Der Knall­erb­senstrauch am Ma­schen­draht­zaun ist wohl der me­di­en­wirk­sams­te Fall eines Nach­bar­schafts­streits, bei dem es um verletzte Grund­stücks­gren­zen ging. In diesem Ratgeber gehen wir zwar nicht auf die Bepflanzung ein, widmen uns dafür umso ausführlicher der Grenzbebauung und ihrem Kon­flikt­po­ten­zi­al. Wir bringen Ihnen die gesetzlichen Regelungen näher, erläutern Abstandsflächen sowie Bestandsschutz und gehen gezielt auf häufige Problembauten wie Carport, Garage und Gartenhaus ein.

Grundstücksgrenze aus Gabionen
Wie hoch eine Grund­stücks­gren­ze sein darf, ist im Baugesetzbuch in Kombination mit den Lan­des­bau­ord­nun­gen und dem Nach­bar­schafts­recht geregelt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Als Grenzbebauung wird die Errichtung eines Gebäudes direkt an der Grenze zum Nach­bar­grund­stück aufgefasst.
  • Grenzbebauung ist im Baugesetzbuch (BauGB), in den Lan­des­bau­ord­nun­gen und im lan­des­recht­li­chen Nach­bar­schafts­recht geregelt. Kommunale Flächennutzungs- und Bebauungspläne können die gesetzlich vor­ge­schrie­be­nen Abstandsflächen weiter einschränken oder großzügiger auslegen.
  • Wer die Mindestabstände nicht einhält, benötigt dazu nicht nur die Zustimmung, sondern auch die Kooperation des Nachbarn – bestenfalls im Grundbuch oder Bau­las­ten­ver­zeich­nis abgesichert. Andernfalls droht nicht nur Streit mit dem Nachbarn, sondern auch Ärger mit der Baubehörde.
  • Wie es mit Bestandsschutz für illegale Grenzbebauung aussieht, die mehrere Jahre hingenommen wurde, wird von Baubehörden unterschiedlich gehandhabt und vor Gericht individuell entschieden. Bei einer Nut­zungs­än­de­rung erlischt ein etwaiger Bestandsschutz jedenfalls.

André Heid
Zertifizierte Im­mo­bi­li­en­gut­ach­ter nach DIN 17024 von TÜV, DEKRA, IHK, DIA und EIPOS bewerten Ihre Immobilie sachgemäß.

Was ist Grenzbebauung?

Unter Grenzbebauung verstehen Juristen und Behörden per Definition die Errichtung eines Gebäudes direkt an der Grenze zum Grundstück des Nachbarn. Der Begriff ist ein ver­wal­tungs­recht­li­cher Aspekt des öffentlichen Baurechts.

Prinzipiell gilt, dass ein bestimmter Abstand zwischen den Gebäuden auf benachbarten Grundstücken einzuhalten ist. Wie breit die Abstandsflächen sein müssen, ist regional unterschiedlich geregelt. Es gilt allerdings nicht nur, die jeweilige Lan­des­bau­ord­nung im Hinblick auf Grenzbebauung zu untersuchen, sondern zudem den Bebauungsplan genau zu studieren. Denn auch dort können Mindestabstände verzeichnet sein, die einerseits großzügiger bemessen sein können als die Bauordnung eigentlich erlaubt, andererseits deren Toleranzen auch einschränken kann.

Grenzbebauung im Gesetz und vor Gericht

Das Nach­bar­schafts­recht beschäftigt die Justiz immer wieder. Bisweilen werden recht kuriose Fälle vor Gerichten ausgefochten. Beispiele gefällig?

Steht einem Grund­stücks­ei­gen­tü­mer der Anspruch zu, an der Errichtung einer ortsüblichen Einfriedung mitzuwirken, muss der Nachbar gegebenenfalls die bestehende Mauer an der Grund­stücks­gren­ze zurückbauen (Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs vom 21.09.2018, Aktenzeichen V ZR 302/17).

Wie sieht es mit einem Stapel Brennholz aus? Tatort Rheinland-Pfalz. Direkt an einer Grund­stücks­gren­ze raubt ein knapp zwei Meter hoher Holzstapel einem Grund­stücks­ei­gen­tü­mer das Sonnenlicht. Um das Ärgernis zu beseitigen, zieht er vor das Amtsgericht Wittlich. Das entscheidet zu seinen Ungunsten, obwohl die Lan­des­bau­ord­nung (§ 8 Abs. 6 LBauO R) einen Abstand von drei Metern vorsieht. Nur: Die Vorschrift spielt keine Rolle, da der Brennholzstapel nicht hoch genug ist, damit sie greift. Nicht von Bedeutung ist, dass der 40 cm breite Stapel sich über eine Länge von acht Metern erstreckt, bekräftigt in nächsthöherer Instanz das Landgericht Trier (Aktenzeichen 1 S 151/16).

Gut zu wissen: Da die Gerichte bisweilen zu viele Nachbarschafts-Kleinkriege verhandeln mussten, sehen regionale Regelungen wie das Bayerische Schlich­tungs­ge­setz vor, dass bestimmte Nach­bar­strei­tig­kei­ten wie der Grenzabstand von Pflanzen sowie private Immissionen (Dreck, Lärm, Strahlung) zunächst au­ßer­ge­richt­lich von einem neutralen Schlichter (Notar oder zugelassener Rechtsanwalt) geklärt werden müssen. Erzielen die Parteien keine Einigung, landet der Disput um den Knall­erb­senstrauch am Ma­schen­draht­zaun doch noch vor Gericht.

Tipp: Beugen Sie einem schlechten Verhältnis zu den Nachbarn und etwaigen juristischen Aus­ein­an­der­set­zun­gen vor, indem Sie Abstandsflächen großzügig einhalten.

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Wo sind Grenzbebauung und Abstandsflächen geregelt?

Welche Vorschriften bezüglich der Grenzbebauung für Ihr Grundstück gelten, hängt von den lokalen Gegebenheiten ab. Sie sollten in folgenden sechs Dokumenten nachsehen, welche Abstandsflächen für Sie gelten:

  • Baugesetzbuch (BauGB),
  • Lan­des­bau­ord­nung,
  • Nach­bar­schafts­ge­setz Ihres Bundeslandes,
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, §§ 905 bis 924)),
  • Bebauungsplan,
  • Flä­chen­nut­zungs­plan, falls die Gemeinde noch keinen Bebauungsplan verabschiedet hat.

Der Bebauungsplan kann die gesetzlich definierten Abstandsflächen einer Grenzbebauung beeinflussen. Unter Umständen findet auch das Im­mis­si­ons­schutz­recht in Form des Bundes-Im­mis­si­ons­schutz­ge­set­zes (BImSchG) und seiner Landesableger Anwendung.

Vermessung zwecks Grenzbebauung
Ver­mes­sungs­in­ge­nieur nimmt die Vermessung zwecks Grenzbebauung vor.

Um festzustellen, wo die Grund­stücks­gren­ze verläuft, gelten sowohl das Ab­mar­kungs­ge­setz als auch das Vermessungs- und Katastergesetz. Üblicherweise wird eine Grund­stücks­gren­ze, zumindest in Städten, mit einem Zaun, einer Hecke oder einer Mauer gekennzeichnet. Verpflichtend ist dies nicht. Zumal hier Vorsicht und Abstimmung geboten ist:

  • Wer unterhält die Einfriedung (Zaun/Mauer) und kommt für deren Unterhalt auf?
  • Möglicherweise sind die Anlage und Ausgestaltung einer Einfriedung sogar ge­neh­mi­gungs­pflich­tig, da sie nicht ohne Weiteres vom öffentlichen Baurecht her erlaubt ist.
  • Eine Hecke wiederum unterliegt einem Grenzabstand.

Abstandsflächen zur Grund­stücks­gren­ze

Als grober Richtwert für die deutsch­land­wei­ten Abstandsflächen, die zur Grenze des Nach­bar­grund­stücks eingehalten werden müssen, gilt:

  • Mindestabstand von 2,50 bis drei Meter.
  • Die Abstandsfläche eines Gebäudes erstreckt sich über die komplette Fassadenbreite. Das heißt: Der einzuhaltende Abstand zum Nach­bar­grund­stück beträgt die Gebäudehöhe mal einen Wert zwischen 0,25 und 1 (siehe nachfolgende Tabelle).
  • Handelt es sich bei dem Nach­bar­grund­stück um eine öffentliche Fläche oder einen ebensolchen Weg, müssen sich die Abstandsflächen mindestens zur Hälfte auf dem eigenen Grundstück befinden. Ausnahmsweise darf die andere Hälfte auf angrenzenden öffentlichen Flächen/Wegen liegen.

Die Formel für die Tiefe der Abstandsfläche lautet:

Tiefe der Abstandsfläche = Faktor x (Gebäudehöhe bis zum Dach + Faktor Dachneigung aus der Lan­des­bau­ord­nung x Dachhöhe)

Der Faktor ist ein Wert zwischen 0,25 und 1, abhängig vom Bundesland, der Gebäudeart und der Lage des Grundstücks innerhalb der Gemeinde.

Wie gesagt, das sind lediglich allgemeine Ori­en­tie­rungs­hil­fen. Welche Mindestabstände für Ihr Grundstück in Ihrer Kommune gelten, ergibt sich aus den spezifischeren Regeln der Lan­des­bau­ord­nung, dem Nach­bar­schafts­ge­setz Ihres Bundeslandes sowie dem Bebauungsplan der Gemeinde.

