Nutzungsdauer von Immobilien
Egal ob es um technologische Geräte, Fahrzeuge, Immobilien oder andere Investitionen geht – die Bestimmung der Nutzungsdauer ist von großer Bedeutung. Sie ermöglicht es uns, den Zeitraum zu bestimmen, über den ein bestimmtes Gut effektiv genutzt werden kann, bevor es ausgetauscht, erneuert oder ersetzt werden muss. Was die Nutzungsdauer von Immobilien genau beschreibt und wie diese erhöht werden kann, das und mehr erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Die Nutzungsdauer der Immobilie ist abgelaufen – aufwändige Sanierungen sind notwendig.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Die Nutzungsdauer einer Immobilie beschreibt, wie lange eine Immobilie wirtschaftlich genutzt werden kann, bevor Sanierungen und Modernisierungen notwendig sind.
- Durch entsprechende Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen kann die Nutzungsdauer eines Gebäudes erhöht werden, unterlassene Instandhaltungen führen zu einer Verkürzung.
- Wandelnde Marktanforderungen im Bereich von Spezialimmobilien führen zu einer schnellen wirtschaftlichen Alterung, wodurch eine Verkürzung der Restnutzungsdauer gefordert werden kann. Erforderlich hierfür ist ein Restnutzungsdauer Gutachten eines zertifizierten Immobiliensachverständigen.
Was beschreibt die Nutzungsdauer von Immobilien?
Die Nutzungsdauer von Immobilien bezieht sich auf den Zeitraum, über den eine Immobilie wirtschaftlich genutzt werden kann, bevor sie veraltet oder abgenutzt ist und wesentliche Reparaturen oder Modernisierungen fällig sind. Sie gibt an, wie lange eine Immobilie voraussichtlich Erträge generieren beziehungsweise ihren beabsichtigten Zweck erfüllen kann. Die Nutzungsdauer (ND) wird in Jahren angegeben und kann je nach Art der Immobilie stark variieren. Die gesetzliche Nutzungsdauer von Wohngebäuden wird allgemein auf 50 oder 40 Jahre festgelegt. Seit dem 1.1.2023 gilt eine Nutzungsdauer von 33 1/3 Jahren. Die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten über diese Zeitspannen folgt bestimmten gesetzlichen Richtlinien.
Bei Wohnimmobilien wird üblicherweise ein langer Zeitraum angesetzt, da Wohnhäuser unter normalen Umständen über Jahrzehnte hinweg bewohnbar bleiben. Industriell genutzte Produktionsflächen sind kaum zu vergleichen mit einem Einfamilienhaus. Gewerbeimmobilien wie Bürogebäude, Einzelhandelsflächen oder Lagerhallen haben ebenfalls eine längere Nutzungsdauer, die meist zwischen 20 und 50 Jahren liegt.
Achtung! Es ist wichtig zu beachten, dass die (wirtschaftliche) Nutzungsdauer nicht mit der rechtlichen Lebensdauer einer Immobilie gleichgesetzt werden sollte. Die rechtliche Lebensdauer kann von Land zu Land unterschiedlich sein und bezeichnet den Zeitraum, für den eine Immobilie rechtlich als baulich sicher gilt oder für den sie rechtlich verpflichtend genutzt werden kann.
Die Bestimmung der Nutzungsdauer von Immobilien ist sowohl für Eigentümer als auch für Investoren von Bedeutung, da sie bei der langfristigen Planung, der Wertermittlung und der Rentabilitätsanalyse von Immobilieninvestitionen eine Rolle spielt. Die Nutzungsdauer hängt von verschiedenen Aspekten ab, wie
- der Bauart des Gebäudes,
- der Art und Intensität der Nutzung,
- der Qualität der verwendeten Materialien,
- den klimatischen Bedingungen und
- den Umgebungsbedingungen.
Technische Nutzungsdauer von Immobilien
Die Berechnung der Wirtschaftlichkeit von gebäudetechnischen Anlagen wird in der Richtlinienreihe VDI 2067 behandelt. Sie gilt für alle Gebäudearten. Die technische Nutzungsdauer beschreibt dabei den Zeitraum, in dem sich das Gebäude substanztechnisch abnutzt. Meist fallen technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer zusammen.
