung im rechtlichen Sinne und beeinflusst dadurch den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.
  • Im­mo­bi­li­en­ver­kauf gegen Leibrente: Wenn eine Immobilie verkauft wird und der Erblasser dafür regelmäßige Zahlungen (Leibrente) erhält, handelt es sich nicht um eine Schenkung. Diese Transaktion fällt somit nicht unter den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.
  • Wahl des Güterstands: Durch die Wahl des Güterstands in einer Ehe, zum Beispiel Zu­ge­winn­ge­mein­schaft oder Gütertrennung, kann der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch beeinflusst werden. Der Zu­ge­winn­aus­gleich stellt keine Schenkung dar und wird daher nicht im Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch berücksichtigt.
  • Anrechnung von Eigengeschenken: Schenkungen an Pflicht­teils­be­rech­tig­te selbst können durch eine Anordnung im Schen­kungs­ver­trag so gestaltet werden, dass sie auf den Pflichtteil angerechnet werden. Diese sogenannten „Eigengeschenke“ können den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch reduzieren.
  • Unentgeltliche Überlassung einer Immobilie: Wenn eine Immobilie einem Angehörigen zur Nutzung überlassen wird, kann dies als Leihe und nicht als Schenkung betrachtet werden. In diesem Fall wird der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch nicht ausgelöst.
  • Beratung und individuelle Planung: Eine fundierte Beratung durch Fachleute für Erbrecht und Im­mo­bi­li­en­be­wer­tung ist von großer Bedeutung. Diese können maß­ge­schnei­der­te Strategien entwickeln, um den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch zu minimieren und gleichzeitig die Schenkungsziele des Erblassers zu erreichen.
Hochzeit eines jungen Paars.
Durch eine Hochzeit wird der Partner erbrechtlich bessergestellt und erhält einen gesetzlichen Erbteil, wodurch der Erbteil der Kinder reduziert wird.

Alle Besonderheiten des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs bei Schenkungen

Beim Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch gibt es verschiedene Besonderheiten, die insbesondere bei Immobilien und Schenkungen eine wichtige Rolle spielen. Berücksichtigen Sie diese speziellen Regelungen bei der Planung und Kalkulation.

Wenn eine Immobilie verschenkt wird, aber der Nießbrauch oder ein lebenslanges Wohnrecht für den Erblasser vorbehalten bleibt, verringert dies den Schenkungswert gravierend. Der Wert des Nießbrauchs oder Wohnrechts wird vom Gesamtwert der Immobilie abgezogen. Dies reduziert den anrechenbaren Betrag für den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch. Dadurch fällt der tatsächliche Wert, der in die Berechnung einfließt, geringer aus.

Bei gemischten Schenkungen, die mit Gegenleistungen verbunden sind, zählt nur der unentgeltliche Teil der Schenkung zum Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.

Schenkungen zwischen Ehegatten unterliegen einer besonderen Regelung. In diesen Fällen läuft die 10-Jahres-Frist erst ab dem Tod des ersten Ehepartners. Das bedeutet, dass Schenkungen unter Ehegatten nicht sofort in die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs einfließen und somit für den überlebenden Ehepartner keine unmittelbaren Konsequenzen haben.

Besonders bei gestaffelten Schenkungen, also wenn Vermögenswerte in mehreren Teilbeträgen über einen längeren Zeitraum verschenkt werden, greift die 10-Jahres-Frist für jeden Schenkungsteil separat. Dadurch kann es vorkommen, dass ein Teil der Schenkung bereits aus der Frist herausfällt, während andere Teile noch angerechnet werden. Dies führt zu einer komplexeren Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs.

Bei ehebedingten Zuwendungen beginnt die 10-Jahres-Frist erst mit dem Tod des Ehepartners oder der Scheidung.

Im Falle von Immobilien im Ausland müssen die dortigen rechtlichen Rah­men­be­din­gun­gen und Be­wer­tungs­vor­schrif­ten beachtet werden. Diese können sich wesentlich von den deutschen Regelungen unterscheiden und die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs beeinflussen. Auch die Wertentwicklung der Immobilie über die Jahre hinweg spielt eine Rolle: Wert­stei­ge­run­gen oder -verluste müssen bei der Festlegung des Schenkungswerts berücksichtigt werden, um eine faire Kalkulation zu gewährleisten.

Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch: Verjährung und Fristen

Der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch unterliegt strengen Fristen, die sowohl die Berechnung als auch die Geltendmachung des Anspruchs betreffen. Diese Fristen sind entscheidend, um zu bestimmen, in welchem Umfang Schenkungen des Erblassers berücksichtigt werden und wann der Anspruch verjährt.

  • 10-Jahres-Frist: Wie bereits erwähnt, werden Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers erfolgt sind, schrittweise in die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs einbezogen. Pro Jahr nach der Schenkung reduziert sich der anrechenbare Wert um 10 %. Nach zehn Jahren entfällt die Be­rück­sich­ti­gung der Schenkung vollständig.
  • Dreijährige Ver­jäh­rungs­frist: Der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch muss innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden. Diese Ver­jäh­rungs­frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist und der Pflicht­teils­be­rech­tig­te von der Schenkung Kenntnis erlangt hat. Beispiel: Verstirbt der Erblasser am 3. September 2024, beginnt die Verjährung am 31. Dezember 2024. Der Pflicht­teils­be­rech­tig­te muss seinen Anspruch also bis spätestens 31. Dezember 2027 geltend machen. Nach Ablauf dieser Frist verfällt dieser.
  • Schenkungen unter Ehegatten: Die 10-Jahres-Frist für Schenkungen zwischen Ehepartnern beginnt erst, wenn der erste Ehepartner stirbt. Daher werden solche Schenkungen oft erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners für den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch wichtig.

Hinweis: Die Frist für den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch kann sich von der Frist für den Pflicht­teils­an­spruch unterscheiden, je nachdem, wann der Berechtigte Kenntnis von der Schenkung erlangt hat.

Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch für Immobilien

Der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch bei Immobilien ist besonders komplex. Im Gegensatz zu Geldvermögen oder anderen leicht zu bewertenden Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den erfordert die Be­rück­sich­ti­gung von Immobilien eine detaillierte und präzise Wertermittlung. Dies liegt vor allem an den speziellen Rechten, die oft mit Immobilien verbunden sind, wie eine Grund­dienst­bar­keit, Nießbrauch oder Wohnrecht. Diese Rechte wirken sich auf den Wert der Immobilie aus und müssen bei der Kalkulation des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs genau berücksichtigt werden.

Ein Nießbrauchrecht erlaubt es dem Berechtigten, die Immobilie zu nutzen und daraus Erträge zu ziehen, obwohl das Eigentum bereits auf eine andere Person übertragen wurde. Ein lebenslanges Wohnrecht gibt dem Berechtigten das Recht, die Immobilie oder Teile davon zu bewohnen.

Mit einer professionellen Bewertung vermeiden Sie mögliche Streitigkeiten und wahren sowohl die Interessen des Erblassers als auch der Pflicht­teils­be­rech­tig­ten.

Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch: Beispiel

Um die Funktionsweise besser zu verstehen, betrachten wir ein konkretes Beispiel für einen Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch mit Immobilie:

Aus­gangs­si­tua­ti­on:

Herr Müller verstirbt im Jahr 2024. Er hinterlässt ein Testament, in dem er sein gesamtes Vermögen seiner Tochter Anna vererbt. Sein Sohn Max, der laut gesetzlicher Erbfolge ebenfalls erbberechtigt wäre, wurde im Testament nicht bedacht. Vor fünf Jahren, im Jahr 2019, hat Herr Müller seinem Sohn Max jedoch eine Immobilie im Wert von 300.000 Euro geschenkt.

Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs berechnen:

  • Ermittlung des fiktiven Nachlasswerts:
    • Herr Müller hinterlässt zum Zeitpunkt seines Todes ein Vermögen von 600.000 Euro. Dieses Vermögen bildet den tatsächlichen Nachlass.
    • Die Immobilie, die vor fünf Jahren verschenkt wurde, wird mit einem um 50 % reduzierten Wert in die Berechnung einbezogen, da die Schenkung fünf Jahre zurückliegt. Das bedeutet, dass 150.000 Euro (50 % von 300.000 Euro) dem Nachlasswert hinzugerechnet werden.
    • Der fiktive Nachlasswert beträgt somit 750.000 Euro (600.000 Euro + 150.000 Euro).
  • Kalkulation des Pflichtteils:
    • Nach gesetzlicher Erbfolge hätten Anna und Max je zur Hälfte geerbt, also jeder 375.000 Euro.
    • Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also 187.500 Euro für Max.
  • Ermittlung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs:
    • Max hat bereits eine Schenkung im Wert von 300.000 Euro erhalten, die mit 150.000 Euro in die Berechnung eingeflossen ist.
    • Sein Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch ergibt sich nun aus der Differenz zwischen dem errechneten Pflichtteil (187.500 Euro) und dem bereits erhaltenen Erbteil aus der Schenkung (150.000 Euro).
    • Somit hat Max einen Anspruch auf 37.500 Euro zusätzlich zu der bereits erhaltenen Schenkung.