Bundesland Lan­des­bau­ord­nung Faktor Faktor Dachneigung Mindestabstand
Baden-Württemberg § 5 LBO

0,4

Kerngebiete: 0,2

> 45°: 0,25

> 70°: 1

Wände bis 5 m Breite: > 2 m

breiter: > 2,5 m

Bayern § 6 BayBO

0,4

Städte > 250.000 EW: 1

> 45°: 1/3

> 70°: 1

3 m
Berlin § 6 BauO Bln 0,4 k. A. 3 m
Brandenburg § 6 Bbg BO 0,4 k. A. 3 m
Bremen § 6 Brem LBO 0,4

< 70°: 1/3

ab 70°: 1

3 m
Hamburg § 6 HBauO 0,4

< 70°: 1/3

ab 70°: 1

2,5 m
Hessen § 6 HBO 0,4

> 45°: 1/3

> 70°: 1

3 m
Mecklenburg-Vorpommern § 6 LBau M-V 0,4

< 70°: 1/3

ab 70°: 1

3 m
Niedersachsen § 5 NBauO 0,5 k. A. 3 m
Nordrhein-Westfalen § 6 BauO NRW

0,4

Kerngebiete: 0,25

> 45°: 1/3

> 70°: 1

3 m
Rheinland-Pfalz § 6 LBauO 0,4; ggf. < in Kern- und Sondergebieten

> 45°: 1/3

> 70°: 1

3 m
Saarland § 7 LBO 0,4; ggf. < in Kern- und Sondergebieten

> 45°: 1/3

> 70°: 1

3 m
Sachsen § 6 SächsBO 0,4

< 70°: 1/3

ab 70°: 1

3 m
Sachsen-Anhalt § 6 BauO LSA 0,4

< 70°: 1/3

ab 70°: 1

3 m
Schleswig-Holstein § 6 LBO 0,4

> 45°: 0,25

> 70°: 1

3 m
Thüringen § 6 ThürBO 0,4

< 70°: 1/3

ab 70°: 1

3 m

Diese Tabelle ist eine Übersicht, welche Paragraphen der jeweiligen Lan­des­bau­ord­nung Auskunft über Grenzbebauung geben. Die mittels des Faktors errechneten Abstandsflächen werden gegebenenfalls vom Mindestabstand laut Bauordnung (fünfte Spalte) geschlagen. Die Dachneigung gilt auch für Giebelflächen. Für Gewerbe und Industrie gelten oft geringere Abstände, meist Faktor 0,2 oder 0,25.

Die Frage, wie viel Abstand zum Nach­bar­grund­stück gehalten werden muss, lässt sich aus dem Stegreif nicht beantworten. Zumal es auch noch darauf ankommt, was gemacht wird. Wenn Sie beispielsweise Grillen wollen, wird Ihr Nachbar mit seiner Forderung, dass Sie mindestens zehn Meter Abstand zu seinem Grundstück halten sollen, nicht weit kommen – zumindest nicht vor dem Amtsgericht Idstein. Aber zurück zur Grenzbebauung.

Das geht: Sieht ein Bebauungsplan eine geschlossene Bebauung für eine Wohnsiedlung mit Reihenhäusern vor, können Gebäude auf der Grund­stücks­gren­ze errichtet werden. Gleiches gilt, wenn die umliegende Bebauung hauptsächlich geschlossen ist. Bei Reihenhäusern und Dop­pel­haus­hälf­ten entfallen die Abstandsflächen baubedingt üblicherweise. Enthält ein Grenzgebäude weder Auf­ent­halts­räu­me noch Feuerstätten, ist die Unterschreitung der Abstandsfläche ebenfalls zulässig. Beispiele hierfür sind Geräteschuppen oder kleine Garagen.

Hinweis: Abgesehen von einer Grenzbebauung gibt es auch Regeln, wie nah am Nach­bars­grund­stück Sie Hecken, Bäume, Sträucher und Co. pflanzen dürfen. Ausgangsbasis hierfür sind § 910 (Überhang) und § 923 BGB (Grenzbaum).

Auch ein Kompost oder Misthaufen muss einen Si­cher­heits­ab­stand einhalten und darf eine bestimmte Höhe nicht übersteigen. Denn von diesem gehen „unwägbare Stoffe“ aus, was nicht viel mehr heißt als: Der Misthaufen zieht Fliegen und Insekten an – und er stinkt.

Mindestabstand zum Nach­bar­grund­stück unterschreiten

Sie möchten die gesetzlich vorgeschriebene Abstandsfläche unterschreiten? Dafür benötigen Sie einerseits das Einverständnis des betroffenen Nachbarn. Andererseits ist die Grenzbebauung selbst dann nur möglich, wenn der Nachbar die fehlende Abstandsfläche auf seine Fläche übernimmt.

Beispiel: Nehmen wir an, die Abstandsfläche zum nächsten Gebäude muss für Ihr Bauvorhaben drei Meter betragen. Das heißt, ihr Haus muss 1,50 m vom Nach­bar­grund­stück entfernt sein und das nächste Gebäude auf dem Nach­bar­grund­stück muss ebenfalls einen Abstand von 1,50 m zum Zaun einhalten. Sie planen jedoch, bis auf einen halben Meter an den Zaun heranzubauen. Das geht nur, wenn Ihr Nachbar dem zustimmt und gleichzeitig einen Mindestabstand von 2,50 m einhält, um ihr Heranrücken auszugleichen.

Expertentipp: Ein solches Recht zur Grenzbebauung sollten Sie im Grundbuch eintragen lassen. Üblicherweise erhält Ihr Nachbar eine Kom­pen­sa­ti­ons­zah­lung für diese Grund­dienst­bar­keit. Sie erhalten im Gegenzug dafür Rechts­si­cher­heit, denn eine eingetragene Grund­dienst­bar­keit ist nicht an eine Person gebunden, sondern an das Grundstück.

In jedem Fall sollten Sie sich vorab mit der Baubehörde in Verbindung setzen und sich die Genehmigung des zuständigen Bauamts einholen, bevor Sie einen Architekten einschalten. Sollte eine Baugenehmigung erforderlich sein, können Sie drei Monate nachdem Sie den Antrag eingereicht haben, eine Un­tä­tig­keits­kla­ge gemäß Ver­wal­tungs­ge­richts­ord­nung (§ 75 VwGO) gegen die Kommune einreichen, sofern Sie noch keine Rückmeldung erhalten haben.

Bestandsschutz im Baurecht für Grenzbebauung

Wer ohne Erlaubnis zu nah an der Grund­stücks­gren­ze baut, hat ein Problem: Dieses Unrecht verjährt eigentlich nicht. In der Praxis wiederum besteht lediglich eine dreijährige Frist für Einsprüche, konkret: für eine zivilrechtliche Klage.

Selbst wenn der Schwarzbau ein halbes Jahrhundert lang niemanden gestört hat und womöglich sogar im Grundbuch eingetragen ist (Ausnahme: regelkonforme Eintragung als Grund­dienst­bar­keit), bleibt er illegal. Kann ein neuer Eigentümer des Grundstücks nebenan die Beseitigung der wi­der­recht­li­chen Grenzbebauung auf Kosten des Grund­stücks­ei­gen­tü­mers, auf dessen Boden der Schwarzbau steht, einfordern? Fragen Sie drei Juristen und Sie erhalten dazu vermutlich vier Antworten.

Beispiel aus der Rechtspraxis: Ein Grund­stücks­ei­gen­tü­mer hat eine Sichtschutzwand an der Grund­stücks­gren­ze errichtet, die eigentlich ge­neh­mi­gungs­pflich­tig wäre und nicht im Einklang mit dem öffentlichen Baurecht ist. Sein Nachbar hat dies toleriert. Vier Jahre später wurde das Nach­bar­grund­stück verkauft. Weitere vier Jahre später erfuhren die neuen Nachbarn, dass die Sichtschutzwand baurechtswidrig war. Sie forderten die Baubehörde erfolglos auf, etwas unternehmen. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Schleswig-Holstein wies die daraufhin eingereichte Klage ab. Das entsprechende Nachbarrecht sei bereits verwirkt. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bestätigte diese Auffassung (Aktenzeichen 1 LA 44/17).

Auf Nummer sicher gehen: Legt die Gemeinde in ihrer Satzung fest, dass der Schwarzbau rechtmäßig ist, gilt für diese Grenzbebauung ein Bestandsschutz. Das gilt selbst dann, wenn diese Rechtmäßigkeit nur vorübergehend ist. Heißt: Eine spätere Sat­zungs­än­de­rung hebt den einmal bestehenden Bestandsschutz nicht mehr auf.

Was genau bedeutet Bestandsschutz? Der Bestandsschutz berechtigt den Eigentümer, eine bauliche Anlage auf seinem Grundstück auch dann erhalten zu dürfen, wenn die Anlage mit dieser Nutzungsform durch eine Änderung der Rechtslage so nicht mehr neu gebaut werden dürfte. Der Bestandsschutz ist also direkt an die Nutzungsart gekoppelt. Nehmen Sie Baumaßnahmen an dieser baulichen Anlage vor oder ändern ihre Nutzung, so verfällt der Bestandsschutz.

Lesetipp: Wie es um den Bestandsschutz von Gebäuden bezüglich energetischer Verpflichtungen steht, erfahren Sie in unserem Beitrag zum Ge­bäu­de­en­er­gie­ge­setz.

Hühnerhaus an Grundstücksgrenze
Wenn Sie Ihr Hühnerhaus an der Grund­stücks­gren­ze umnutzen möchten, verfällt der Bestandsschutz.

Ein fiktives Beispiel: Ein Landwirt hat vor Urzeiten ein großes Hühnerhaus an der Grund­stücks­gren­ze zum Nachbarn errichtet. Dies dürfte er heute aufgrund der geltenden lokalen Regelungen nicht mehr errichten. Der Landwirt ist inzwischen von Hühnerhaltung auf Ackerbau umgestiegen. Die Saisonarbeiter möchte er im Hühnerhaus unterbringen, das er hierfür umbauen möchte. Durch die geänderte Nutzungsart von Hühnerresidenz zu Unterbringung von menschlichen Arbeitskräften verfällt der Bestandsschutz für diese bauliche Anlage. Der Landwirt braucht eine neue Genehmigung sowie die Zustimmung des Nachbarn.