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Wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer von Immobilien
Unter der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer von Immobilien versteht man die Zeitspanne von der Fertigstellung einer baulichen Anlage bis zum Verlust ihrer wirtschaftlichen Nutzbarkeit. In anderen Worten: Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer umfasst die gesamte Lebensdauer einer Immobilie.
Da sich der Zeitraum tatsächlich kaum abschätzen lässt, wurden Orientierungswerte für bestimmte Gebäudearten festgelegt (Anlage 1 ImmoWertV). Diese werden in der Regel deutlich überschritten.
Art der baulichen Anlage | Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes |
Freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser, Doppel- und Reihenhäuser | 80 Jahre |
Mehrfamilienhäuser | 80 Jahre |
Wohnhäuser mit Mischnutzung | 80 Jahre |
Geschäftshäuser | 60 Jahre |
Bürogebäude, Banken | 60 Jahre |
Einzelgaragen | 60 Jahre |
Kindergärten, Schulen | 50 Jahre |
Wohnheime, Alten- und Pflegeheime | 50 Jahre |
Kauf- und Warenhäuser | 50 Jahre |
Gemeindezentren, Saalbauten, Veranstaltungsgebäude | 40 Jahre |
Krankenhäuser, Tageskliniken | 40 Jahre |
Beherbergungsstätten, Verpflegungseinrichtungen | 40 Jahre |
Sporthallen, Freizeitbäder, Heilbäder | 40 Jahre |
Tief- und Hochgaragen als Einzelbauwerk | 40 Jahre |
Betriebs- und Werkstätten, Produktionsgebäude | 40 Jahre |
Lager- und Versandgebäude | 40 Jahre |
Verbrauchermärkte, Autohäuser | 30 Jahre |
Landwirtschaftliche Betriebsgebäude | 30 Jahre |
Tabelle Gesamtnutzungsdauer – Liste der anzusetzenden wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer
Wirtschaftliche Restnutzungsdauer von Immobilien
Die wirtschaftliche Restnutzungsdauer von Immobilien bezieht sich auf den Zeitraum, für den eine Immobilie bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich rentabel genutzt werden kann.
Die Restnutzungsdauer von Gebäuden bestimmt sich als Differenz zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer und dem am Bewertungsstichtag vorliegenden Gebäudealter (§ 4 ImmoWertV). Erfolgen während der Nutzungsdauer Modernisierungen oder Renovierungen, so haben diese Maßnahmen wiederum Einfluss auf die Restnutzungsdauer mit einer zeitlichen Streckung. Unterlassene Instandhaltungen verkürzen die wirtschaftliche Restnutzungsdauer.
Restnutzungsdauer ≠ Gesamtnutzungsdauer - Alter
Im Allgemeinen wird von einer gleichmäßigen, linearen Alterswertminderung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung ausgegangen.
Der Gebäudeabriss markiert das Ende der tatsächlichen Nutzungsdauer.
Nutzungsdauer erhöhen – Modernisierungen
Um die Nutzungsdauer einer Immobilie zu erhöhen, spielen Modernisierungen eine entscheidende Rolle, einschließlich energetischer Sanierungen. Es ist wichtig, regelmäßige Wartungsmaßnahmen durchzuführen, um die Funktionalität der technischen Bestandteile wie der Heizungsanlage, dem Abwassersystem und von elektrischen Leitungen zu gewährleisten. Darüber hinaus sollten das Dach und der Sockel regelmäßig kontrolliert werden, um eine gute Wärmebilanz zu erhalten.
Durch die Kombination von Modernisierungen, regelmäßiger Wartung und Kontrolle der wichtigen Komponenten einer Immobilie kann die Nutzungsdauer erheblich verlängert werden. Dies ermöglicht nicht nur den langfristigen Werterhalt der Immobilie, sondern trägt auch zur Verbesserung der Energieeffizienz und Wohnqualität bei.
BelWertV
Gemäß § 12 Abs. 2 BelWertV wird die Restnutzungsdauer, die für die Beleihungswertermittlung verwendet wird, definiert. Demnach ist allein auf die wirtschaftliche Restnutzungsdauer abzustellen.
