Wertermittlung von Windkraftanlagen
Windkraftanlagen kommt eine zentrale Bedeutung in der deutschen Energiepolitik zu. Bereits jetzt produziert die Energiequelle Wind mehr als 15 Prozent des Stroms in der Bundesrepublik. Unter den erneuerbaren Energien ist Wind die führende Kraft. Windkraftanlagen kommt laut Bundesregierung „eine tragende Rolle bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien hin zu einer wirtschaftlich tragfähigen und klimaverträglichen Energieversorgung“ zu. In diesem Artikel wollen wir erklären, wie Gutachter den Ertrag einer Windkraftanlage berechnen.
Windräder in einem Windpark.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Das Wichtigste in Kürze
- 2. Anlässe für die Wertermittlung einer Windkraftanlage
- 3. Wirtschaftlichkeitsberechnung für Windkraftanlagen
- 4. Ertrag einer Windkraftanlage berechnen
- 5. Herstellungskosten von Windenergie
- 6. Nutzungsdauer von Windkraftanlagen
- 7. Flächenbedarf von Windkraftanlagen
- 8. Instandhaltung von Windkraftanlagen
- 9. Drittverwendungsfähigkeit von Windkraftanlagen
- 10. Rechtliche Grundlagen für Windkraftanlagen
- 11. Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Nachbargrundstücke
-
12. Häufige Fragen zum Wert von Windkraftanlagen
- 12.1 Was ist die Nabenhöhe bei Windrädern?
- 12.2 Kalkulation & Berechnung: Wie wird das Nutzungsentgelt für Windkraftanlagen verteilt?
- 12.3 Wie viel finanziellen Ertrag (Nutzungsentgelt) bringt ein Windrad?
- 12.4 Wie hoch ist der durchschnittliche Gewinn einer Windkraftanlage?
- 12.5 Wie viel Strom produziert eine Windkraftanlage?
- 12.6 Wie viel kostet ein Windrad?
- 12.7 Wie kann ich eine Windkraftanlage pachten und wie viel kostet das?
- 12.8 Wie hoch sind die Instandhaltungskosten einer Windkraftanlage?
- 12.9 Wie lange läuft ein Windrad?
- 12.10 Wie werden Anwohner eines Windparks entschädigt?
- 12.11 Was geschieht mit einer demontierten Windkraftanlage?
- 12.12 Welchen Wert hat ein gebrauchtes Windrad?
Das Wichtigste in Kürze
- Windenergie ist, mit 15 Prozent im Strommix und einer bundesweiten Netto-Nennleistung von mehr als 58 Gigawatt, der bislang wichtigste Vertreter der erneuerbaren Energien, noch vor Photovoltaik.
- Obwohl die Behörden Vorranggebiete für Windenergie ausweisen, in denen Errichtung und Betrieb ohne Konflikte möglich sein sollen, gibt es keine Garantie für die Genehmigung einzelner Windräder innerhalb des Areals. Die Windkraftanlage muss zunächst im Flächennutzungsplan berücksichtigt und letztlich im Bebauungsplan der Kommune abgesegnet werden. Einem Windenergieprojekt dürfen keine öffentlichen, flugsicherheitsrelevanten oder militärischen Belange entgegenstehen.
- Um eine Windpark-Genehmigung zu erhalten, muss der Antragsteller ab 20 Windrädern eine Vielzahl an Gutachten einreichen, darunter ein avifaunistisches Gutachten, Baugrundgutachten, Bodengutachten, Schallgutachten, Schattenwurfgutachten, Turbulenzgutachten und eine Umweltverträglichkeitsprüfung.
- Betreiber sind entweder selbst Eigentümer der Flächen oder Pächter. Als Pächter wird das Grundstück zu seinen Gunsten mit einer persönlichen Dienstbarkeit belastet, die ihm die vertraglichen Nutzungsrechte sichert.
- Windenergieanlagenbetreiber haben gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz einen Zahlungsanspruch auf Einspeisevergütungen, Marktprämien und Mieterstromzuschläge (§ 19 EEG 2021) – und damit (windabhängige) kalkulierbare Erträge für die ersten 20 Jahre nach Inbetriebnahme.
- Die Ertrags- und Wertermittlung von Windkraftanlagen fußt auf den Herstellungskosten, der Nennleistung und dem Windreichtum des Standorts.
- Windräder mit Getriebe sind günstiger als solche ohne, jedoch sind die Instandhaltungskosten höher.
Anlässe für die Wertermittlung einer Windkraftanlage
Gründe und Notwendigkeiten, den Wert einer Windkraftanlage zu berechnen, gibt es zahlreiche. Häufig erfolgt die Wertermittlung im Zusammenhang mit einer Windkraftanlage aufgrund
- steuerlicher Erfordernisse (Bilanzierung, Vermögensverlagerung),
- einer Liquidation (Erfahren Sie mehr über das Liquidationswertverfahren.),
- einer Beleihung,
- des Kaufs oder Verkaufs einer neuen oder gebrauchten Windkraftanlage oder
- einer Entschädigung (Wertminderung, Einräumung von Rechten, Flurbereinigungsverfahren im Sinne der Bodenordnung).
Ein Bodenordnungsverfahren (Flurbereinigungsverfahren, Umlegungsverfahren) wird im Zusammenhang mit Windenergieprojekten primär eingeleitet, wenn für den Windkraft-Standort Land umgewidmet und der Eigentümer abgefunden werden muss.
Weitere, seltenere Anlässe zur Ermittlung des Verkehrswerts einer Windkraftanlage sind Scheidung, Schenkung, Erbschaft und Zwangsversteigerung.
Gutachten für Windkraftanlagen
Die Gutachter erstellen je nach Aufgabe ein Verkehrswertgutachten, mit dem Windpark-Betreiber eine anerkannte Wertermittlung gegenüber dem Finanzamt, einem Gericht oder Käufern in der Hand haben. Soll die Windkraftanlage gegenüber der Bank als Sicherheit für ein Darlehen hinterlegt werden, arbeiten die Sachverständigen ein Beleihungswertgutachten aus.
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Ist der Dreh- und Angelpunkt die Bodenordnung oder ein darauf basierender Entschädigungsanspruch, ermitteln die Sachverständigen den Bodenwert. Dies geschieht, wenn Umlage- oder Ausgleichsland bewertet, Windenergiebauland oder künftiges Windenergieland ausgewiesen wird.
Lesetipps: Sie möchten tiefer in die Thematik „Erneuerbare Energien und Bodenordnung“ eintauchen und praxisbezogene Fragestellungen zur diesbezüglichen Wertermittlung von Windkraftanlagen nachvollziehen? Die Masterthesis von David Ott könnte die passende wissenschaftliche Lektüre für Sie sein. Wenn Sie hingegen mehr über die steuerliche Wertermittlung von Immobilien erfahren möchten, dient Ihnen unser Überblicksartikel zum Thema Steuern & Immobilien als Einstieg in die Materie.
Soll ein neuer Windpark errichtet werden, sind eine ganze Reihe weiterer Gutachten notwendig, die hauptsächlich dem Schutz von Menschen und Umwelt vor den negativen Auswirkungen von Windrädern auf die unmittelbare Umgebung dienen. Bevor die Errichtung einer Windkraftanlage initiiert wird, beurteilt ein Sachverständiger, ob der ins Auge gefasste Standort tatsächlich in Frage kommt und genehmigungsfähig ist. Die (Nicht-)Eignung des Standorts erläutert er in einem Parkgutachten (auch Standortgutachten genannt).
Hinweis: Die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Heid Immobilienbewertung führen auch Markt- und Standortanalysen durch.
Umweltverträglichkeitsprüfung für Windkraftanlagen
Geht der Umfang des Windenergieprojekts über ein einzelnes Windrad hinaus, ist – ab einer bestimmten Parkgröße oder beeinträchtigten Fläche – eine bestandene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eine wichtige Grundvoraussetzung, dass der Windpark / die Windfarm genehmigt werden kann.
Verpflichtend ist sie ab
- 20 und mehr Windrädern beziehungsweise
- wenn mindestens 10 Hektar Wald für die Anlage gerodet werden müssen.
Nicht zwingend, aber zumindest vorgesehen, ist eine UVP außerdem bei
- Windparks mit 6 bis 19 Windrädern,
- Erweiterung von bestehenden Windparks,
- 5 bis 10 Hektar Waldverlust.
Im Bericht der UVP geht der vom Antragsteller bezahlte Gutachter detailliert auf folgende Aspekte ein:
- Einfluss der Windräder auf Flora und Fauna – auch optischer Natur
- Lärmemissionen (Geräuschentwicklung)
- Erwärmung und Austrocknung des Bodens dort, wo die Erdkabel verlaufen
- Blitzschlag
- Eis- und Schattenwurf
Hinweis: Unter den Gutachtern der Heid Immobilienbewertung sind versierte Spezialisten zur Bewertung von Windkraft- und Biogasanlagen sowie Solarparks.
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Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen
Während große Windparks und Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern grundsätzlich genehmigungspflichtig sind, profitieren kleinere Windenergieprojekte vom vereinfachten Genehmigungsverfahren des Bundesimmissionsschutzgesetzes (§ 19 BImSchG). Treffen diese Voraussetzungen zu, wird das Verfahren nicht bekanntgemacht und findet ohne Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Dennoch steht es Bürgern frei, Einwände gegen eine Windkraftanlage vor dem Gesetz vorzubringen.