Achtung: Eine Nut­zungs­än­de­rung hebt einen etwaigen Bestandsschutz auf.

Lesetipp: Erfahren Sie mehr über die Bewertung von Ackerland.

Abriss von Grenzbebauung

Ihr Nachbar verstößt mit seinem Schwarzbau gegen die Lan­des­bau­ord­nung oder den Bebauungsplan? Sein Bau ist Ihnen ein Dorn im Auge? Fragen Sie beim Bauamt nach, ob die missfallende Grenzbebauung überhaupt legal ist. Handelt es sich um einen wi­der­recht­li­chen Bau, müsste das Bauamt den Grund­stücks­ei­gen­tü­mer des Schwarzbaus eigentlich zum Abriss oder Rückbau auffordern. In der Praxis mischen sich einige Bauämter jedoch nicht in einen Nach­bar­schafts­streit ein, obwohl sie es müssten. Dann landet der Kleinkrieg entlang der Grund­stücks­gren­ze vor einem Schlichter und im schlimmsten Fall bei fortbestehender Uneinigkeit anschließend vor Gericht.

Für widerrechtlich errichtete Grenzbauten gibt es zwar keine Ver­jäh­rungs­frist. (Wann ist eine Grenzbebauung widerrechtlich?) Dennoch ist nicht gewährleistet, dass Sie vor Gericht zu Ihrem Recht kommen. Normalerweise müsste der Schwarzbau vom verursachenden Grund­stücks­ei­gen­tü­mer auf dessen Kosten beseitigt werden. Vereinzelt fallen Urteile aber zugunsten illegaler Bauten aus – mit dem Ergebnis, dass der Be­schwer­de­füh­rer nichts gewonnen hat und noch dazu auf den Gerichtskosten sitzen bleibt.

Beispiel: Die Stadt Wiesbaden hat ein Nutzungsverbot für einen Schwarzbau erlassen. Das Ver­wal­tungs­ge­richt hob dieses Verbot auf. Der Grund für dieses Urteil zugunsten des Schwarzbauers war nicht etwa der, dass der Bau legal war – er wurde seitens des Gerichts zweifelsfrei als illegal eingestuft. Doch der Vorstoß der Stadt Wiesbaden verstieß gegen den Grundsatz der Gleich­be­hand­lung. Im betroffenen Areal befinden sich nämlich rund 200 vergleichbare illegale Objekte, gegen die die Stadt nicht vorgegangen ist und dies allem Anschein nach in der nächsten Zeit auch nicht vorhabe [vgl. Ver­wal­tungs­ge­richt Wiesbaden, Urteil vom 18. 04. 2007, Aktenzeichen 3 E 650/06(V)].

Die besten Chancen auf einen Abriss oder Rückbau von Grenzbebauung ohne Baugenehmigung bestehen, wenn die Gemeinde den Schwarzbau beanstandet und dabei nicht nur mit Abstandsflächen, sondern obendrein mit Brand­schutz­kri­te­ri­en argumentiert. Beispielsweise musste ein Grund­stücks­ei­gen­tü­mer in Gossersweiler-Stein eine Garage, für die er keine Baugenehmigung hatte, deshalb noch vor deren Fertigstellung beseitigen (vgl. Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. 10. 2015, Aktenzeichen 8 A 10833/15).

FAQs zur Grenzbebauung

Wir geben Ihnen Antworten auf die häufigsten Fragen zur Grenzbebauung und Abstandsflächen.

Brauche ich das Einverständnis des Nachbarn, wenn ich zu nah an der Grund­stücks­gren­ze baue?

Im Regelfall ist es erforderlich, dass Sie sich die Nach­bar­zu­stim­mung holen, bevor sie den Mindestabstand zu dessen Grund­stücks­gren­ze unterschreiten. Die Ein­ver­ständ­nis­er­klä­rung des Nachbarn ist die Grund­vor­aus­set­zung dafür, dass Ihnen die Grenzbebauung hinterher nicht um die Ohren fliegt, Ge­richts­pro­zes­se nach sich zieht und teure Rück­bau­maß­nah­men in Gang setzt. Auch die Bewilligung der Eintragung einer Baulast im Bau­las­ten­ver­zeich­nis (in Bayern im Grundbuch) setzt die Nach­bar­zu­stim­mung voraus – und zwar idealerweise in Form einer detaillierten Ein­ver­ständ­nis­er­klä­rung. Wann eine Zustimmung des Nachbarn nicht notwendig ist, erklären wir in der nachfolgenden Frage.

Ganz wichtig ist die Zustimmung des Nachbarn, wenn Sie auf der Grund­stücks­gren­ze eine Mauer errichten wollen. Eine Baugenehmigung für eine solche Mauer kann der Nachbar nämlich innerhalb von vier Wochen nach Erteilung (An­gren­zer­be­nach­rich­ti­gung) anfechten.

Welche Art von Grenzbebauung muss der Nachbar dulden?

Muss der Bauherr wegen Baulinien oder ähnlichen Vorgaben an die Grund­stücks­gren­ze heranbauen, benötigt er hierfür keine Genehmigung des Nachbarn. Baulinien sind rote Linien im Bebauungsplan, die den Grund­stücks­ei­gen­tü­mer zur Bebauung verpflichten.

Für privilegierte Fälle von Grenzbebauung, wie Carport, Garage oder Gartenhaus, ist keine Nach­bar­zu­stim­mung nötig.

Was ist ein Aufenthaltsraum im Baurecht?

Abstandsflächen sind häufig nur dann einzuhalten, wenn die Gebäude der Grenzbebauung einen Aufenthaltsraum haben. Aber wie wird dieser Aufenthaltsraum definiert? Hier kocht wieder einmal jedes Bundesland sein eigenes Süppchen. Wir picken uns eines davon zur Ver­an­schau­li­chung exemplarisch heraus.

So gelten beispielsweise in Nordrhein-Westfalen seit der Lan­des­bau­ord­nung 2018 (§ 46 BauO NRW) folgende Messkriterien für einen Aufenthaltsraum im Sinn der Grenzbebauung:

  • Die lichte Raumhöhe beträgt mindestens 2,40 m.
  • In Wohnimmobilien der Gebäudeklassen 1 und 2 sind bereits 2,30 m ausreichend.
  • Für Keller- und Dachgeschoss werden die Mindesthöhen für Auf­ent­halts­räu­me noch weiter gesenkt – auf 2,20 m.
  • Ist eine Dachschräge im Spiel, muss mindestens die Hälfte der Grundfläche dieses Raumes eine lichte Höhe von 2,20 m haben.

Gelten für Reihenhäuser die gleichen Abstände zur Grund­stücks­gren­ze wie für Ein­fa­mi­li­en­häu­ser?

Nein. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Regeln zur Grenzbebauung bei Reihenhäusern aufgehoben werden. Vorgeschriebene Abstandsflächen entfallen bei Reihenhäusern üblicherweise.

Welche Abstandsflächen gelten für ein Doppelhaus?

Für Dop­pel­haus­hälf­ten, die als ein Gebäude errichtet worden, gilt im Allgemeinen das Gleiche wie für Reihenhäuser: Abstandsflächen sind hinfällig. Ein Merkmal der Dop­pel­haus­hälf­te ist es schließlich, dass zwei Parteien direkt nebeneinander wohnen, sich quasi die Bausubstanz teilen.

Welche Abstandsflächen gelten für Grenzbebauung im Gewerbegebiet?

In Gewerbegebieten gelten meist die gleichen Mindestabstände zum Nach­bar­grund­stück wie für Wohngebäude. Ausschlaggebend sind die Regularien der einzelnen Lan­des­bau­ord­nun­gen, die wir in der Tabelle im Abschnitt „Abstandsflächen zur Grund­stücks­gren­ze“ eingefügt haben. Wird die Abstandsfläche per Formel berechnet, wird für Gewerbe und Industrie in den meisten Bundesländern ein deutlich niedrigerer Faktor angesetzt, nämlich meist 0,2 oder 0,25 anstatt 0,4.

Möchten Sie mehr über die Wertermittlung von gewerblich genutzten Objekten erfahren, lesen Sie unseren Ratgeber „Bewertung von Ge­wer­be­im­mo­bi­li­en“ oder kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches und kostenloses Erstgespräch.

Wie hoch darf eine Grenzbebauung sein?

Die Höhe einer Grenzbebauung richtet sich nach der Art der Bebauung und den regionalen Vorgaben. Informieren Sie sich ausführlich und projektbezogen darüber, welche Abstandsflächen und Maximalhöhen für Ihr Vorhaben in Ihrem Ort gelten. Allgemein kann man sagen, dass Grenzbebauung, für die keine Baugenehmigung erforderlich ist oder bereits eine existiert, bis zu einer Höhe von 3 Metern üblicherweise in Ordnung geht. Ausnahmen wie Zäune, Mauern, Hecken bestätigen die Faustregel.

Wo gilt das 16-Meter-Privileg für Grenzbebauung?

Um die Tiefe der Abstandsfläche zu berechnen, galt früher das 16-Meter-Privileg, auch Schmal­sei­ten­pri­vi­leg genannt. Es wurde durch eine Formel ersetzt:

Tiefe der Abstandsfläche = Faktor x (Gebäudehöhe bis zum Dach + Faktor Dachneigung aus der Lan­des­bau­ord­nung x Dachhöhe)

Das 16-Meter-Privileg besagt(e), dass bei höchstens zwei Wänden, die weniger als 16 Meter lang sind, nur die halbe Gebäudehöhe relevant ist (anstatt des Faktors). Dieses Prinzip galt bis vor Kurzem nur noch in Bayern und Nordrhein-Westfalen (NRW), ist dort aber mittlerweile ebenfalls aus der Lan­des­bau­ord­nung gestrichen worden. Der Faktor beträgt je nach Bundesland, Gebäudeart und Kerngebiet zwischen 0,25 und 1.