Ergebnis:

Max kann von seiner Schwester Anna 37.500 Euro als Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch verlangen, um seinen rechtmäßigen Pflichtteil am Erbe seines Vaters zu erhalten.

Das Ab­schmel­zungs­mo­dell für den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch

Das Ab­schmel­zungs­mo­dell regelt, wie der Wert von Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten vorgenommen hat, über die Zeit hinweg an Bedeutung verliert, bis er schließlich ganz außer Betracht bleibt. Dieses Modell dient dazu, den Einfluss von Schenkungen auf den Pflichtteil der Erben zu reduzieren, je länger die Schenkung zurückliegt.

Es schafft einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Erblassers, bereits zu Lebzeiten Schenkungen vorzunehmen und dem Schutz der Pflicht­teils­be­rech­tig­ten. Durch die schrittweise Reduktion des anrechenbaren Schenkungswerts wird verhindert, dass frühere Schenkungen den Pflichtteil übermäßig schmälern. Gleichzeitig haben Erblasser die Möglichkeit, durch frühzeitige Schenkungen den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch zu reduzieren oder ganz zu vermeiden.

Zeitpunkt der Schenkung Anteil, der berücksichtigt wird
Innerhalb des letzten Jahres 100 %
1 bis 2 Jahre zurückliegend 90 %
2 bis 3 Jahre zurückliegend 80 %
3 bis 4 Jahre zurückliegend 70 %
4 bis 5 Jahre zurückliegend 60 %
5 bis 6 Jahre zurückliegend 50 %
6 bis 7 Jahre zurückliegend 40 %
7 bis 8 Jahre zurückliegend 30 %
8 bis 9 Jahre zurückliegend 20 %
9 bis 10 Jahre zurückliegend 10 %
Mehr als 10 Jahre zurückliegend 0 %

6 Tipps: Was Sie als Erblasser/Schenkender beachten sollten

Als Erblasser oder Schenkender sollten Sie bei der Planung von Schenkungen besonders sorgfältig vorgehen, um spätere Erb­strei­tig­kei­ten zu vermeiden.

  1. Überlegen Sie, Schenkungen frühzeitig vorzunehmen, damit die 10-Jahres-Frist in vollem Umfang greift. Schenkungen, die länger als zehn Jahre vor Ihrem Tod erfolgen, werden nicht mehr in den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch einbezogen.
  2. Informieren Sie Ihre Erben frühzeitig über Ihre Schenkungspläne. Klare Kommunikation kann Miss­ver­ständ­nis­se und spätere Konflikte innerhalb der Familie verhindern.
  3. Wenn Sie ein Wohnrecht oder Nießbrauch an einer Immobilie behalten möchten, sollten Sie den Einfluss dieser Rechte auf den Wert der Schenkung berücksichtigen. Diese Rechte verringern den anrechenbaren Wert und beeinflussen den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.
  4. Lassen Sie sich rechtlich und steuerlich beraten. Experten können Ihnen helfen, die beste Strategie für Ihre Ver­mö­gens­nach­fol­ge zu entwickeln und dabei alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen.
  5. Informieren Sie sich gründlich über die Thematik und nehmen Sie an unserem Webinar zum Thema Erbschaft und Schenkung teil, um tiefere Einblicke zu gewinnen.
  6. Durch eine professionelle Bewertung Ihrer Immobilie wird der tatsächliche Wert korrekt ermittelt und spätere Streitigkeiten werden vermieden. Eine sorgfältige Im­mo­bi­li­en­be­wer­tung schafft Klarheit für alle Beteiligten und sichert Ihren Erben eine faire Nach­lass­re­ge­lung.