Hinweis: Wir verwenden Windpark und Windfarm als Synonyme. Mit „Windrad“ ist kein kleines Windrad im Garten gemeint, sondern eine Windkraftanlage aka Windenergieanlage, die in den meisten Fällen Teil eines Windparks ist.
Große Windparks ab 20 Windrädern durchlaufen das komplette Genehmigungsverfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 4 BImSchG. Das bringt ein wesentlich umfassenderes Unterlagensortiment bei Antragsstellung mit sich. Neben der Beschreibung (Text + Zeichnung) des Windenergieanlagen-Typs sind Konzepte für folgende Aspekte einzubringen:
- Drehzahl- und Leistungssteuerung zum Eis- und Schattenwurf
- Gewährleistung der Arbeitssicherheit
- Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
- Flugsicherheitskennung
Hinzu kommen Nachweise zur Unbedenklichkeit von Windkraftanlagen im avisierten Gebiet – und zwar in Form von Gutachten durch spezialisierte Sachverständige.
Bei diesen Gutachten handelt es sich um:
- Avifaunistische Gutachten
- Baugrundgutachten
- Schallgutachten
- Schattenwurfgutachten
- Turbulenzgutachten
- Windgutachten
Avifaunistische Gutachten
Ein avifaunistisches Gutachten analysiert Flugrouten und Nahrungsflächen von Tierarten, die durch die Windkraftanlage gefährdet werden. Durch die Auswertung der aufgenommenen Daten von Fledermäusen und Vögeln in einem Geoinformationssystem werden die betroffenen Gebiete kartiert. Die genaue Prüfung des Artenschutzes setzt üblicherweise Beobachtungen nach Jahreszeit voraus und erfordert einen gewissen Vorlauf.
Baugrundgutachten / Bodengutachten
Die geologische Beschaffenheit des Untergrunds beeinflusst den Standort von Windkraftanlagen erheblich. Um den Baugrund auf seine Tauglichkeit für das Projekt zu überprüfen, werden Bohrungen, Sondierungen sowie geophysikalische Erkundungsverfahren durchgeführt, Bodenproben entnommen und im Labor untersucht. Der Sachverständige ermittelt im Rahmen eines Baugrundgutachtens die Tragfähigkeit des Bodens. Aus diesen Daten ergibt sich die Bauform des Fundaments der Windkraftanlage. Auf weichen Böden haben Pfahlfundamente Vorrang, ansonsten sind Flachfundamente tonangebend.
Schallgutachten
Damit eine Windkraftanlage errichtet werden darf, müssen die Schallimmissionen innerhalb definierter Grenzen bleiben. In genormten Verfahren wird der Leistungspegels des Schalls der Windgeräusche, die durch sich drehende Rotorblätter entstehen, ermittelt. Lärm und Schall werden in Dezibel (dB) gemessen, bei Windenergieanlagen nach der international genormten Frequenzbewertungskurve A. Die Werte werden demnach in dB(A) angegeben.
Die stärkste Schallimmission wird bei 95 Prozent der Nennleistung der Windkraftanlage erzeugt. Das sind Windgeschwindigkeiten von 10 bis 12 m/s in Nabenhöhe. Bei niedrigeren Windgeschwindigkeiten liegen die Schallimmissionen unter den auf diese Weise gemessenen Höchstwerten. Bei höheren Windgeschwindigkeiten sind die natürlichen Windgeräusche lauter als rotorbedingte Schallleistungen. Übliche Werte für die rechnerische Schallenergiekonzentration in der Mitte des Rotors liegen zwischen 98 und 109 dB(A). Von diesem Messpunkt aus nimmt die Lautstärke um jeweils 6 dB pro Messabstandsverdopplung ab. Die so ermittelten Werte werden mit den geltenden Immissionsrichtwerten verglichen.
Die Höchstwerte, die, je nach Nachbarschaft, nicht überschritten werden dürfen, entnehmen Sie aus der folgenden Tabelle.
Nachbarschaft | Maxwert Tag (dB(A)) | Maxwert Nacht (dB(A)) |
---|---|---|
Wohngebiet | 50 dB(A) | 35 dB(A) |
Mischgebiet oder Dorf | 60 dB(A) | 45 dB(A) |
Gewerbegebiet | 65 dB(A) | 50 dB(A) |
Industriegebiet | 70 dB(A) | 70 dB(A) |
Die zulässigen Höchstwerte für Schallimmissionen richten sich nach den nächstgelegenen Gebäuden.
Diese Maximalwerte dürfen außerhalb von Gebäuden lediglich für seltene Ereignisse um kurzzeitige Geräuschspitzen und um festgelegte Werte überschritten werden. Das Umweltportal von Berlin fasst die bundesweit geltenden Werte gut zusammen.
Schattenwurfgutachten
Jedes Windrad verursacht Lichtwechsel in einer Frequenz zwischen 0,4 und 4 Hertz (Hz). Schwankungen in der Helligkeit werden als störend wahrgenommen und bei hoher Belastung sogar als unzumutbar eingestuft. Während der Kernschatten aufgrund der Bauweise der Rotoren von Windkraftanlagen keine Rolle spielt, beeinträchtigt der Halbschatten – also der Bereich, der nur teilweise von der Sonne bestrahlt wird – die Arbeits- und Lebensqualität der Bewohner benachbarter Gebäude. Hier kommt das Schattenwurfgutachten zum Einsatz. Sachverständige berechnen den Schattenwurf eines Windrads über den Sonnenstand. Dafür benötigt der Gutachter die Koordinaten der Windkraftanlage, die (minimale) Sonnenhöhe und die Ausmaße der Anlage (Nabenhöhe, Durchmesser des Rotors, durchschnittliche Tiefe des Rotorblatts).
Turbulenzgutachten
In einem Turbulenzgutachten erläutern Sachverständige, welche Abstände die einzelnen Windkraftanlagen innerhalb eines Windparks zueinander einhalten müssen. Zeitliche Änderungen von Windrichtung und -geschwindigkeit sowie atmosphärische Schichtungen sind Kennziffern, die der Gutachter hierfür einbezieht. Diese Turbulenzen wirken sich einerseits auf den Energieertrag aus. Andererseits sind sie maßgeblich für aerodynamische Lasten auf das Fundament, den Turm und die Rotorblätter.
Windkraftanlagen haben eine Nachlaufströmung, die den Grad der Turbulenz erhöht und damit die Standortturbulenz beeinflusst. Zusätzlich legen die Werte der Umgebungsturbulenz und die Windzone am konkreten Standort des Windrades den Mindestabstand zur nächsten Windkraftanlage fest.
Windgutachten
Ein Windgutachten enthält Prognosen zur Stromproduktion einer Windkraftanlage oder eines ganzen Windparks an einem geplanten Standort. Während der Deutsche Wetterdienst die Jahreswindgeschwindigkeit in 10 Meter über Grund angibt, überträgt ein Windgutachten diese in Nabenhöhe der geplanten Windkraftanlage.
Wirtschaftlichkeitsberechnung für Windkraftanlagen
Was bedeutet Wirtschaftlichkeit im Energiesektor? Die Energiebranche ist eher mit dem öffentlichen Nah- und Fernverkehr als mit wirtschaftlichen Maßstäben, die bei der Herstellung von Konsumgütern gelten, vergleichbar. Der Strommarkt muss rund um die Uhr funktionieren, das heißt: Erzeugung, Einspeisung und Verbrauch von Strom sind aufeinander abgestimmt. Bürger und Unternehmen müssen sich bei steigendem Energiebedarf darauf verlassen können, dass dieser gedeckt wird. Oder, wie es das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz formuliert: „[Der Strommarkt] muss die ununterbrochene Versorgung der Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland mit Strom fortwährend garantieren.“ Um dieses Ziel im Einklang mit den europäischen Klimazielen zu erreichen, werden erneuerbare Energien weiterhin stark gefördert, Stichwort EEG-Umlage.
Derzeit gilt eine Windkraftanlage als gewinnbringend, wenn ihre Stromgestehungskosten unter dem (geförderten, garantierten) Erlös-Preis liegen. Wirklich wirtschaftlich wäre Windkraft erst, wenn keine Fördermittel mehr benötigt würden, die Haushalte im unmittelbaren Einzugsgebiet komplett und ausfallsicher mit Strom versorgt wären, der Betrieb der Anlage, ihre Instandhaltung, Leitungen, Umspannwerke, Gehälter der Beschäftigten, Entschädigungszahlungen und so weiter gedeckt wären und sich Strom als rentables Exportgeschäft erwiese. Immerhin: Deutschland hat 2019 fast doppelt so viel Strom an seine Nachbarländer geliefert als von diesen importiert. Aber: Stromerzeugung – und damit auch Windkraft – spielt förderungsbedingt bislang allenfalls eingeschränkt nach den Regeln der freien Marktwirtschaft.
Seitdem in Deutschland seit 2017 Ausschreibungen für neue Windkraftprojekte durchgeführt werden, bei denen das beste Angebot (mit der geringsten Inanspruchnahme der EEG-Umlage) den Zuschlag für den Standort erhält, sinken die Kosten. Ein Offshore-Windparkbetreiber war im Jahr 2021 sogar bereit, sein Projekt ohne öffentliche Gelder komplett über den Markt zu finanzieren.
Hinweis: Aktuelle Daten zur Stromerzeugung in Deutschland und teilweise Europa stellt die Bundesnetzagentur auf ihrem Strommarktdaten-Portal zur Verfügung.