Wann ist eine Grenzbebauung widerrechtlich?

Eine Grenzbebauung ist widerrechtlich und damit juristisch angreifbar, wenn

  • sie den Mindestabstand zum Nach­bar­grund­stück unterschreitet und dessen Zustimmung fehlt, obwohl diese formal notwendig ist;
  • keine Baugenehmigung eingeholt wurde, obwohl das Bauvorhaben ge­neh­mi­gungs­pflich­tig ist;
  • das Bauprojekt abweichend von den Bestimmungen der erteilten Baugenehmigung umgesetzt wurde;
  • ein Verstoß gegen den geltenden Bebauungsplan vorliegt; das gilt auch dann, wenn alle Paragraphen der Bauordnung berücksichtigt wurden.

Wann verjährt Grenzbebauung?

Grenzbebauung verjährt nicht. Haben Sie oder Ihr Nachbar die Abstandsflächen zum Nach­bar­grund­stück nicht eingehalten, obwohl hierfür die Zustimmung des Nachbarn und/oder eine Baugenehmigung erforderlich gewesen wäre, können Gemeinde und Nachbar prinzipiell jederzeit auf Abriss/Rückbau klagen.

Wer haftet für Schäden durch illegale Grenzbebauung?

Verursacht eine widerrechtliche Grenzbebauung einen Schaden, muss prinzipiell der Verursacher beziehungsweise der Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Schwarzbau steht, für Schadenersatz aufkommen. Dazu haben wir exemplarisch ein Urteil des Ober­lan­des­ge­rich­tes Hamm vom 17. 10. 2019 (Aktenzeichen 24 U 146/18) gefunden: Eine Grund­stücks­ei­gen­tü­me­rin hat einen Brennholzstapel direkt an der Grund­stücks­gren­ze errichtet. Als dieser brannte, griffen die Flammen auf die Doppelgarage des Nachbarn über und beschädigten dessen Ferraris. Das Landgericht Hagen wies dessen Klage zunächst ab. In der Berufung legte der Kläger dar, dass das Feuer seine Garage gar nicht erreicht hätte, wenn die Nachbarin keine Bau­ord­nungs­wid­rig­keit begangen hätte, indem sie den Mindestabstand des Holz­un­ter­stan­des unterschritt. Das OLG Hamm teilte diese Auffassung, sodass die Brandursache im Hinblick auf den Schadenersatz unerheblich war. Die Grund­stücks­ei­gen­tü­me­rin musste ihrem Nachbarn für die Schäden an dessen Garage und Ferraris 35.000 Euro bezahlen.

Was ist das Fensterrecht?

Grundsätzlich gilt in Deutschland ein Recht auf Fenster. Das bedeutet, eine bauliche Anlage darf auch an einer Grund­stücks­gren­ze Fenster haben. Diesem Recht kann der Nachbar jedoch einen Riegel vorschieben, wenn seine Privatsphäre durch das Fenster verletzt wird. Sprich: Können Sie sein Grundstück und vor allem seinen Wohnbereich durch das Fenster beobachten, darf Ihr Nachbar von seinem Fens­ter­ab­wehr­recht Gebrauch machen und Ihren Fenstereinbau juristisch vereiteln. Das Fensterrecht kann auch auf Balkone und Erker angewandt werden.

Was ist das Licht­schutz­recht?

Das Licht­schutz­recht ist das Gegenstück des Fens­ter­ab­wehr­rechts. Es besagt, dass ein rechtmäßig eingebautes Fenster in der Nähe einer Grund­stücks­gren­ze durch bauliche Anlagen auf dem Nach­bar­grund­stück nicht so verschattet werden darf, dass die dahinter liegenden Räume nicht mehr ausreichend Licht und Luft erhalten. Sowohl für das Licht­schutz­recht als auch für das Fens­ter­ab­wehr­recht gelten Mindestabstände. Geregelt sind Fensterrecht, Fens­ter­ab­wehr­recht und Licht­schutz­recht in den Nach­bar­rechts­ge­set­zen der Bundesländer.

Wo finde ich die Bauordnung für mein Bundesland?

Sämtliche Bauordnungen für Deutschland, Österreich und die Schweiz, finden Sie auf bauordnungen.de. Neben den Bundesgesetzen stehen dort die Lan­des­bau­ord­nun­gen aller Bundesländer und Kantone zur Verfügung oder werden verlinkt. Erste Anlaufstelle zur Grenzbebauung ist jeweils der Paragraph zu Abstandsflächen.

So werden verschiedene Arten von Grenzbebauung gehandhabt

Meistens geht es bei einer Grenzbebauung um Aufzüge, Balkone & Erker, Carports, Dächer, Dachgauben & Dachrinnen, Garagen, Garten- und Gewächshäuser, Pavillons, eine Pergola, Solaranlagen & Windräder, Terrassen, Wintergärten, Zäune, Mauern & Hecken. Inzwischen haben sogar Holzstapel als Streit­ge­gen­stand der Grenzbebauung Einzug in manche Lan­des­bau­ord­nung gefunden.

Gut zu wissen: Gebäude und Anlagen, die die öffentliche Versorgung mit Gas, Strom oder Wasser sicherstellen, müssen bisweilen keine oder geringere Abstände zu Grund­stücks­gren­zen einhalten. Einzelne Länder haben zudem die Aufstellung von Antennen und Masten in der Bauordnung geregelt.

Aufzüge

Um die Bar­rie­re­frei­heit zu fördern, dürfen vielerorts Abstände zur Grund­stücks­gren­ze verringert werden.

In Berlin und Brandenburg können geringere Tiefen von Abstandsflächen zugelassen werden, wenn bestehende Gebäude außen einen Aufzug oder eine Treppe bekommen – sofern der Abstand zur Nachbargrenze noch drei Meter beträgt und keine wesentlichen Be­ein­träch­ti­gun­gen zu befürchten sind.

In Hessen sind nachträglich angebaute Aufzüge unkritisch, solange sie nicht weiter als 1,70 m vor die Außenwand treten, deren Höhe nicht überschreiten und zumindest noch zwei Meter von Nach­bar­grund­stü­cken entfernt sind.

In Niedersachsen darf der Abstand unterschritten werden von „Gebäudeteilen, die ausschließlich der Aufnahme von Aufzügen zur nachträglichen Herstellung der Bar­rie­re­frei­heit einer vor dem 1. Januar 2019 rechtmäßig errichteten oder genehmigten baulichen Anlage oder eines Teils einer baulichen Anlage dienen und höchstens 2,50 m vor die Außenwand vortreten und von der Grenze des Baugrundstücks mindestens 1,50 m Abstand halten“.

moderner Aufzug
Außenaufzüge profitieren oft von geringeren Abstandsflächen.

Balkon & Erker

Für Erker und Balkone ähnelt sich das Baurecht in den Bundesländern in puncto Grenzbebauung stark. Solche einzelnen Sonderbauteile werden bei der Berechnung einer Abstandsfläche meist ignoriert, wenn

  • sie weniger als 1,50 m aus dem Gebäude herausragen und
  • sich über weniger als ein Drittel der Fassadenfläche erstrecken.

Unter anderem die Hessische und die Nie­der­säch­si­sche Bauordnung schließen Haus­ein­gangs­trep­pen samt deren Überdachung mit ein.

Carport

Für Carports sind Abstandsflächen im Regelfall bedeutungslos. Das ändert sich erst, wenn bestimmte (regional geltende) Höchstmaße überschritten werden. Zum Beispiel gilt in Baden-Württemberg, dass ein Carport, eine Garage, ein Gewächshaus oder ein anderes Gebäude ohne Aufenthaltsraum ohne Be­rück­sich­ti­gung einer Abstandsfläche gebaut werden dürfen, solange die Wand höchstens 3 m hoch ist und ihre Fläche maximal 25 m² umfasst. In anderen Bundesländern gelten ähnliche Regelungen. Erst, wenn diese Maße überschritten werden, müssen die Grenzabstände gemäß Lan­des­bau­ord­nung eingehalten werden.

Dach & Dach­ent­wäs­se­rung

Bei der Dachfläche kommt viel auf den Neigungswinkel an. Beträgt dieser mehr als 70 Grad, wird das Dach voll auf die Gebäudehöhe angerechnet. Dächer mit geringerem Neigungswinkel werden nur zu einem Drittel oder einem Viertel auf die Höhe des Bauwerks angerechnet. In welchem Bundesland aktuell (Stand: 02.09.2021) welche Neigungswinkel gelten, entnehmen Sie der Tabelle im Abschnitt „Abstandsflächen zur Grund­stücks­gren­ze“.

Dacharten & Neigungswinkel

Dacharten und ihre Neigungswinkel
Acht gängige Dachformen und ihre Neigungswinkel.

Ein Mansardendach ist im unteren Teil der Dach­kon­struk­ti­on rund 70 Grad geneigt, im oberen nur noch um die 30 Grad.

Bei einem Nurdach beträgt der Neigungswinkel meist zirka 60 Grad, mindestens jedoch 45 Grad.

Das Pultdach ist tendenziell eher flach. Der Neigungswinkel beträgt mindestens elf und maximal 60 Grad. Eine besondere Variante des Pultdachs ist das Schleppdach. Damit werden viele Carports, Garagen und Lagerstellen wie Brennholzstapel überdacht

Beim Sägezahndach (Fachbegriff: Sheddach) gelten Neigungswinkel wie beim Pultdach, also bis zu 60 Grad.

Ein Satteldach ist in Deutschland zwischen 38 und 45 Grad geneigt.