Häufige Fragen zum Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch

Hier beantworten wir häufig gestellte Fragen zum Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.

Sind eingetragene Lebenspartner beim Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch berücksichtigt?

Ja, eingetragene Lebenspartner haben im Erbrecht grundsätzlich die gleichen Rechte wie Ehepartner. Sie sind daher ebenso pflicht­teils­be­rech­tigt und können einen Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch geltend machen, wenn Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers vorgenommen wurden. Unverheiratete Partner ohne eingetragene Le­bens­part­ner­schaft hingegen haben keinen Anspruch auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch.

Kann man auf seinen Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch verzichten?

Ja, ein Erbe kann durch einen notariellen Erb­ver­zichts­ver­trag verzichten. Dies kann schon zu Lebzeiten des Erblassers erfolgen und sollte gut überlegt sein, da der Verzicht auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch unwiderruflich ist.

Welche Fristen müssen beim Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch beachtet werden?

Die wichtigste Frist ist die 10-Jahres-Frist, innerhalb derer Schenkungen berücksichtigt werden. Zudem gilt eine dreijährige Ver­jäh­rungs­frist, währenddessen der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch geltend gemacht werden muss, nachdem der Erbe vom Tod des Erblassers und der Schenkung Kenntnis erlangt hat.

Wie wirkt sich ein Nießbrauch auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch aus?

Ein Nießbrauch verringert den Wert einer Immobilie, da der Beschenkte die Immobilie nicht uneingeschränkt nutzen oder veräußern kann. Bei der Pflicht­teils­er­gän­zung wird der Wert des Nießbrauchs vom Wert der Immobilie abgezogen, wodurch der anrechenbare Betrag für den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch reduziert wird. Ähnliches gilt für die Berechnung des Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruchs bei einem Wohnrecht: Der Wert des Wohnrechts mindert den Schenkungswert der Immobilie. Dies wirkt sich auf die Höhe des Anspruchs aus.

Kann ich den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch umgehen?

Es ist schwierig, den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch vollständig zu umgehen. Es gibt Strategien, um den Einfluss des Pflichtteils zu verringern. Eine Möglichkeit ist das frühzeitige Überschreiben eines Hauses. Schenkungen, die mehr als zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers erfolgen, fallen nicht mehr unter den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch. Auch das Vorbehalten von Rechten wie Nießbrauch oder Wohnrecht kann den anrechenbaren Wert der Schenkung verringern.

Hat ein Vor­aus­ver­mächt­nis Einfluss auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch?

Ein Vor­aus­ver­mächt­nis hat keinen direkten Einfluss auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch, da es bei der Berechnung des Pflichtteils nicht von der Erbmasse abgezogen wird. Ein pflicht­teils­be­rech­tig­ter Ver­mächt­nis­neh­mer kann daher sowohl das Vor­aus­ver­mächt­nis als auch den vollen Pflichtteil geltend machen. Indirekt kann das Vor­aus­ver­mächt­nis jedoch die verfügbare Erbmasse für andere Erben verringern.

Wie wird der Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch bei gestaffelten Schenkungen kalkuliert?

Bei gestaffelten Schenkungen, also wenn Vermögenswerte in mehreren Teilbeträgen über einen längeren Zeitraum verschenkt werden, greift die 10-Jahres-Frist für jeden Schenkungsteil separat. Das bedeutet, dass der Wert der Schenkungen je nach Zeitpunkt des Todes des Erblassers unterschiedlich berücksichtigt wird.

Wie kann ich Streitigkeiten um den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch bei Immobilien vermeiden?

Streitigkeiten um den Pflicht­teils­er­gän­zungs­an­spruch lassen sich am besten durch frühzeitige und klare Kommunikation sowie eine sorgfältige Planung vermeiden. Nehmen Sie Schenkungen rechtzeitig vor und dokumentieren Sie diese gründlich. Eine fundierte Im­mo­bi­li­en­be­wer­tung und (steuer-)rechtliche Beratung sind ebenfalls wesentlich, um den Wert von Schenkungen korrekt zu ermitteln und Miss­ver­ständ­nis­se unter den Erben zu verhindern. Kontaktieren Sie uns unter 0800 – 90 90 282 für eine unverbindliche Beratung und lassen Sie sich von unseren Experten unterstützen!