Methodisch bewältigen Sachverständige die Wirtschaftlichkeitsberechnung und Wertermittlung von Windkraftanlagen ohne Schwierigkeiten, jedoch fehlt es an einer fundierten Datenbasis. Einerseits fehlt der Zugriff auf die tatsächlichen Pachten, andererseits ist die Auswertung der Kaufpreissammlungen für Windkraftstandorte durch die Gutachterausschüsse kaum vergleichbar.
Lesetipp: Wenn Sie wissen möchten, wie eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für Immobilien durchgeführt wird, vermitteln wir Ihnen auf unserer entsprechenden Leistungsseite grundlegendes Wissen darüber. Unsere Gutachter führen überdies auch Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Windkraftanlagen für Sie durch.
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Ertrag einer Windkraftanlage berechnen
Je nach Zweck der Wertermittlung können andere Bewertungsverfahren das sinnvollste Ergebnis liefern. Gebräuchlich sind Pachtwert- und Ertragswertverfahren.
Bei Windkraftanlagen, die sich noch in Planung befinden, wird die Energieproduktion geschätzt. Diese Schätzung basiert auf der Jahreswindgeschwindigkeit in Nabenhöhe der Windkraftanlage, die sich wiederum auf die vom Deutschen Wetterdienst publizierten Jahreswindgeschwindigkeiten beziehen. Allerdings gibt der Deutsche Wetterdienst die Windgeschwindigkeit in 10 Meter über Grund an, während für Windenergieprojekte die Windkraft in Nabenhöhe, also in Bereichen von 50 bis über 200 Meter aussagekräftiger ist. Diese Windgeschwindigkeiten werden von den Sachverständigen errechnet. Hilfreich sind Vergleichswerte von Messstationen bereits existierender Windkraftanlagen in der Region und der Windatlas des jeweiligen Bundeslandes. Offshore-Projekte in Nord- und Ostsee greifen mittels FINO-Datenbank auf die passenden Kennzahlen der betreffenden Forschungsplattform zurück.
Bruttoenergieertrag für Windkraftanlagen
Für die Berechnung des Bruttoenergieertrags einer Windkraftanlage benötigt der Sachverständige Daten zur Windgeschwindigkeitsverteilung sowie die Leistungskennlinie des verwendeten Windrads. Die Leistungskennlinie ist individuell für jede spezifische Nennleistung. Diese Parameter bezieht der Sachverständige in die Wertermittlung ein.
Bruttoenergieerträge, die aus Leistungskennlinie und Verteilung der Windgeschwindigkeit errechnet werden, werden in der Realität nie erreicht. Selbst Windenergieanlagen an einem Einzelstandort erfahren selten freie Anströmung. Innerhalb von Windparks kommt es zu wechselseitiger Verschattung zwischen den Windrädern. Deswegen ist in Parks mit geringer Fläche nur eine Inbetriebnahme weniger Windräder möglich. Der Windpark-Wirkungsgrad liegt also nicht bei 100 Prozent, sondern gemäß Studie der Deutsche WindGuard GmbH eher bei 92 Prozent. Dies entspricht dem Abschattungseffekt, der den Bruttoenergieertrag um 8 Prozent reduziert.
Die Formel für den Windpark-Wirkungsgrad lautet:
Wirkungsgrad des Windparks = Bruttoenergieertrag – Abschattungseffekt
Abschläge gibt es zudem für Stillstandzeiten (geplant und ungeplant, 3 Prozent), elektrische Verluste (2 Prozent), Vereisung (1 Prozent) und Leistungsdegradation (0,5 Prozent).
Ertragsmindernd wirken sich genehmigungsrechtliche Einschränkungen bezüglich Schallimmissionen, Schattenwurf sowie Konflikte mit Artenschutz und Flugverkehr aus. Hierfür nehmen die Autoren der Studie pauschal einen Abzug von 4 Prozent an.
Nettoenergieertrag von Windkraftanlagen berechnen
Der Nettoenergieertrag und damit die Gesamteffizienz ergibt sich aus der Multiplikation der einzelnen Effizienzwerte.
Die Formel für den Nettoenergietrag lautet:
Nettoenergieertrag aka Gesamteffizienz = Abschattungseffekt x genehmigungsrechtliche Einschränkungen x Verfügbarkeit der Windkraftanlagen x elektrischer Wirkungsgrad x Vereisung x Leistungsdegradation
Die Verfügbarkeit der Windkraftanlagen ist das Gegenstück zum Stillstand. Wird der Stillstand mit 3 % angegeben, liegt die Verfügbarkeit bei 97 %. Für unser Beispiel ergeben sich folgende Werte:
Nettoenergieertrag aka Gesamteffizienz = Abschattungseffekt (92 %) x genehmigungsrechtliche Einschränkungen (96 %) x Verfügbarkeit der Windkraftanlagen (97 %) x elektrischer Wirkungsgrad (98 %) x Vereisung (99 %) x Leistungsdegradation (99,5 %)
Die Gesamteffizienz beläuft sich auf 83 Prozent.
Lesetipp: Wenn Sie tiefer in die Mathematik von Windkraftanlagen einsteigen und mehr Informationen zu Leistungskennlinien und spezifischer Nennleistung wissen möchten, empfehlen wir die Studie „Volllaststunden von Windenergie an Land – Entwicklung, Einflüsse, Auswirkungen“ der Deutsche WindGuard GmbH, der wir dieses realistische Beispiel entnommen haben.
Einflussfaktoren auf Ertrag und Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen
Der Ertrag einer Windkraftanlage resultiert aus dem Anlagentyp (und seiner Technologie), der Standortgüte und den Windgeschwindigkeiten. Je höher die Nabe und je größer die Rotorblätter, desto üppiger ist die Nennleistung. Wie viel Energie die Windkraftanlage daraus erzielen kann, wird maßgeblich vom Standort (umliegende Bebauung bremst Wind) und dessen Windreichtum beeinflusst. Die höchsten Erträge erzielen Offshore-Windparks, gefolgt von Windrädern an unbebauter Küste und auf Bergkuppen.
Nennleistung | Nabenhöhe | Rotordurchmesser | jährlicher Energieertrag |
500 - 600 KW | 50 - 80 m | 40 - 46 m | 1.250 MWh |
1.500 KW | 65 - 100 m | ca. 70 m | 3.500 MWh |
3.000 KW | ca. 105 m | 90 - 100 m | 6.900 MWh |
7.500 KW | ca. 135 m | ca. 126 m | 20.000 MWh |
Tabelle: Jährliche Durchschnittserträge von Windkraftanlagen nach Nennleistung und Größe.
Die durchschnittliche Energieleistung beträgt an mäßigen Standorten im Binnenland bei optimierter Nabenhöhe das 1.700-fache der Nennleistung. An sehr guten, windreichen Standorten kann der Ertrag verdoppelt werden; bis zur 3.500-fachen Nennleistung können Windkraftanlagenbetreiber an der Küste oder auf Bergkuppen mit einer Optimierung der Nabenhöhe erzielen.
Herstellungskosten von Windenergie
Die Herstellungskosten einer Windenergieanlage setzen sich zusammen aus:
- Investitionskosten (Haupt- und Nebeninvestitionskosten)
- Betriebskosten
- Direktvermarktungskosten
- Finanzierungskosten
Hauptinvestitionskosten
Die Investitionskosten werden in Haupt- und Nebeninvestitionskosten aufgeteilt. Maßgeblich über die Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage entscheiden die Hauptinvestitionskosten. Diese setzen sich zusammen aus:
- Einkaufspreis der Windkraftanlage
- Transport zum Standort
- Installation
Knackpunkt bei der Kalkulation sind die Rohstoffpreise. Eine Windkraftanlage besteht größtenteils aus Stahl beziehungsweise Beton. Für die Wicklungen am Generator wird primär Kupfer verwendet. Eine Alternative ist Aluminium, das geringeren Schwankungen in der Preisstabilität als Kupfer unterliegt. Noch schwieriger zu kalkulieren sind die Ausgaben für seltene Erden wie Molybdän und Neodym. Eine weitere Preiskomponente ist der technische Stand der Anlagenentwicklung. Neue Technologien erfordern höhere Investitionskosten und Risikobereitschaft. Bewährte Konzepte sind günstiger, erzielen aber selten das neuerdings mögliche Maximum. Um eine grobe Preisspanne zu nennen: Eine neue, moderne Windkraftanlage mit einer Nennleistung von mehr als 1.000 KW kostet zwischen 770 und 1.030 €/KW.
Nebeninvestitionskosten
Zu den Nebeninvestitionskosten gehören
- Planung (ca. 100 €/KW)
- Netzanbindung / Umspannwerk (ca. 80 €/KW)
- Fundament (ca. 70 €/KW)
- Erschließung (ca. 40 €/KW)
- Sonstiges (ca. 100 €/KW)
Die Angaben sind auf die Nennleistung der Anlage und pro Jahr bezogen, müssen also mit dieser multipliziert werden. Für einen groben Budget-Überblick kann folgende Faustregel für die Nebeninvestitionskosten angesetzt werden:
Nebeninvestitionskosten = 390 € x Nennleistung (x Jahre)
Betriebskosten
Die Betriebskosten umfassen die laufenden Kosten während der Lebensdauer der Windkraftanlage. Sie setzen sich zusammen aus:
- Wartung und Reparatur (ca. 28 €/KW)
- Pacht inkl. Ausgleichsflächen (ca. 13 €/KW)
- Betriebsführung (ca. 9 €/KW)
- Rücklagen (ca. 3 €/KW)
- Versicherung (ca. 3 €/KW)
- Sonstiges (ca. 4 €/KW)
Wie bei den Nebeninvestitionskosten ist dies der jährliche Schnitt, kalkuliert für eine gängige Betriebsdauer von 20 Jahren. Bei kürzerer Laufzeit und früherem Rückbau müssen die Rücklagen entsprechend erhöht werden.