Ein Walmdach hat häufig einen Neigungswinkel von zirka 25 Grad, maximal 35 Grad.

Zeltdächer haben typischerweise Winkel von 20 bis 30 Grad. Soll der Raum direkt unter dem Zeltdach bewohnt werden können, sind Neigungswinkel von mindestens 35 Grad nötig.

Dachüberstand

Dachüberstände, Gesimse und Co. werden bei der Bemessung von Abstandsflächen nicht berücksichtigt, sofern sie nicht allzu weit aus dem Gebäude herausragen. Wie weit „nicht allzu weit“ ist, handhaben die Bundesländer unterschiedlich. Beispiele:

In Brandenburg dürfen die Bauteile nur einen Meter aus der Außenwand vortreten und müssen zumindest noch zwei Meter vom Nach­bar­grund­stück Abstand halten. In Nordrhein-Westfalen dürfen sie 1,50 m vortreten. In Niedersachsen darf ein Dachüberstand oder Gesims den Mindestabstand allenfalls um einen halben Meter unterschreiten. In Bayern und Hamburg gibt es keine in Metern gemessene Einschränkung für Dachüberstand und Gesims – diese zählen einfach nicht bei der Betrachtung der Abstandsfläche. Die genauen Vorgaben entnehmen Sie der jeweiligen Lan­des­bau­ord­nung.

Dachgauben

Für Dachaufbauten und Dachgauben gelten üblicherweise die gleichen Berechnungen und Bauregeln wie für das Dach an sich. Ob die Dachgaube privilegiert ist oder nicht, hängt vom Neigungswinkel ab.

So heißt es beispielsweise in der Lan­des­bau­ord­nung in NRW (§ 6 Abs. 4 BauO NRW), dass zur Wandhöhe, die für die Abstandsflächen maßgeblich ist, Dachteile mit einer Neigung von mehr als 70 Grad voll der Höhe hinzugerechnet werden. „Dächer mit Dachaufbauten und Dachgauben, deren Gesamtlänge je Dachfläche mehr als die Hälfte der dar­un­ter­lie­gen­den Gebäudewand beträgt […]“ werden hingegen nur mit einem Drittel der Höhe zugeschlagen.

Dach­ent­wäs­se­rung/Dachrinne

Die Dach­ent­wäs­se­rung, sprich Regenrinne, ist ein häufiges Streitthema im Rahmen einer Grenzbebauung. Baut ein Nachbar seine Garage direkt an die Grund­stücks­gren­ze, ragt die Regenrinne meist einige Zentimeter in den Luftraum des angrenzenden Grundstücks. Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn Sie selbst ebenfalls eine Garage, ein Carport oder beispielsweise ein Gartenhaus an dieser Stelle errichten möchten.

Wenn es um die Entfernung von Dachrinnen im Nach­bar­schafts­streit geht, wird häufig das Urteil des Landgerichts Kassel vom 15. 01. 1999 angeführt (Aktenzeichen: 10 S 127/98). Die Richter bestätigten die Rechts­auf­fas­sung der Klägerin, dass die Dachrinne des Nachbargebäudes auf Kosten des Nachbarn entfernt werden muss, da diese die Grund­stücks­gren­ze in der Luft überschreitet. Der Be­sei­ti­gungs­an­spruch ist durch die Paragraphen 905 und 1004 BGB gedeckt.

Ragt die Dachrinne allerdings nicht über die Grund­stücks­gren­ze, sondern verringert lediglich den Mindestabstand zum Nachbarn, dürfte eine Klage aussichtslos sein. In den meisten Lan­des­bau­ord­nun­gen werden Dachrinnen nämlich als übergreifende, untergeordnete Bauteile betrachtet. Diese erhöhen die nutzbare Fläche des Bauwerks nicht und sind damit ver­nach­läs­sig­bar.

Eine Klage muss in Ihrem Bundesland auch nicht von Erfolg gekrönt sein, wenn vergleichbare Voraussetzungen wie beim Kasseler Urteil bestehen. So besagt § 7b des Nach­bar­rechts­ge­set­zes in Baden-Württemberg zum Thema Überbau: „Darf nach den baurechtlichen Vorschriften unmittelbar an die gemeinsame Grund­stücks­gren­ze gebaut werden, so hat der Eigentümer des Nach­bar­grund­stücks in den Luftraum seines Grundstücks übergreifende untergeordnete Bauteile, die den baurechtlichen Vorschriften entsprechen, zu dulden, solange diese die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen.

Garage

Garagen gelten im Allgemeinen als zulässige Grenzbebauung, solange sie bestimmte Maße nicht überschreiten. Welche Höchstmaße von Baubehörden und Bauordnungen festgeschrieben sind, bewegt sich deutschlandweit in einem vergleichbaren Rahmen, jedoch existieren kleine Längen- und Flä­chen­un­ter­schie­de in den un­ter­schied­li­chen Bundesländern.

So benötigt eine Garage in Brandenburg „mit einer mittleren Wandhöhe der grenznahen Wand bis zu 3 Meter und einer Ge­samt­ge­bäu­de­län­ge je Grund­stücks­gren­ze von 9 Meter“ keinen Abstand zum Nach­bar­grund­stück – Zumindest nicht, wenn die Dachneigung allenfalls 45 Grad beträgt.

In Hessen ist es erlaubt, eine Garage ohne Baugenehmigung an der Grund­stücks­gren­ze zu errichten. Dafür müssen lediglich drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Garage entsteht innerhalb einer Baulinie.
  • Die Grundfläche beträgt höchstens 50 m².
  • Die Garage hat keine Fenster zum Nach­bar­grund­stück hin.

In Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen sind Grenzgaragen bis zu einer Nutzfläche von 30 m² ge­neh­mi­gungs­frei. In Rheinland-Pfalz und im Saarland darf die Seitenlänge der Garage höchstens 12 Meter betragen. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, gibt es trotzdem eine Möglichkeit, die Garage, ein Gartenhaus oder Ähnliches direkt an der Grenze zum Nachbarn zu bauen – nämlich dann, wenn der Nachbar bereits an die Grenze gebaut hat. Sie dürfen Ihre Garage sogar direkt an seine Garage anbauen, solange durch Ihren Anbau nichts beschädigt wird.

Unter anderem in Bayern und NRW sind nicht nur Garagen ohne (eigene) Abstandsflächen an der Grund­stücks­gren­ze zulässig, sondern auch deren Nebenräume, Aufzüge zu Tiefgaragen sowie überdachte Zufahrten zu Tiefgaragen (überdachte Stellplätze).

Aber Vorsicht vor dem Grenzgaragenbau in Nordrhein-Westfalen! Dafür benötigen Sie eine Baugenehmigung. Lediglich Garagen mit einer Nutzfläche von höchstens 100 m² dürfen ohne eine Genehmigung grenznah errichtet werden – wenn sie im Geltungsgereich eines Bebauungsplans liegen. Die Genehmigung entfällt möglicherweise, wenn Sie ein Frei­stel­lungs­ver­fah­ren gemäß § 67 BauO NRW erfolgreich anwenden. Ganz so schwer machen es Ihnen die Baubehörden in NRW dann doch wieder nicht beim Bau von Garagen und Carports an der Grund­stücks­gren­ze: Bei einer Größe von bis zu 1000 m² können Sie eine vereinfachtes Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren beantragen. Sie erhalten dann binnen eines Monats (anstatt zwei) eine Baugenehmigung (oder Absage), da der Sachbearbeiter nicht alle Unterlagen prüft.

Doppelgarage aus Holz mit Überbau
Doppelgarage aus Holz: Genügend Platz für Wohnraum im Überbau – aber ist das auch erlaubt?

Aufbauten auf der Garage

Spannend wird es, wenn eine Solaranlage auf das Garagendach soll. Überschreitet die Garage durch den Aufbau der Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge die zulässige Höhe für eine ge­neh­mi­gungs­freie Grenzbebauung, besteht für den Nachbarn die Möglichkeit, gegen die Solaranlage vorzugehen. Allerdings steht die Gemeinde womöglich voll hinter der Produktion von Solarstrom und sieht für ein Solarmodul auf der Garage eine Ausnahme vor.

Wesentlich klarer ist der Fall, wenn eine Garage einen Überbau bekommt, also wenn ein Wohnraum darauf gebaut wird. Dann handelt es sich nämlich nicht mehr um eine privilegierte Garage zur reinen Nutzung als Fahr­zeug­un­ter­stand oder Abstellplatz, sondern um ein Wohngebäude beziehungsweise ein Gebäude mit Aufenthaltsraum. Dadurch gelten die Abstandsflächen für Grenzbebauung.

Gartenhaus

Gartenhäuser werden normalerweise nicht von Abstandsregeln eingeschränkt. Solange keine Höhengrenzen überschritten werden, dürfen Gartenhäuser und Geräteschuppen ebenso wie Gewächshäuser direkt ans Nach­bar­grund­stück herangebaut werden. Errichten Sie den Schuppen beziehungsweise das Gartenhaus innerhalb der Grenzbebauung, dürfen Sie keine Fenster in Wänden einziehen, die einen Blick auf das Nach­bar­grund­stück ermöglichen.

Hinweis: Manche Lan­des­bau­ord­nun­gen unterscheiden zwischen einem Gewächshaus im Garten von Privatpersonen und zwischen einem land­wirt­schaft­li­chen Gewächshaus. Gewächshäuser von Gärtnereien und Agrarbetrieben sind wesentlich größer als das von Glas umgebene Gemüsebeet im heimischen Garten und werden (grenz)baurechtlich genauer betrachtet. So beträgt der Mindestabstand eines land­wirt­schaft­li­chen Gewächshauses zum Nach­bar­grund­stück in Baden-Württemberg zumindest einen Meter.