In Anlage 2 BelWertV werden Gesamtnutzungsdauern baulicher Anlagen aufgeführt. Wenn eine Immobilie kontinuierlich instandgehalten wird und keine bedeutenden Modernisierungen durchgeführt wurden, wird die Restnutzungsdauer durch das Baualter und die folgende Tabelle bestimmt.
Art des Gebäudes | Nutzungsdauer |
Wohnhäuser | 80 Jahre |
Geschäftshäuser und Bürohäuser | 60 Jahre |
Warenhäuser, Einkaufszentren, Hotels, landwirtschaftlich genutzte Objekte, Kliniken, Rehabilitationseinrichtungen, Pflegeheime, Lager- und Logistikimmobilien, Produktionsimmobilien und Parkhäuser | 40 Jahre |
Freizeitimmobilien, Selbstbedienungs- und Fachmärkte, Verbrauchermärkte und Tankstellen | 30 Jahre |
Maximalsätze für die Nutzungsdauer (BelWertV)
Durch Subtraktion des Baualters von der Gesamtnutzungsdauer wird die Restnutzungsdauer rechnerisch ermittelt. Bauliche Maßnahmen wie Modernisierungen können die Restnutzungsdauer entsprechend verlängern und die Annahme eines fiktiven, späteren Baujahrs ermöglichen.
ImmoWertV
Bei der ab 01.01.2022 geltenden Anlage 1 zur ImmoWertV handelt es sich dagegen nicht mehr lediglich um Orientierungswerte, über deren Anwendung sachverständig zu entscheiden ist, sondern um feste Modellansätze, die zwingend bei den aufgeführten Gebäudearten anzuwenden sind. Dies dient einer bundesweit einheitlichen Vorgehensweise und entspricht auch der Tatsache, dass individuelle Besonderheiten im Rahmen der Restnutzungsdauer berücksichtigt werden.
Zur Ermittlung der Restnutzungsdauer von Wohngebäuden bei Modernisierungen werden in Anlage 2 der ImmoWertV Modellansätze vorgegeben. Grundlage ist eine Punktrastermethode, wobei durch die Vergabe von Punkten, die Nutzungsdauer erhöht wird. Aus der ermittelten Modernisierungspunktzahl lässt sich die Restnutzungsdauer des Wohngebäudes mit Bezug auf die Gesamtnutzungsdauer und das Alter des Gebäudes bestimmen.
Revolution der Tanzflächen: Umbauten verkürzen Nutzungsdauer von Discotheken.
Nutzungsdauer von Spezialimmobilien
Wohnhäuser sind natürlich kaum zu vergleichen mit großen Gewerbeimmobilien und Bürogebäuden. Die Nutzungsdauer von Spezialimmobilien hängt von verschiedenen Faktoren ab und kann je nach Art der Immobilie stark variieren.
Spezialimmobilien sind in der Regel auf bestimmte Zwecke zugeschnitten, wie beispielsweise Tankstellen, Gaststätten, Freizeitanlagen oder Logistikimmobilien. Ihre Nutzungsdauer wird von Faktoren wie technologischem Fortschritt, Veränderungen in den gesetzlichen Vorschriften und dem Bedarf der Nutzer beeinflusst. Während einige Spezialimmobilien über Jahrzehnte hinweg genutzt werden können, können andere aufgrund sich ändernder Anforderungen oder technologischer Entwicklungen möglicherweise nicht mehr effizient genutzt werden und müssen früher umgewidmet oder sogar abgerissen werden, weshalb dem Bodenwert dieser Grundstücke eine besonders hohe Bedeutung zukommt. Stetig wachsende Marktanforderungen im Bereich der Spezialimmobilien führen zu einer schnellen wirtschaftlichen Alterung, sodass eine verkürzte Restnutzungsdauer in Ansatz gebracht werden kann. 1
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1 Vgl. Sven Bienert: "Grundlagen der Bewertung von Spezial- bzw. Sonderimmobilien", S. 11, in: Sven Bienert, Klaus Wagner: Bewertung von Spezialimmobilien, 2. Auflage, 2018.