Die Faustregel für die grobe Kalkulation der Betriebskosten lautet demnach:
Betriebskosten = 60 € x Nennleistung (x Jahre)
Direktvermarktungskosten
Direktvermarktungskosten sind notwendige Ausgaben für den Verkauf der produzierten Energie an der Strombörse. Diese Preise werden häufig für kurze Zeiträume festgelegt, nachverhandelt und sind aufgrund ihrer Volatilität schwer in eine seriöse Kalkulation miteinzubeziehen. 2,5 bis 3 Prozent der Gesamtkosten sind ein grober Richtwert.
Finanzierungskosten
Der Eigenkapitalanteil, den Betreibergesellschaften von Windkraftanlagen üblicherweise einbringen, liegt bei 15 Prozent. Folglich müssen 85 Prozent finanziert werden. Während Kleinwindkraftanlagen – also das private Windrad im Garten – über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bereits mit einem Prozent finanziert werden können, müssen Windpark-Betreiber mit 2 bis 3 Prozent rechnen. Das bedeutet, zwischen rund 4,5 und 5 Prozent der Gesamtkosten während der angepeilten Lebensdauer einer Windkraftanlage fließen in die Zinstilgung.
Kostenverteilung
Wir stellen die ungefähre Kostenverteilung während der Lebensdauer einer Windkraftanlage anhand eines Kreisdiagramms da. Die Zahlen zu den Herstellungskosten basieren auf der Masterthesis von Windkraft-Ingenieur Lukas Korbinian Firmhofer (S. 43 – 47), wurden jedoch um die darin enthaltenen Sonderkomponenten bereinigt und aktualisiert.
Rund 70 Prozent der Kosten eines Windenergieprojekts verschlingt die Anlage in Form von Investitionskosten, Wartung und Reparatur direkt.
Sie erinnern sich: Die Gemeinde darf mit bis zu 0,2 ct/KWh an der Stromeinspeisung beteiligt werden. Bei maximal 6 ct/KWh sind das 3,3 Prozent der Einnahmen. Allerdings handelt es sich dabei um den Höchstwert, sodass wir für den Prozentsatz der Gemeindeabgabe in der Kostenverteilung auf glatte 3 Prozent senken.
Herstellungskosten zur groben Orientierung
Je nach Quelle finden Sie andere Summen für die Herstellungskosten, die stark von der Anlage selbst abhängig sind. Zur groben Orientierung:
Eine Windkraftanlage mit einer Nennleistung von 1.500 KW/h kostet in der Herstellung inklusive Nebenkosten (Planung, Fundamente, Anschlüsse, Zuwege)
- zwischen 950 und 1.300 €/KW Nennleistung mit Getriebe. Das Getriebe muss nach 10 bis 15 Jahren überholt werden.
- zwischen 1.300 und 1.500 €/KW Nennleistung mit elektromagnetischem Feldlager. Da eine solche Windkraftanlage ohne Getriebe auskommt, sind die Instandhaltungskosten geringer.
Größere Anlagen sind in der Herstellung teurer. Jedoch sind ihre Stromgestehungskosten mit zunehmender Größe der Windenergieanlage niedriger. Insbesondere in windschwächeren Gebieten mit niedrigerer Standortgüte zahlen sich größere Nabenhöhen als Vorteil aus. Am wettbewerbsfähigsten sind die Anlagentechnologien mit der geringsten spezifischen Flächenleistung.
Stromgestehungskosten bei Windenergie
Als Stromgestehungskosten werden die Aufwände bezeichnet, die für die Umwandlung von einer anderen Energieform in elektrischen Strom eingesetzt werden müssen. Sie ergeben sich aus den Kapital-, Finanzierungs-, Betriebskosten sowie der angepeilten Kapitalverzinsung über die Nutzungsdauer. Verteilung und bedarfsgerechte Pufferung des erzeugten Stroms gehören nicht zu den Stromgestehungskosten. Je nach Kraftwerksart fließen noch Brennstoffkosten in die Berechnung ein. Die Stromgestehungskosten werden auch als Levelized Cost of Electricity (LCOE) bezeichnet. Ihre Angabe erfolgt in Euro pro Megawattstunde (€/MWh) oder, wie in unserer Tabelle, in Cent pro Kilowattstunde (ct/KWh). Während die Stromgestehungskosten für fossile Energieträger kontinuierlich steigen, sinken sie für erneuerbare Energien. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme untersucht die Stromgestehungskosten für unterschiedliche Energieträger regelmäßig in Studien.
Stromgestehungskosten (ct/kWh) | |||
Energieträger | 2013 | 2018 | 2021 |
Biogas | 13,5 - 21,5 | 10,1 - 14,7 | 7,2 - 17,3 |
Erdgas | 7,5 - 9,8 | 7,8 - 10 | 7,8 - 13,1 |
Kohle | 3,8 - 8 | 4,6 - 9,9 | 10,4 - 20 |
Photovoltaik (klein) | 9,8 - 14,2 | 7,2 - 11,5 | 5,8 - 8 |
Photovoltaik (Großkraftwerk) | 7,9 - 11,6 | 3,7 - 8,5 | 3,1 - 5,7 |
Wind (Land) | 4,5 - 10,7 | 4 - 8,2 | 3,9 - 8,3 |
Wind (See) | 11,9 - 19,4 | 7,5 - 13,8 | 7,2 - 12,1 |
Windkraftanlagen an Land schneiden laut Studie „Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien“ des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme gut ab.
Hat eine Windkraftanlage Anspruch auf eine Vergütung nach dem EEG, bestimmen die Stromgestehungskosten ihre Wirtschaftlichkeit, da der Erlös pro erzeugter Kilowattstunde festgeschrieben ist. Als Abschreibungszeitraum zur Ermittlung der Stromgestehungskosten wird die Dauer der EEG-Förderung angesetzt. Liegen die Stromgestehungskosten unter dem (geförderten) Erlös-Preis, erzielt die Windenergieanlage Gewinn.
Nutzungsdauer von Windkraftanlagen
Die Haltbarkeitsgrenze von Windkraftanlagen liegt zwischen 20 und maximal 30 Jahren. In der Praxis läuft die Nutzungsdauer eines Windrades üblicherweise nach 20 Jahren ab. Im Schnitt werden Windkraftanlagen aufgrund von Repowering-Maßnahmen früher vom Netz genommen (siehe Kapitel „Drittverwendungsfähigkeit von Windkraftanlagen“). Laut Fachagentur Windenergie an Land waren die stillgelegten Windenergieanlagen im Jahr 2017 im Schnitt erst 16,5 Jahre alt. Technisch wäre die Fortführung der Stromproduktion über die angepeilte Nutzungsdauer hinaus möglich, doch sie ist weniger lukrativ, denn nach 20 Jahren
- fällt die Förderung und damit der garantierte Stromabnahmepreis weg.
- muss sich die Stromerzeugung (gegen die geförderte, jüngere Konkurrenz) aus marktwirtschaftlicher Perspektive noch lohnen.
- läuft in der Regel der Pachtvertrag aus.
- steigen die Reparaturkosten.
- steht eine kostenintensive Weiterbetriebsprüfung an.
Genehmigungsrechtliche Fragestellungen nach Auslauf der Förderung sind unter anderem ein Nachweis der Standsicherung, Prüf- und Begutachtungspflichten aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sowie deren Fortgeltung.
In der Praxis schlagen Betreiber selten den Weg der Fortführung des Betriebs ein. Zwar steigen die Strompreise, dennoch erscheint die Produktion ohne Netzvergütungszulage unrentabel. Die Kosten für den Weiterbetrieb liegen zwischen 2 und 5 Cent pro Kilowattstunde. Die an der Strombörse erzielbaren Einnahmen lagen vor der Strompreisexplosion Mitte 2021 meist deutlich darunter. Um die Windkraftanlage wirtschaftlich betreiben zu können, müssten die Strompreise noch höher sein – und vor allem langfristig und mit Sicherheit kalkulierbar.
Flächenbedarf von Windkraftanlagen
Der Flächenbedarf einer Windkraftanlage ist einerseits überschaubar, andererseits beträchtlich. Die Abstände für Anlagen an Einzelstandorten werden nach den Vorgaben der Landesvorschrift ermittelt. Für Windfarmen kalkulieren Planer, je nach Anlagentyp, mit 10 bis 20 Hektar pro Windkraftanlage.
Standortfläche von Windkraftanlagen
Für das Fundament eines Windrads werden 15 x 15 Meter geeigneter Boden benötigt, Tendenz analog zur Turmhöhe steigend. Hinzu kommen pro Windkraftanlage Zufahrtswege zur nächsten öffentlichen Straße, ein Trafohaus und die Stellfläche für einen Kran, der für die Wartung und bei einer Havarie unabdinglich ist. Diese Komponenten bilden zusammen die Standortfläche. Als genutzte Standortfläche für Windkraft kommt nur baureifes Land beziehungsweise Bauland in Frage. Aus Bauerwartungs- und Rohbauland oder begünstigten Agrar- und Forstflächen können zukünftige Windkraft-Standortflächen entstehen. Auf dem restlichen Grundstück kann prinzipiell weiter Landwirtschaft betrieben werden. Um die Standortfläche herum gibt es noch die Bauwerkfläche und gegebenenfalls eine Baulastfläche. Die Standorte der Windräder sind in den Lageplänen mit Rechts- und Hochwerten, Zuwegen sowie Abstandsflächen gemäß Baurecht eingetragen.