Solange ein solches Häuschen keinen Aufenthaltsraum beinhaltet, gibt es zum Beispiel in Baden-Württemberg bis zu einer Wandhöhe von drei Metern und einer Wandfläche von 25 m² keine Probleme mit dem Gesetz und der Baubehörde. Auch in Nordrhein-Westfalen sind Gartenhäuser bis zu einer Wandhöhe von drei Metern bei einer Gebäudelänge von maximal neun Metern ge­neh­mi­gungs­frei. Die meisten Bundesländer haben ähnliche Höchstmaße und Regeln in ihrer jeweiligen Lan­des­bau­ord­nung festgeschrieben.

In Hessen gelten für Gartenhäuser die gleichen Regeln wie für hessische Garagen: Bei einer Grundfläche von allenfalls 50 m² dürfen Sie ein Gartenhaus direkt an der Nachbargrenze errichten, sofern dies innerhalb der Baulinie erfolgt.

Gartenlaube in Kleingartenanlage
Für Gartenlauben in Klein­gar­ten­an­la­gen gelten in Berlin Son­der­re­ge­lun­gen.

Berlin hat in seiner Bauordnung einen § 6a für Abstandsflächen in Klein­gar­ten­an­la­gen ergänzt. In diesem ist der Abstand von Lauben zueinander (acht Meter) und zu Par­zel­len­gren­zen (prinzipiell 1,50 m) festgehalten. „Zulässig ist auch die Errichtung von Lauben bis an die Par­zel­len­gren­zen, wenn auf andere Weise sichergestellt ist, dass der Abstand zwischen den benachbarten Lauben mindestens 3 m beträgt.“ In den acht Meter zwischen zwei Lauben un­ter­schied­li­cher Parzellen darf bis auf eine Einfriedung nichts im Weg sein, weder Nadelbäume noch Gartenabfälle (Kompost), geschweige denn bauliche Anlagen.

Achtung: Sind Sie Berechtigter einer Son­der­nut­zungs­flä­che Garten in einer Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft sollten Sie die Zustimmung Ihrer Miteigentümer einholen, bevor Sie eine Gartenlaube errichten – unabhängig von Abstandsflächen. Denn ein Gartenhaus ändert das ästhetische Bild der gesamten Wohnanlage und wird daher leicht zum Streitthema. Dass so ein Gartenhaus-Vorstoß ins Auge gehen kann, hat zum Beispiel die Son­der­nut­zungs­be­rech­tig­te einer Wohnanlage in München erfahren. Das Amtsgericht München (Aktenzeichen: 484 C 22917/16 WEG) verurteilte sie am 14. 02. 2018 dazu, das neue Gartenhaus wieder zu entfernen.

Pavillon

Ein festverankerter Pavillon im Garten ist ge­neh­mi­gungs­pflich­tig und muss den Mindestabstand zum Nach­bar­grund­stück einhalten.

Sollten Sie bei Ihrer Recherche auf den Begriff „Pavillonabstand“ treffen, geht es dabei nur ganz selten um Ihren Pavillon im Garten. Stattdessen meint dieser Begriff im Baurecht, dass Gebäude gemäß Baugesetzbuch (§ 34 BauGB) oder älteren Baurechten wie Fluchtlinien oder einer Staf­fel­bau­ord­nung mit geringeren Abstandsflächen zu seitlichen oder vorderen Grund­stücks­gren­zen erbaut wurden, als sie dies mittlerweile müssten. Der Begriff „Pavillonabstand“ ist allerdings nicht normiert, sodass es nicht immer um Vorschriften der Lan­des­bau­ord­nun­gen geht. Anders ausgedrückt: Pavillonabstand dreht sich heutzutage meist um eine ebenerdige Leichtbauweise. Der Begriff existiert aber schon seit Jahrhunderten, seit im Barock Lustschlösschen und offene Unterstände (Pavillons) in Parkanlagen errichtet wurden.

Pergola & Spalier

Eine Pergola fällt ebenso wie ein Spalier unter das Nachbarrecht. Der Grenzabstand richtet sich nach der Höhe. Da Pergola und Spalier-Vorrichtungen in Lan­des­bau­ord­nung und Nach­bar­rechts­ge­setz eher nicht mit einem eigenen Abschnitt bedacht werden, gelten die Grenzabstände und Höhen für Hecken.

So gelten in Thüringen einzuhaltende Abstände von:

  • 25 cm bei Hecken unter einem Meter,
  • 50 cm bei höheren Hecken bis zu 1,50 m,
  • 75 cm Abstand bei Hecken zwischen 1,50 und zwei Metern Höhe.

Auf der sicheren Seite sind Grund­stücks­ei­gen­tü­mer, wenn sie eine Bauvoranfrage beim zuständigen Bauamt einreichen.

Solaranlage & Windrad

Da die Energiewende ein Thema auf der Agenda der Regierenden ist und Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen gefördert werden, macht sich der politische Wille hin zu Solarstrom auch im Baurecht bemerkbar.

In den meisten Bauordnungen sind Solaranlagen nicht von Abstandsflächen betroffen. Dies gilt einerseits für ge­bäu­de­un­ab­hän­gi­ge Solaranlagen (Standardwerte: drei Meter maximale Höhe, neun Meter Gesamtlänge entlang der Grund­stücks­gren­ze), also zum Beispiel im Garten aufgestellte Solarmodule.

Andererseits genießen auch Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen an bestehenden Gebäuden die Vorteile einer teilweisen Ausklammerung bezüglich Abstandsflächen. So besagt zum Beispiel sowohl die Bayerische als auch die Bran­den­bur­gi­sche Bauordnung für Solaranlagen an Gebäuden zum Zweck der En­er­gie­ein­spa­rung, dass diese bei der Bemessung der Abstandsflächen außen vorbleiben. Voraussetzung dafür sind eine maximale Stärke der Paneele von 30 Zentimetern sowie ein Mindestabstand von 2,50 m zur Nachbargrenze. In Bremen dürfen die Solarmodule nur 25 Zentimeter stark sein.

In Niedersachsen gelten für ge­bäu­de­un­ab­hän­gi­ge Solaranlagen die weiter oben erwähnten Standardwerte, während sich in der Verordnung nichts zu Solarmodulen auf Dächern finden lässt. Auch Hessen übernimmt die Standardmeter für ge­bäu­de­un­ab­hän­gi­ge Solaranlagen und winkt Pho­to­vol­ta­ik­mo­du­le auf/an Gebäuden bis zu einer mittleren Gesamthöhe von drei Metern hinsichtlich Abstandsflächen durch.

ökologisches Haus mit Solarzellen, Windrädern und E-Ladestation
Ökologisches Haus mit Solarzellen auf dem Dach, Windrädern im Garten und einer Ladestation für das E-Auto auf dem Grundstück.

In Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Sachsen-Anhalt tauchen Solaranlagen nicht in den entsprechenden Paragraphen der Lan­des­bau­ord­nung auf, stattdessen aber Wind­kraft­an­la­gen. So lautet die entsprechende Passage in § 6 Abs. 8 BauO LSA:

Bei diesen Anlagen bemisst sich die Tiefe der Abstandsfläche nach der größten Höhe der Anlage. Die größte Höhe errechnet sich bei Anlagen mit Horizontalachse aus der Höhe der Rotorachse über der Ge­län­de­ober­flä­che in der geometrischen Mitte des Mastes zuzüglich des Rotorradius. Die Abstandsfläche ist ein Kreis um den geometrischen Mittelpunkt des Mastes.“

Der Abstand der Windkraftanlage zum Nachbarn beträgt auf jeden Fall mindestens drei Meter.

Für Wind­kraft­an­la­gen existiert eine Öffnungsklausel, mit der die Länder festlegen dürfen, dass die Privilegierung der Bebauung im Außenbereich aus § 35 BauBG nur gilt, wenn Wind­ener­gie­an­la­gen den definierten Abstand zur Wohnbebauung einhalten. Bayern hat als erstes Bundesland davon Gebrauch gemacht und den Mindestabstand für Wind­kraft­an­la­gen zu Be­bau­ungs­plan­ge­bie­ten und Wohngebäuden auf das Zehnfache der Windradhöhe festgelegt. Die Kommunen können diesen Mindestabstand in ihren Bauleitplänen allerdings verringern.

Straße & öffentliche Plätze

Liegt ein Grundstück direkt an einer Straße oder einem öffentlichen Platz, gelten großzügigere Abstandsflächen bei der Grenzbebauung. Normalerweise müssen die errechneten Abstandsflächen beziehungsweise Mindestabstände komplett auf dem eigenen Grundstück liegen. Ist der Nachbar aber eine Straße, eine öffentliche Grünfläche, ein Bach, Fluss oder See, so dürfen die einzuhaltenden Abstände auch auf der öffentlichen Fläche liegen – bis zu deren Mitte.

So heißt es zum Beispiel in der Bayerischen Bauordnung (§ 6 BayBO Abs. 2 Satz 2): „Sie dürfen auch auf öffentlichen Verkehrs-, Grün- und Wasserflächen liegen, jedoch nur bis zu deren Mitte.

Terrasse

Für Terrassen gelten in vielen Bundesländern Abstandsflächen – und zwar nicht nur auf dem Boden, sondern auch bei Dachterrassen auf erlaubten Grenzgaragen. Das bedeutet konkret: Selbst, wenn Sie Ihre Garage direkt an die Grenze zum Nachbarn bauen dürfen, müssen Sie die gesetzlichen Abstandsflächen respektieren, die für eine Dachterrasse gelten.

An­ein­an­der­gren­zen­de Ter­ras­sen­flä­chen müssen selbst bei Reihenhäusern und Dop­pel­haus­hälf­ten getrennt werden, um Sichtschutz zu gewährleisten. Dies kann zum Beispiel durch eine Brandwand geschehen.