Lesetipp: Mehr über Abstandsflächen im privaten Bereich lesen Sie in unserem Ratgeber-Beitrag zur Grenzbebauung.
Technische Abstandsfläche von Windrädern
Die technische Abstandsfläche zum nächsten Windrad soll einerseits die Standsicherheit gewährleisten, andererseits eine wirtschaftliche Windausnutzung ermöglichen. Sie beträgt erfahrungsgemäß je 8 Rotordurchmesser in und gegen die Hauptwindrichtung sowie je 5 Rotordurchmesser in die beiden Nebenwindrichtungen.
Relevante Flächen bei der Errichtung von Windkraftanlagen.
Neben der technischen Abstandsfläche zu benachbarten Windkraftanlagen dürfen Planer, Bauherren und Betreiber keinesfalls die Abstände zu Nachbargrundstücken und Siedlungen außer Acht lassen. Unterschreiten Windparks die etablierten Abstände zu den Nachbarn und überschreiten damit zugelassene Lärmpegel, werden sie Entschädigungsforderungen der Anwohner kaum abwehren können. Mit folgenden Abstandsflächen sollten Windpark-Erbauer selbst in einer Vorrang- oder Konzentrationszone für Windkraftanlagen mindestens kalkulieren:
- 300 m zu Gehöften und Einzelgebäuden,
- je nach Himmelsrichtung 300 bis 500 m zu Wohnbebauung, die größtenteils außerhalb eines Ortszusammenhangs liegt,
- 500 bis 750 m (je nach Himmelsrichtung) zu Wohnsiedlungen innerhalb eines Ortszusammenhangs.
Diese Werte liegen laut einem Urteil 7 A 4857/00 des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.11.2001 „weitgehend sogar noch unterhalb der Schwelle“, mit denen Betreiber im Hinblick auf einzuhaltende Nacht(ruhe)werte auf der sicheren Seite sind. Die Stand Januar 2022 gültigen Schallpegel entnehmen Sie dem Kapitel „Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen“.
Der Trend geht zu immer höheren Windkraftanlagen mit immer größeren Rotoren. Gesamthöhen von mehr als 200 Meter sind keine Seltenheit mehr. Gerade an windschwachen Binnenstandorten haben Anlagen mit großer Nabenhöhe und großem Rotordurchmesser deutlich realistischere Chancen eine Ausschreibung zu gewinnen.
Das höchste Windrad der Welt misst 280 Meter, soll 20.000 Haushalte mit Strom versorgen können, 38.000 Tonnen CO2 einsparen und wird im geplanten deutschen Offshore-Windpark He Dreiht in der Nordsee eingesetzt werden.
Umlagefläche für Windkraft
Unter finanziellen Gesichtspunkten ist der Begriff Umlagefläche relevant. Denn das Nutzungsentgelt kommt nicht mehr nur dem Eigentümer der Windkraftanlage zugute, sondern die umliegenden Grundstückseigentümer und Pächter werden beteiligt, soweit ihre Flächen technisch oder baurechtlich (kreisförmige Baulastenfläche) betroffen sind. Ein anderes Verteilungsmodell betrachtet die komplette Fläche des Windparks als Umlagefläche.
Unterschieden wird zudem zwischen genutzten und künftigen Umlageflächen. Gegebenenfalls beeinträchtigtes Forst- oder Agrarland wird der genutzten Umlagefläche zugerechnet. Zur künftigen Umlagefläche zählen begünstigte Agrar- und Forstflächen sowie Rohbau- und Bauerwartungsland. Erfahren Sie in den FAQs, wie das Nutzungsentgelt aufgeteilt wird.
Ausgleichsflächen für Windkraft
Windräder stellen einen erheblichen Eingriff in die Natur und das Landschaftsbild dar. Wer eine Windkraftanlage errichtet, muss diese Umweltzerstörung daher kompensieren, konkret: für Ausgleichsflächen sorgen. Wie viele Hektar die Ausgleichsflächen umfassen müssen, hängt von der Größe des Flächenverbrauchs für das Windenergieprojekt ab sowie diesbezüglichen Vorschriften der Länder. Denn das Bundesnaturschutzgesetz schreibt lediglich einen Flächenausgleich vor, konstituiert jedoch keine Größenordnung. Über den Daumen gepeilt fällt für jedes Windrad ein Hektar Ausgleichsfläche an. In der Praxis verfügen Windkraft-Projektentwickler selten über entsprechende zusätzliche Flächen, die nicht unmittelbar für den Betrieb ihrer Windkraftanlagen benötigt werden. Daher lagern sie die Verantwortung zur Renaturierung oder Aufforstung gegen eine Kompensationszahlung an Landwirte, Naturschutzvereine oder ihren Verpächter aus. Diese gewährleisten mit den zweckgebundenen Ausgleichszahlungen Biodiversität, indem sie Streuobstwiesen anlegen, Bachläufe renaturieren, Bäume aufforsten und ähnliche Projekte in Angriff nehmen. Durch die Bedingung, für Ausgleichsflächen zu sorgen, steigen die Preise für solche Agrar- und Forstflächen. 2019 betrugen die Kosten zwischen 12,5 und 17,5 m²; Tendenz durch erhöhten Bedarf steigend.
Ein Windrad wird im Allgemeinen mit einem Hektar Land zur Renaturierung ausgeglichen.
Instandhaltung von Windkraftanlagen
Bei Windkraftwerken handelt es sich um hochkomplexe mechanische Anlagen. Wartung und Reparaturarbeiten nehmen mit über 40 Prozent die größte Planstelle in der Betriebskostenrechnung ein. Zwei Mal pro Jahr ist die Wartung aller elektrischen sowie mechanischen Teile der Windkraftanlage vorgesehen. Die Durchführung obliegt dem Anlagenhersteller oder einem autorisierten Dienstleister. Das Prüfungsspektrum einer guten Wartung umfasst:
- Inspektion aller Anlagenkomponenten samt Turm
- Sichtkontrolle (Korrosion, Schimmel, etc.)
- Überprüfung der Laserausrichtung sowie des gesamten Triebstranges
- Justierung und Reinigung der Bremsen
- Funktionsprüfung
- Dichtigkeitsprüfung
- Drehmomentkontrolle der Schrauben
- Filterwechsel
- Nachfüllung von Öl
Nichtsdestotrotz sind Ausfälle bestimmter Baugruppen (aufgrund von Störanfälligkeit) keine Seltenheit. Die Bereiche Elektrik, Elektronik, Hydraulik und Sensorik bedürfen häufiger Reparaturen zwischen den Wartungsintervallen. Sofern diese Stillstände in der Energieproduktion auslösen, sind diese Ausfälle kaum von langer Dauer. Längere Ausfälle verursachen Generator, Getriebe und Rotor. Zwar sind diese Baugruppen selten defekt, allerdings sind Ersatzteile hochpreisig und deren Austausch kann nur mittels Einsatzes eines Krans durchgeführt werden.
Die Instandhaltungskosten steigen mit zunehmender Betriebsdauer erheblich an. Die Deutsche WindGuard GmbH hat in zwei Studien 2013 und 2015 festgestellt, dass die Wartungs- und Instandhaltungskosten nach 10 Jahren von 10,5 auf 14,7 €/MWh steigen und damit oft mehr als die Hälfte der Betriebskosten vereinnahmen.
Soll ein Windkraftwerk nach der Vertragslaufzeit am Netz bleiben, um fortan Strom ohne öffentliche Förderung zu produzieren, ist die Voraussetzung dafür eine kostenintensive Weiterbetriebsprüfung mit positivem Bescheid, der der Anlage Wirtschaftlichkeit bescheinigt.
Drittverwendungsfähigkeit von Windkraftanlagen
Läuft der Förderzeitraum für eine Windkraftanlage aus, ist ein Weiterbetrieb mangels Wirtschaftlichkeit eher die Ausnahme. Folglich muss sie bestimmungsgemäß demontiert werden. Der Grundstückseigentümer hat Anspruch auf eine rückstandslose Demontage und Entsorgung. Für diesen vollständigen Rückbau werden Rücklagen mit Bankbürgschaft gebildet. Die vollständige Demontage und ordnungsgemäße Entsorgung einer kleinen Windkraftanlage mit einer Nennleistung von 600 KW kostet den Betreiber rund 50.000 Euro. Für eine auf 1.800 KW ausgelegte Anlage verdoppeln sich die Rückbaukosten auf 100.000 Euro. (Was geschieht mit einer demontierten Windkraftanlage?)
Da die Bodenversiegelung bei Windkraftanlagen relativ gering ist – lediglich das Fundament für den Turm, das Trafohaus und die Zufahrt wird betoniert –, sind die Voraussetzungen für eine schnelle Renaturierung gegeben. Unter anderem kann der Eigentümer das Grundstück als Ausgleichsfläche für andere Windkraftanlagen nutzen. Die Bodenpreise für Ausgleichsflächen steigen stetig an und sind oft lukrativer als landwirtschaftliche Flächen an Agrarbetriebe zu verpachten oder verkaufen.
Wesentlich sinnvoller ist Repowering. Alte Windkraftanlagen werden durch neue, größere Windräder mit höherem Energiewirkungsgrad ersetzt. Dazu schließen die Beteiligten (Behörden, Grundstückseigentümer, Betreibergesellschaft) im Rahmen einer neuen Ausschreibung der Bundesnetzagentur neue Verträge, wobei der Anlagenbetreiber je nach Angebot und Zuschlag wechseln kann. Repowering ist nicht an jedem Standort möglich. Gerade kleinere Standorte scheiden durch Abstandsflächen zu Wohngebieten häufig für ein Repowering mit längeren Rotorblättern aus.
Die Drittverwendungsfähigkeit, die aussagt, mit wie viel oder wenig Aufwand eine Immobilie oder ein Grundstück transformiert werden kann, fließt als Faktor in die Wertermittlung ein. Bei Windkraftanlagen ist sie nicht sonderlich hoch, da ein Windrad nicht ohne Weiteres umgenutzt werden kann; und noch geringer, wenn Repowering aufgrund naher Wohngebäude keine Option darstellt.
Einfluss von Fördergeldern auf die Wertermittlung von Windparks
Die Förderung von Windkraftanlagen birgt einen beträchtlichen Konflikt. Einerseits wehren sich Immobilienbesitzer in der Nachbarschaft eines kommerziellen Windparks gegen das Projekt, andererseits sind die Anforderungen an den Umweltschutz hoch.
Die Kosten- und Einnahmenseiten während des geförderten Zeitraums sind durch Pachtverträge und die Einspeisevergütung gemäß EEG und Ausschreibungszuschlag relativ gut berechenbar. „Relativ“ deshalb, weil die tatsächlichen Reparaturkosten, etwaige Entschädigungszahlungen und letztlich die vom tatsächlichen Windaufkommen eingespeiste Strommenge nur als Planspiel beziehungsweise anhand von Erfahrungswerten skizziert werden können. Mit diesen Hochrechnungen kann der Wertermittler bei der Erstellung seines Gutachtens arbeiten, sofern ihm die notwendigen Daten (wie die Höhe der Pacht) zugänglich gemacht werden, er sich selbst einen Überblick (Inaugenscheinnahme) vom Zustand der Windkraftanlage machen kann und über die notwendige Expertise verfügt.
Viele Windkraftanlagen können weit über den Förderzeitraum von 20 Jahren Strom produzieren. Allerdings steigen die Ausgaben für Reparaturen mit fortschreitendem Alter rapide an. Schwierig wird es nach Ablauf des Förderzeitraums, der in der Regel 20 Jahre beträgt. Entweder betreibt die Windpark-Gesellschaft die Anlagen ohne staatliche Unterstützung weiter und muss sich auf dem Strommarkt mit niedrigeren Abnahmepreisen begnügen, denen höhere Reparatur- und Direktvermarktungskosten gegenüberstehen. Die Einspeisevergütung an der freien Strombörse ist allerdings sehr volatil und damit nahezu unkalkulierbar. Oder der Betreiber baut die Anlage zurück, um einer anderen Grundstücksnutzung Platz zu machen. In Frage kommt auch Repowering. Doch durch neue, größere Windkraftanlagen müssen die potenziellen Erträge sowie die Abstände neu berechnet werden.
Förderung und Politik ermöglichen einerseits Planungssicherheit, begrenzen andererseits jedoch die Nutzungsdauer von Windkraftanlagen. Fördergelder werden bei der Bewertung von Windkraftanlagen also insoweit berücksichtigt, als dass sie den Zeitraum für eine akkurate Wertermittlung des Windparks festlegen. Bei der Ermittlung der Wirtschaftlichkeit nach ausgelaufener Förderung oder der Bestimmung des Restwerts der Windkraftanlagen werden Fördergelder nicht mehr berücksichtigt.
Rechtliche Grundlagen für Windkraftanlagen
Da es in unserem Magazin-Beitrag vorrangig um die Wertermittlung von Windkraftanlagen geht, halten wir die rechtlichen Rahmenbedingungen für Windenergie in Deutschland so kurz wie nötig. Die Punkte
- Einspeisung und Vergütung,
- Rechte und Pflichten,
- Umweltschutz sowie
- die Konstellation Pächter und Grundstückseigentümer
müssen wir allerdings zum besseren Verständnis anschneiden. Gesetzliche Grundlage ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in seiner aktuellen Fassung.
Einspeisung und Vergütung
Die Einspeisemodalitäten und die Vergütung sind für geförderte Windkraftanlagen während des Förderzeitraums transparent. Die Unternehmen bewerben sich mit einem Angebot auf die Ausschreibung der Bundesnetzagentur für eine Windparkfläche. Der Einspeisepreis, mit dem sie den Zuschlag erhalten, ist der Startpreis. Er beträgt für Windkraftanlagen an Land gemäß § 36b EEG 2021 maximal 6 ct/KWh und reduziert sich pro Kalenderjahr um 2 Prozent. Ein Beispiel für eine Vergütung finden Sie in der FAQ-Tabelle „Wie viel finanziellen Ertrag (Nutzungsentgelt) bringt ein Windrad?“
Ausgeförderte Windenergieprojekte haben zwei Möglichkeiten, ihre Anlage weiterzubetreiben. Der Betrieb wird nur fortgeführt, wenn ein Gewinn erzielt oder der Strom zumindest kostendeckend produziert und eingespeist werden kann. Der geläufige Weg ist die Direktvermarktung über das Stromnetz im Rahmen eines Stromliefer- und Stromvermarktungsvertrages, ein sogenanntes Power Purchase Agreement (PPA). Vertragspartner sind entweder Energieversorger und Stromhändler (Off-Site-PPAs), die Strombörse oder Letztverbraucher (über sogenannte Corporate oder On-Site-PPAs).
In der Praxis sind es überwiegend Energieversorgungsunternehmen, die den Zuschlag erhalten, da die Belieferung von Corporate PPAs mit höheren Aufwänden (Strom muss über einen eigenen Bilanzkreis zum Kunden transportiert werden) verbunden ist. Die garantierten Abnahmepreise gelten während der – in der Regel sehr kurzen – Vertragslaufzeit und bieten wenig wirtschaftliche Sicherheit. Attraktivere Einspeisevergütungen gibt es für Windenergieprojekte, die einen konstanten Anlagenbetrieb und eine fixe Liefermenge gewährleisten können. Mit dieser Verpflichtung steigt das Haftungsrisiko der Windkraft-Betreiber, da eine Verfehlung der Liefervorgabe sanktioniert wird. Zusätzliche Erlöse erzielt der Betreiber durch den Grünstrom-Nachweis. Meldet der Betreiber seine Anlage im Herkunftsregister an und erhält einen entsprechenden Herkunftsnachweis, darf er die erzeugte Energie als Grünstrom vermarkten.
Alternativ oder ergänzend kann eine Direktvermarktung an den Letztverbraucher erfolgen. Ein dezentrales Energiekonzept ohne Nutzung des örtlichen Stromnetzes ebnet diesen Vertriebsweg allerdings nur, wenn ein Letztverbraucher mit ausreichend hohem Energiebedarf nah genug an der Windkraftanlage liegt, sodass eine Direktleitung wirtschaftlich Sinn ergibt.
Ein Beispiel: Befindet sich ein Rechenzentrum oder eine Forschungseinrichtung mit Teilchenbeschleuniger wenige Kilometer entfernt im Nachbarort, ist eine Direktleitung plausibel. Ein Vorteil eines Direktvertrags mit einem Letztverbraucher ist ein konstanter Strompreis sowie gegebenenfalls eine fest vereinbarte Abnahmemenge und die Befreiung von diversen politisch initiierten Abgaben. Denn energiewirtschaftliche Umlagen und Entgelte entfallen bei einer Direktleitung zwischen Kraftwerk und Endkunden; im privilegierten Einzelfall ist sogar eine Lieferung ohne Stromsteuer möglich.
Rechte und Pflichten
Die Betreiber von Windkraftanlagen können sich auf folgende Privilegien für erneuerbare Energien berufen:
- vorrangiger Netzanschluss (§ 8 EEG)
- vorrangige physikalische Abnahme, Übertragung von Verteilung des Stroms (§ 11 EEG)
- Erweiterung der Netzkapazität (§ 12 EEG)
Diese Rechte bleiben samt Netzverknüpfungspunkt bestehen, wenn der Förderungszeitraum abgelaufen ist. Verletzt der Netzbetreiber seine Pflichten, muss er den Windkraftanlagenbetreiber entschädigen (§ 13 EEG). Dabei variiert die Höhe des Schadenersatzes je nachdem, ob die Anlage noch gefördert wird oder nicht.
Windkraftanlagen, die noch von ihrer 20-jährigen Förderung profitieren, erhalten zudem eine feste, garantierte Einspeisevergütung pro Kilowattstunde. Dieser Vorteil fällt bei ausgeförderten Projekten weg; diese müssen sich über die Abnahmepreise an der Strombörse oder des Energieversorgers finanzieren.
Zu den Pflichten eines Windpark-Betreibers gehört es, die Anlage technisch so auszustatten, dass der Netzbetreiber die Einspeisemenge bei Netzüberlastung per Fernsteuerung reduzieren kann (§ 9 EEG). Darüber hinaus muss neben dem Netzbetreiber auch der Direktvermarkter (§ 10b EEG) die Möglichkeit haben jederzeit die Ist-Einspeisung abrufen zu können und die Einspeiseleistung stufenweise oder – sofern die technischen Möglichkeiten gegeben sind – stufenlos ferngesteuert zu regulieren.
Weitere Pflichten für Energieversorger ergeben sich aus der Marktstammdatenregisterverordnung (MaStRV), die neben einer Registrierung unter anderem eine öffentliche Zugänglichkeit für Daten (§ 15 MaStRV) verlangt.