Die Ter­ras­sen­über­da­chung wird prinzipiell als Anbau oder Umbau eines bestehenden Gebäudes etikettiert. Das bedeutet, Sie müssen eigentlich im Vorfeld eine Baugenehmigung einholen. Viele Bundesländer sehen den Terrassenbau relativ locker und kommen Bauherren mit Re­gel­ver­ein­fa­chun­gen entgegen.

Regionale Ausnahmen gibt es zum Beispiel in Bremen: In der Hansestadt werden Terrassen ohne Überdachung nicht bei der Bemessung der Abstandsfläche berücksichtigt, wenn sie nicht mehr als einen Meter über die natürliche Ge­län­de­ober­flä­che aufgeschüttet sind. Terrassen mit Überdachung fallen ebenfalls aus der Be­mes­sungs­grund­la­ge.

Die Ein-Meter-Höhe Regel für Terrassen gilt auch in Hessen, dem Saarland und Schleswig-Holstein.

Alternativ darf die Terrasse einschließlich ihrer Umwehrung in Hessen und im Saarland nicht höher als zwei Meter sein, um von Abstandsflächen unbehelligt zu bleiben.

Achtung: Sie wohnen in einer Wohnung mit Terrasse? Vergrößern Sie die Terrasse nicht ohne Zustimmung der Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft (WEG) und halten Sie Abstandsflächen ein. Die Wahr­schein­lich­keit, dass Sie einen illegalen Flächenzuwachs zurückbauen müssen, ist hoch. So entschied das Amtsgericht München am 29. 08. 2018 (Aktenzeichen: 485 C 5290/18 WEG), dass eine zwölf Quadratmeter große Steinterrasse auf die im Grundrissplan eingezeichnete Fläche von knapp sechs Quadratmeter zurückgebaut werden musste.

Erfahren Sie in weiteren Ratgebern, was Sie mit Woh­nungs­ei­gen­tum machen dürfen, worin sich Sondereigentum von Ge­mein­schafts­ei­gen­tum in der WEG unterscheidet und wozu Terrasse und Co. gehören.

Wintergarten

Für einen Wintergarten gelten im Allgemeinen vorgeschriebene Grenzabstände. Denn ein Wintergarten stellt eine Vergrößerung der Wohnfläche dar. Damit ist das Bauvorhaben in der Regel auch ge­neh­mi­gungs­pflich­tig.

Hinweis: Glasbauten, die keine Verbindung zum Wohngebäude haben, erfordern meistens keine Baugenehmigung. Das betrifft vor allem Gewächshäuser. Schlecht beraten sind Sie, wenn Sie einen Wintergarten einen Meter vom Haus entfernt bauen und erst im Nachgang eine Verbindung zum Haus schaffen. Was wie ein guter Trick klingt, um die Ge­neh­mi­gungs­pflicht zu umgehen, ist letztlich nichts anderes als eine Wohn­raum­er­wei­te­rung und unter Umständen sogar eine strafbare Handlung.

In den wenigstens Bundesländern erhalten Wintergärten eine Vor­zugs­be­hand­lung. Im Prinzip können Wintergärten als verglaste Terrassen betrachtet werden. Werfen Sie unbedingt einen Blick in die Lan­des­bau­ord­nung und das geltende Nach­bar­rechts­ge­setz.

Klar geregelt ist der Bau eines Wintergartens in Bayern, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz und Thüringen – zumindest, was eine etwaige Baugenehmigung betrifft. In Bayern benötigen Sie für einen Wintergarten immer eine Baugenehmigung. In den anderen genannten Ländern ist unter gewissen Voraussetzungen keine Baugenehmigung erforderlich. Abstandsflächen sind fast immer einzuhalten. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Eigenheim mit Wintergarten
Der Wintergarten sollte nicht zu nah an die Grund­stücks­gren­ze gebaut werden.

So bleibt ein Wintergarten in Brandenburg für die Bemessung von Abstandsflächen irrelevant, wenn

  • er nicht breiter als fünf Meter ist,
  • zumindest zwei Meter von der ge­gen­über­lie­gen­den Nachbargrenze entfernt ist,
  • höchstens drei Meter vortritt,
  • sich höchstens über zwei Geschosse erstreckt,
  • insgesamt maximal ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand beansprucht.

In Bremen zählen Wintergärten nicht zur Be­mes­sungs­grund­la­ge, wenn sie weder zum dauerhaften Aufenthalt geeignet noch offen mit einem Aufenthaltsraum verbunden sind.

Wärmedämmung

Sie müssen Ihr Haus nachträglich dämmen und unterschreiten dadurch die Abstandsfläche zum Nachbarn? Kein Problem: Für Wär­me­dämm­ver­bund­sys­te­me gilt eine Erleichterung. Solange die Wärmedämmung eine Dicke von 20 Zentimetern nicht überschreitet, zählt sie bei der Berechnung des Mindestabstands nicht. Manche Bundesländer erlauben sogar 25 oder 30 Zentimeter. Haben Sie das zu dämmende Gebäude Spitz auf Knopf an der Grenze errichtet, sind Sie bezüglich der Auswahl Ihrer Fassadendämmung allerdings etwas eingeschränkt.

Zaun, Mauer, Hecke

Die meisten Lan­des­bau­ord­nun­gen sind sich einig, wenn es sich um Stützmauern und geschlossene Einfriedungen dreht. Bis zu einer Höhe von zwei Metern sind diese als Grenzbebauung auf der Grund­stücks­gren­ze zulässig. In Gewerbe- und In­dus­trie­ge­bie­ten entfällt die Hö­hen­be­schrän­kung.

Wenn es allerdings um den Ma­schen­draht­zaun zum Nachbargarten geht, sind vielmehr die Nach­bar­rechts­re­ge­lun­gen des jeweiligen Bundeslandes in Kombination mit dem Bebauungsplan der Gemeinde ausschlaggebend.

Achtung: Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern haben kein Nach­bar­rechts­ge­setz.

Die Nach­bar­rechts­ge­set­ze beinhalten Richtlinien für Hecken, Mauern und Zäune. Sollten Sie nicht herausbekommen, welche Höhen in Ihrer Gemeinde gelten, können Sie sich an folgenden Werten für „tote Einfriedungen“, also Zäune und Mauern orientieren:

  • symbolische Grenze: Höhe von zirka 40 bis 90 Zentimetern.
  • Sichtschutz: 170 bis 190 Höhe sind verbreitet und gelten weithin als akzeptabel.

Der Abstand von Zaun oder Mauer zum Nach­bar­grund­stück sollte mindestens 50 Zentimeter betragen, wenn keine abweichende lokale Regel existiert. Ab welcher Höhe Sie eine Baugenehmigung benötigen, unterscheidet sich je nach Bundesland. Spätestens bei einer Höhe von zwei Metern sind Einfriedungen praktisch überall ge­neh­mi­gungs­pflich­tig.

Dient eine Sichtschutzwand gleichzeitig als Begrenzung zum Nach­bar­grund­stück und haben Sie vor, etwas optisch Spezielles wie beispielsweise Gabionen zu errichten, sollten Sie auf Nummer sicher gehen: Holen Sie die Zustimmung des betroffenen Nachbarn für Art und Umfang des Sichtschutzes ein. Womöglich können Sie ihm die Gabionen sogar schmackhaft machen und sich die Kosten teilen.

Grenz­be­pflan­zung

Grenzen Sie Ihr Grundstück mittels Pflanzen ab, spricht man von einer „lebenden Einfriedung“ oder Grenz­be­pflan­zung. In der Praxis handelt es sich dabei meist um eine Hecke. Prinzipiell ist auch eine Bepflanzung der Grund­stücks­gren­ze mit Büschen oder Bäumen möglich. Diese sind in der Handhabung und im Hinblick auf die Einhaltung des Nachbarrechts aber meist komplizierter als Hecken mit ihren Zusatzregeln zu Höhe, Übergang und „Baumimmissionen“ wie fallendes Laub.

Bundesland max. Heckenhöhe min. Grenzabstand Regelung für höhere Hecken
Baden-Württemberg 1,80 m 0,50 m

bei höheren Hecken gilt ein Grenzabstand von „Höhe der Hecke – 130 cm“

Bayern 2 m 0,50 m bei höheren Hecken gilt ein Grenzabstand von 2 m
Berlin 2 m 0,50 m bei höheren Hecken gilt ein Grenzabstand von 1 m
Brandenburg 1/3 der Heckenhöhe
Bremen
Hamburg
Hessen

1,20 m

2 m

> 2 m

0,25 m

0,50 m

0,75 m

Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen

1,20 m

2 m

3 m

0,25 m

0,50 m

0,75 m

Nordrhein-Westfalen

2 m

0,50 m

bei höheren Hecken gilt ein Grenzabstand von 1 m
Rheinland-Pfalz

1 m

1,5 m

2 m

0,25 m

0,50 m

0,75 m

Saarland

1 m

1,50 m

> 1,5 m

0,25 m

0,50 m

0,75 m

Sachsen

2 m

0,50 m

bei höheren Hecken gilt ein Grenzabstand von 2 m
Sachsen-Anhalt

1,50 m

3 m

0,50 m

1 m

Schleswig-Holstein

1,20 m

kein geregelter Abstand

bei höheren Hecken gilt ein Grenzabstand von 1/3 der Heckenhöhe
Thüringen

1 m

1,50 m

2 m

0,25 m

0,50 m

0,75 m

bei höheren Hecken gilt ein Grenzabstand von „Höhe der Hecke – 125 cm“

So hoch dürfen Hecken je nach Grenzabstand in den einzelnen Bundesländern sein.