All diese Pflichten gelten für aktuell geförderte und ausgeförderte Anlagen gleichermaßen. Letztere sind, ebenso wie alle bis 2005 in Betrieb genommenen Windkraftanlagen, temporär wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit von der Nachrüstungspflicht zur Einrichtung einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung von Luftfahrthindernissen (§ 9 Abs. 8 EEG) befreit. Diese Ausnahmeregelung für Windkraftanlagen gilt zunächst bis einschließlich 2022 (Land) beziehungsweise 2023 (See).
Umweltschutz
Umweltschutz-Auflagen sind maßgebliche Faktoren für die Planung einer Windkraftanlage. Sobald ein Areal als Vorranggebiet ausgewiesen wird, gilt es, die Umwelteinflüsse zu klären.
Zum Beispiel: Welche Vögel fliegen durch den Einflussbereich des geplanten Windenergieprojekts und machen dem Bau oder Ausbau (Repowering) eventuell sogar einen Strich durch die Rechnung?
Für die Errichtung der Anlage werden Flächen betoniert (Trafohaus, Kranstellfläche), Zuwege asphaltiert, Fundamente gegossen und Kabeltrassen gegraben. Das Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (kurz: Naturschutzgesetz oder BNatSchG) sieht für weitreichende Eingriffe in die Natur und in das Landschaftsbild Ausgleichsmaßnahmen vor. Windkraftanlagenbetreiber schließen meist Verträge mit Agrar-Grundstückseigentümern, um die geforderten Ausgleichsflächen zu schaffen. Mit der Bezahlung von Ausgleichsflächen ist den Anforderungen an den Naturschutz jedoch noch nicht Genüge getan.
Schutzkonzepte für seltene Arten werden erstellt und lärmrelevante Abstände zu besiedelten Gebieten eingehalten. Beispielsweise müssen Stromnetzbetreiber Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen unter der Prämisse konstruieren, dass Vögel keinen Stromschlag bekommen (§ 41 BNatSchG). Den Umfang, den der Umweltschutz einnimmt und welche Gutachten erstellt werden, haben wir im Kapitel „Umweltverträglichkeitsprüfung für Windkraftanlagen“ vorgestellt.
Vertrag zwischen Pächter und Grundstückseigentümer
Oftmals ist der Betreiber der Windfarm nicht der Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Windpark errichtet wird. Ein Vertrag regelt das Verhältnis zwischen Grundstückseigentümer und Pächter. Um die vertraglichen Nutzungsrechte abzusichern, wird das Grundstück zu Gunsten des Pächters mit einer persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch belastet. Übliche Bestandteile des Nutzungsvertrags zwischen Eigentümer der Grundstücksflächen und dem Betreiber des Windenergieprojekts als Pächter sind:
- Haftung,
- Freistellung des Grundstückseigentümers von Ansprüchen Dritter,
- Ersetzung von Flurschäden sowie
- Abbau der Windkraftanlage nach Vertragsende auf Kosten des Betreibers.
Hinweis: Der Verpächter ist durch die eingetragene Dienstbarkeit im Prinzip jeglichen Änderungen am Pachtvertrag ausgeliefert. Eine einseitige Kündigung des Vertrags nützt ihm wenig und selbst das Verpächterpfandrecht (§ 592 BGB) steht ihm in der Regel nicht zur Verfügung, da die sachbezogenen Besitzrechte an der Windenergieanlage bereits vom Betreiber an die finanzierende Bank abgetreten wurden.
Rückbau
Windparkbetreiber sind bei Aufgabe der Anlage zum Rückbau verpflichtet. Exemplarisch hierfür ist unter anderem der Beschluss 3 UZ 2619/03 vom 12.01.2005 des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs:
„Um die Beeinträchtigung beim Landschaftsbild und im Funktionszusammenhang beim Schutzgut Boden rückgängig zu machen, ist nicht nur der Ausbau des oberirdischen Teils der Windkraftanlage geboten, sondern auch die Entfernung des Betonfundaments.“
Sprich: Auch das Betonfundament und die Pfähle müssen entfernt werden – auch der unterirdische Teil.
Für die Demontage der Windkraftanlage hat der Betreiber Rücklagen zu bilden. Die Höhe der Rücklagenbildung wird vertraglich festgeschrieben. Kostenpunkt aus der Praxis: Ein Betreiber einer Windkraftanlage mit 2,4 KW Nennleistung hat vor Gericht angegeben, dass die Errichtung eines Fundaments rund 250.000 Euro verursacht, der Rückbau 100.000 Euro.
Kümmert sich der (insolvente) Betreiber nicht darum, das zuvor oft landwirtschaftlich genutzte Grundstück in seinen Originalzustand zurückzuversetzen, wird es kompliziert. Im Regelfall wird die Windenergieanlage zum wesentliche Bestandteil des Grundstücks (§ 94 BGB) - womöglich unter Erstattung des Restwertes der Anlage durch den Grundstückseigentümer an den Insolvenzverwalter des bisherigen Betreibers. Ist der Betreiber nicht fähig, den Rückbau durchzuführen, steht erst einmal der Grundstückseigentümer in der Verantwortung.
Der Grundstückseigentümer kann im Ernstfall nicht einmal mit Sicherheit von § 928 BGB profitieren und sein Eigentum abtreten. Das Bundesverfassungsgericht schiebt ihm hier mit seinem Beschluss 1 BvR 83/97 im Grund IV 2a einen Riegel vor:
"Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 16. Februar 2000 entschieden, dass auch eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der Sanierung übersteigt, zumutbar sein kann, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat."
Erst wenn auch dieser (wegen Insolvenz) ausfällt, greift die Genehmigungsbehörde (zu deren Gunsten die Sicherheit eingerichtet wurde, meist der Landkreis) im Rahmen der sogenannten "Ersatzvornahme" auf die Sicherheit zurück.
Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Nachbargrundstücke
Eine Windkraftanlage wirkt sich auf die Nachbargrundstücke aus. Anwohner reklamieren einen unzumutbaren Eingriff in das Landschaftsbild, eine Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität und vor allem Lärm. In diesem Abschnitt erläutern wir wertrelevante Auswirkungen eines Windkraftprojekts auf angrenzende Grundstücke sowie die Rückkopplung, die der Unmut der Bevölkerung in unmittelbarem Einzugsgebiet einer Windkraftanlage auf den Betreiber haben kann.
Immobilieneigentümer sind nicht erpicht darauf, eine Windkraftanlage in der Nähe zu haben.
Wertminderung von Grundstücken in der Umgebung einer Windkraftanlage
Die vorgeschriebenen Abstandsflächen von Windkraftanlagen zu bebauten/besiedelten Gebieten betragen je nach Rotorlänge teilweise nur einige Hundert Meter. Mit einem Wertverlust ihrer Immobilie müssen hingegen Grundstückseigentümer in einem Radius von bis zu 8 Kilometern um eine Windkraftanlage rechnen.
Energieökonom Prof. Dr. Manuel Frondel leitet den Kompetenzbereich „Umwelt und Ressourcen“ des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung und hat mit drei Kollegen eine umfangreiche Datensammlung ausgewertet. Im Gegensatz zur Wertermittlung auf Basis von tatsächlichen Kaufpreisen, wie sie Immobiliengutachter durchführen, haben die Schöpfer der nicht mehr im Netz verfügbaren Ruhr Economic Papers #791 („Local Cost for Global Benefit: The Case of Wind Turbines“) die Angebote auf Immobilienscout24 zwischen 2007 und 2015 als Quelle verwendet, um den Effekt von Windkraftanlagen auf die Immobilienpreise zu untersuchen. Demnach beträgt der Wertverlust für Immobilien, die innerhalb von einem Kilometer Abstand zu einer Windkraftanlage stehen, gemäß eines algorithmisch verfeinerten hedonistischen Vergleichswertverfahrens im Schnitt 7,1 Prozent.
Der Bundesfinanzhof hat am 22. Juni 2006 (Az. II B 171/05) entschieden, dass ungewöhnlich hohe Immissionen von Windkraftanlagen im Einzelfall eine Senkung des Einheitswertes (und damit der Grundsteuer, der Gewerbesteuer und der Zweitwohnungssteuer) rechtfertigen können. Weist ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger in seinem Verkehrswertgutachten einen niedrigeren Wert nach als das Finanzamt, stehen ihre Chancen auf Anerkennung gut.
Gespräch mit Gutachter vereinbaren
Mit Wertverlusten von 23 Prozent sind alte Häuser in ländlichen Regionen am stärksten betroffen. Häuser am Stadtrand verlieren bei gleicher Entfernung zum Windrad fast nicht an Wert. Offenbar fällt die Lärmbelastung, die durch die Windkraftanlage entsteht, in der idyllischen Ruhe halbverwaister Landstriche stärker auf und ins Gewicht – ebenso wie ihre Auswirkung auf das Landschaftsbild. Wirklich quantifizierbar sind die Wertverluste schwer, denn das Gros der Immobilienkäufer nimmt Abstand von einem Erwerb, wenn das Wohngrundstück in der Nachbarschaft einer Windkraftanlage liegt.
Lesetipp: Wir verraten Ihnen in unserem Ratgeber, was Sie berücksichtigen sollten, wenn Sie ein altes Haus kaufen.
Abwehrrechte und Entschädigung von Nachbarn
Obwohl Windkraftanlagen Teil der politischen Energieagenda sind und als erneuerbare Energien Vorrang und Förderung genießen, haben Anwohner Abwehrrechte.