Das Amtsgericht München bekräftigte die bayerischen Grenzabstände von Pflanzen zuletzt in einem Urteil vom 08. 04. 2020 (Aktenzeichen 155 C 6508/19). Nebenaspekte dieses Urteils, das auf einem Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten beruht:

  • Der Anspruch auf Rückschnitt verjährt nicht.
  • Der Rückschnitt hat vorbeugend zu erfolgen.
  • Einzelne Äste zu­rück­zu­schnei­den ist kein Widerspruch zum Bun­des­na­tur­schutz­ge­setz (§ 39 Abs. 5 BNatSchG), demzufolge „Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September“ nicht abgeschnitten werden dürfen.

Benötigen Sie ein gerichtsfestes Gutachten im Nach­bar­schafts­streit?

Ortsübliche Einfriedung

Während die Höhe meist deutlich ist, bleibt das Nachbarrecht an manch anderen Stellen schwammig. Oft ist von einer „ortsüblichen Einfriedung“ die Rede. Dies führt oft zum Nach­bar­schafts­streit, da der Ge­stal­tungs­spiel­raum an der Grund­stücks­gren­ze dadurch eingeschränkt wird, aber eben nicht klar. Ein Beispiel: Sind sämtliche Grundstücke in Ihrem Viertel mit einem Ma­schen­draht­zaun umrandet, könnten Sie Schwierigkeiten bekommen, wenn Sie einen Zaun aus Holzlatten aufstellen. Besteht das optische Gesamtbild in Ihrer Nachbarschaft hingegen aus einer Mischung aus Metall- und Holzzäunen, werden Sie mit einer Steinmauer höchst­wahr­schein­lich auf Widerstand stoßen.

Sonderthemen rund um die Grenzbebauung

Grenzbebauung ist ein sehr kleinteiliges Themengebiet und betrifft verschiedene Rechtsgebiete vom Baurecht über das Nachbarrecht bis hin zu kommunalen Vorgaben. Um den ohnehin komplexen Fachbereich noch un­über­sicht­li­cher zu machen, gibt es ein paar Sonderfälle, auf die wir näher eingehen möchten: Brandschutz, Nut­zungs­än­de­rung und Betreten des Nach­bar­grund­stücks.

Brandschutz vs. Grenzbebauung

Brandschutz ist ein hohes Gut im deutschen Baurecht. Sie möchten den Mindestabstand zur Grund­stücks­gren­ze für ein Gartenhaus, ein Carport oder eine Garage unterschreiten? Kein Problem, solange Sie den Brandschutz einhalten. Tun Sie das jedoch nicht, droht nicht nur Ärger mit der Baubehörde, sondern im Ernstfall auch eine Ver­si­che­rungs­lü­cke, wenn das Feuer bei Ihnen ausbricht und auf das Nachbargelände übergreift.

Werden neue Immobilien in dicht besiedelten Gebieten gebaut, Häuser energetisch saniert oder Grenzgaragen errichtet, werden die Brand­schutz­vor­ga­ben gelegentlich vergessen. Dabei sind Brand­schutz­wän­de nicht nur ein Muss, sondern zudem ein Vorteil im Hinblick auf die Grenzbebauung. Hat nämlich Ihr Nachbar bereits an die Grenze gebaut und eine Brandschutzwand hochgezogen, dürfen Sie problemlos bis an diese Barriere heranbauen. Fehlt die Brand­schutz­mau­er, besteht nicht nur eine Gefahr, wenn tatsächlich ein Feuer ausbricht, sondern auch eine juristische Angriffsfläche.

So legt die Bayerische Bauordnung in § 28 Abs. 1 BayBO fest: „Brandwände müssen als raum­ab­schlie­ßen­de Bauteile zum Abschluss von Gebäuden (Ge­bäu­de­ab­schluss­wand) oder zur Unterteilung von Gebäuden in Brandabschnitte (innere Brandwand) ausreichend lang die Brand­aus­brei­tung auf andere Gebäude oder Brandabschnitte verhindern.

In der Lan­des­bau­ord­nung Rheinland-Pfalz ist der Brandschutz zwar in § 15 geregelt, erstreckt sich aber auch auf Paragraphen wie den zu Abstandsflächen (§ 8 Abs. 7 Satz 1): „Vor Wänden aus brennbaren Baustoffen, die nicht mindestens feuerhemmend sind, sowie vor feuerhemmenden Wänden, die eine Außenfläche oder überwiegend eine Bekleidung aus nor­malent­flamm­ba­ren Baustoffen haben, darf die Tiefe der Abstandsfläche 5 m nicht unterschreiten.

Die Brand­schutz­ver­ord­nun­gen in den Lan­des­bau­ord­nun­gen lesen sich im Detail zwar bisweilen recht unterschiedlich, haben aber gemeinsam, dass sie den Brandschutz gewährleisten sollen und hochrelevant für eine Grenzbebauung sind, da sie den Mindestabstand vergrößern können.

Grillplatz im Garten an der Grundstücksgrenze
Wehe, wenn die Brand­schutz­auf­la­gen für die Grillecke an der Grund­stücks­gren­ze nicht eingehalten werden!

Der Brandschutz betrifft jegliche Anbauten – und zwar auch in Klein­gar­ten­an­la­gen. So hat das Ober­lan­des­ge­richt Hamm in seinem Urteil vom 21.03.2019 (Aktenzeichen 24 U 111/18) entschieden, dass der Pächter einer Parzelle in einer Schre­ber­gar­ten­an­la­ge für die Schäden im Nachbargarten aufkommen muss, die durch ein Feuer in seinem Garten entstanden sind. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass unzulässige Anbauten an der Gartenlaube es ermöglichten, dass der Brand überhaupt auf die Laube des Nachbarn überspringen konnte.

Halten Sie sich bei allen Bauvorhaben an die gültigen Grenzabstände und Brand­schutz­vor­ha­ben! Wenden Sie sich im Zweifelsfall an einen geprüften und zugelassenen Brand­schutz­gut­ach­ter.

Nut­zungs­än­de­rung bei Grenzbebauung

Eine Nut­zungs­än­de­rung eines Gebäudes an der Grund­stücks­gren­ze ist heikel und hebt häufig den Bestandsschutz auf. Denn die Baugenehmigung gilt in der Regel nur für die eingereichte Nutzungsart. Die Ein­gangs­vor­schrif­ten der Lan­des­bau­ord­nun­gen bestätigen klar, dass eine Nut­zungs­än­de­rung einer (erneuten) Genehmigung bedarf. Ist dem Nachbarn Ihre Grenzbebauung ein Dorn im Auge und wartet er nur auf die Gelegenheit, sie zu attackieren, sollten Sie eine Nut­zungs­än­de­rung nach Möglichkeit vermeiden. Denn in vielen Fällen bietet sie dem Widersacher eine juristische Angriffsfläche.

Beispiele für ge­neh­mi­gungs­pflich­ti­ge Nut­zungs­än­de­run­gen:

  • Das Garagendach, bisher als Abstellkammer genutzt, wird in Wohnraum verwandelt.
  • Eine Wo­chen­end­häus­chen wird für Dauerwohnen vorbereitet.
  • Aus einem Wohngebäude zur Selbstnutzung wird ein AirBnB beziehungsweise eine gewerbliche (Teil-)Nutzung durch Zim­mer­ver­mie­tung.
  • Eine Arztpraxis wird räumlich erweitert, um weiteren Ärzten Platz zu bieten.
  • Eine Schank­wirt­schaft stellt Spielautomaten auf.

Betreten des Nach­bar­grund­stücks bei Grenzbebauung

Unter welchen Bedingungen darf ich das Grundstück meines Nachbarn betreten?

Ist eine konkrete Gefahr im Verzug, dürfen Sie das Grundstück Ihres Nachbarn zur Not ungefragt betreten – beispielsweise, wenn es brennt. In allen anderen Fällen benötigen Sie die Zustimmung Ihres Nachbarn. Es gibt Konstellationen, in denen Ihr Nachbar dulden muss, dass Sie sein Grundstück betreten oder dort sogar Dinge vorübergehend lagern. Diese Fälle betreffen Grenzbebauung. Können notwendige Arbeiten, wie zum Beispiel die Errichtung eines Zauns oder die Dämmung einer Grenzgarage, nur vom Nach­bar­grund­stück aus durchgeführt werden, greift das Hammerschlags- beziehungsweise das Leiterrecht – allerdings nicht automatisch.

Sie müssen Ihren Nachbarn dennoch vorab informieren und seine Zustimmung abwarten. Er kann diese verweigern, wenn die Arbeiten nicht dringend erforderlich sind (zum Beispiel Schön­heits­re­pa­ra­tu­ren) oder wenn diese auch von Ihrem Grundstück aus durchgeführt werden können. Dass der Aufwand oder die Kosten wesentlich höher sind, wenn die Bauarbeiten von Ihrem Grundstück aus durchgeführt werden, ist unerheblich.

Geregelt ist das Betreten des Nach­bar­grund­stücks im Ham­mer­schlags­recht beziehungsweise im Leiterrecht. Beide Begriffe erklären wir in unserem Beitrag zu Grund­dienst­bar­kei­ten im Grundbuch. Die Details unterscheiden sich je nach Bundesland. Beispielsweise kann der Nachbar eine Frist von zwei Wochen oder zwei Monaten haben, um Ihrem Be­tre­tungs­an­sin­nen zuzustimmen – oder dieses abzulehnen.

Wertminderung durch Grenzbebauung kennen

Mindert sich der Wert meines Grundstücks durch eigene Grenzbebauung oder die Grenzbebauung des Nachbarn? Wie sehr beeinflusst eine Baulast den Verkehrswert meiner Immobilie? Ein Ver­kehrs­wert­gut­ach­ten gibt Auskunft darüber.

Ob und wie der Verkehrswert Ihrer Immobilie durch eine Grenzbebauung sinkt, ermitteln unsere Gutachter auf Basis ge­set­zes­kon­for­mer Be­wer­tungs­ver­fah­ren für Sie. Rufen Sie uns kostenlos an oder schicken Sie uns eine Kontaktanfrage!