Vor der Genehmigung
Vor der Erteilung einer Genehmigung können Bürger, bei amtlich oder mittels persönlichem Behördenschreiben bekannt gemachten Anhörungsverfahren, Einwände vorbringen. Spätere Rechtsbehelfe gegen Genehmigungen (Bebauungsplan) sind oftmals nur möglich, wenn die Einwendungen im Anhörungsverfahren geltend gemacht wurden. Allerdings findet nicht jedes Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen unter Einbezug der Öffentlichkeit statt.
Gemeinden, auf deren Flur eine Windkraftanlage errichtet werden soll, haben vor der Genehmigungserteilung zwei Optionen, das Windenergieprojekt zu vereiteln:
- Mit einer aktiven Bauleitplanung kann eine Gemeinde gemäß Baugesetzbuch für ihr Gebiet durch eine Positivausweisung einer oder mehrerer Flächen zur Nutzung für Windenergie die zu nutzenden Flächen begrenzen (§ 35 Abs. 3 BauGB).
- Gemeinden sind Träger öffentlicher Belange und als solche an der Regionalplanung zu beteiligen. Wird das Recht einer Gemeinde durch ein Planverfahren verletzt, kann die Gemeinde Bezug nehmend auf § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) das Oberverwaltungsgericht zur Überprüfung der Gültigkeit anrufen.
Nach der Genehmigung
Nach erteilter Genehmigung besteht die Möglichkeit, eine Klage gegen den Genehmigungsbescheid vor Gericht einzureichen. Die Klagefrist beträgt einen Monat nach zugestellter Genehmigung beziehungsweise mit dem Erscheinungstag des Amtsblattes, in dem die Genehmigung öffentlich bekannt gemacht wird. Zur Einhaltung der Frist gilt nicht das Datum des Poststempels, sondern die schriftliche Zustellung beim zuständigen Gericht (nicht per E-Mail). Der Kläger muss von den Immissionen betroffen sein beziehungsweise in seinen Rechten verletzt werden. Dieses Rechtsmittel steht natürlichen und juristischen Personen (auch Gemeinden) zur Verfügung. Bürgerinitiativen erfüllen diese Voraussetzung selten. Sie können zur Abwehr von Windkraftprojekten ebenso wie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) versuchen, sich auf die Aarhus-Konvention berufen. Das EU-Parlament hat das Klagerecht am 5. Oktober 2021 entsprechend ausgeweitet.
Gut zu wissen: Die Aarhus-Konvention beschreibt internationale Mindeststandards
- für den freien Zugang zu Umweltinformationen,
- für die Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltrelevanten Entscheidungsverfahren und
- für den Zugang zu Gerichten in Umweltbelangen.
Die Aarhus-Konvention stärkt damit Abwehrrechte zugunsten des Umweltschutzes. Sie erkennt an, dass staatlich unabhängige Gruppen (NGOs, Initiativen) legitimiert sind, um als Stellvertreter für die Umwelt vor Gericht zu ziehen. Völkervertraglich stellt dies ein Novum dar.
Klage und Widerspruch sorgten für einstweiligen Rechtsschutz betroffener Anwohner. Am 5. November 2020 hat der Bundestag beschlossen, Investitionen zu beschleunigen. Dementsprechend wurde das Bundes-Immissionsschutzgesetz angepasst, wonach die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen und Widersprüchen für Windkraftanlagen an Land de facto entfallen (§ 63 BImSchG). Vorteil für den Windkraft-Investor: Er kann sofort mit dem Bau beginnen. Nachteil ist das unternehmerische Risiko dabei: Ist die Anfechtung von Erfolg gekrönt, erfolgt ein sehr früher Rückbau.
Hinweis: Das Widerspruchsverfahren, welches als Rechtsmittel noch vor einer Klageeinreichung eingeleitet werden kann, haben die meisten Bundesländer abgeschafft.
Luftraumnutzung
Nicht immer sind es Anwohner, Bürgerinitiativen und Gemeinden, die gegen ein Windenergieprojekt vorgehen. Das Militär erweist sich als wesentlich mächtigerer Gegner. In einer Branchenumfrage der Fachagentur Windenergie an Land im Jahr 2019 kristallisierte sich heraus, dass mehr als 900 projektierte Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 3.600 MW durch militärische Luftraumnutzung (Flugsicherungsradar, Hubschraubertiefflugstrecke, Luftverteidigungsradar, Link 16 (taktischer Datenlink des Militärfunks), Mindestabstand Sichtflugstrecke, Nachttiefflugstreckensystem, Radarführungsmindesthöhe, Übungsgebiet) blockiert werden. Fast die Hälfte davon betraf Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (NRW).
Dass die Ausweisung eines Vorranggebietes für Windkraft noch nicht einmal die halbe Miete für eine realisierte Installation von Windrädern ist, unterstreicht der Blick auf die Blockierung durch Drehfunkfeuer in derselben Erhebung. Drehfunkfeuer sind von der Deutschen Flugsicherung (DFS) betriebene Navigationsanlagen für den Luftverkehr. Sie bremsten Stand Q2/2019 nach Angaben der Projektentwickler 1.140 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 4.800 MW. Als größter Spielverderber erwies sich das Drehfunkfeuer in Nörvenich (NRW), von dem 211 geplante Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 684 MW betroffen waren. Das sind mehr als doppelt so viele wie in Fürstenwalde (Brandenburg, 102 Anlagen, 507 MW), Nienburg (Niedersachsen, 101 Anlagen, 471 MW) und Leine (Niedersachsen, 100 Anlagen, 460 MW) auf den Plätzen 2 bis 4. Teilweise lehnten die Behörden die Genehmigung bereits im Datenerhebungszeitraum ab oder die Projektentwickler zogen ihren Antrag zurück.
Entschädigung von Anwohnern
Die Entschädigung von Anwohnern ist in Deutschland aktuell nicht vorgesehen, solange die gültigen Abstandsflächen und Lärmwerte eingehalten werden. Das scheint in der hiesigen Politik und Rechtsprechung sowohl für gesundheitliche Auswirkungen als auch für die Wertminderung von Immobilien durch Windkraftanlagen zu gelten.
Deutsche Gerichte weigern sich bislang, gesundheitliche Belastungen wie Herzrasen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Tinnitus auf den Einfluss von Windkraftanlagen zurückzuführen. Ein Berufungsgericht im französischen Toulouse hat diesen Zusammenhang am 8. Juli 2021 anerkannt und den Betreiber eines Windparks zu Schadenersatz verurteilt. Dem klagenden Ehepaar wurden einem FAZ-Bericht zufolge etwas mehr als 100.000 Euro zugesprochen, davon 30.000 Euro für den Wertverlust seiner Immobilie.
Nichtsdestotrotz verursachen die Rotoren des Windrads Lärm, einen periodischen Schattenwurf bei Sonneneinstrahlung sowie Lichtreflexe („Discoeffekt“). Sofern ein Windpark-Betreiber den Anwohnern dennoch eine Entschädigung zahlt, ist diese steuerfrei, wenn die Zahlung zur Kompensation für Lärm und Schlagschatten ist. Handelt es sich hingegen um eine Ausgleichszahlung, mit der verlorene Einkünfte abgegolten werden, ist der Betrag steuerpflichtig.
Häufige Fragen zum Wert von Windkraftanlagen
Zum Abschluss des weitreichenden Themas Wertermittlung von Windkraftanlagen beantworten wir noch einige oft gestellte Fragen dazu.
Was ist die Nabenhöhe bei Windrädern?
Die Nabenhöhe gibt an, in welcher Höhe der Windkraftanlage der Rotor befestigt wird. Die Gesamthöhe einer Windkraftanlage ist die Summe aus Nabenhöhe und halbem Rotordurchmesser.
Kalkulation & Berechnung: Wie wird das Nutzungsentgelt für Windkraftanlagen verteilt?
Einen fixen Verteilungsschlüssel gibt es nicht, obwohl mit dem Einzelstandort- und dem Windparkflächenverteilungsmodell zwei Konzepte existieren. Wer wieviel vom Nutzungsentgelt erhält, ist Verhandlungssache. Verpächter fordern seit einigen Jahren zweistellige Prozentsätze vom Stromertrag.
Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass ohnehin meist nur zirka 80 Prozent des Nutzungsentgelts zur Aufteilung unter den Nutznießern der Umlagefläche zur Verfügung stehen. Rund 20 Prozent fließen für die Bereitstellung von Flächen zum Betrieb von Windkraftanlagen direkt an die Grundstückseigentümer, sofern diese die Anlagen nicht selbst betreiben. Damit werden ihnen die Abtretung von Nutzungsrechten für Standort- und Zuwegungsflächen schmackhaft gemacht und die wirtschaftlichen Nachteile für die Restflächen abgegolten. Die Eigentümer erhalten jährlich wiederkehrende Zahlungen über die gesamte Laufzeit des Windkraftwerks sowie einmalige Ablösebeträge.
Sind landwirtschaftliche Pächter mit langfristigen Pachtverträgen von der Windkraftanlage unmittelbar betroffen, wird der Umsatzanteil des Nutzungsentgelts, der den Standortflächen und Zuwegen zugesprochen wird, weiter aufgeteilt. Der Grundstückseigentümer behält dann 85 Prozent von seinem Anteil und reicht 15 Prozent an seine Agrar-Pächter weiter. Dies dient der „Abgeltung aller wirtschaftlichen Erschwernisse“, die in Zusammenhang mit der Windkraftanlage stehen (vgl. „Bewertung von Grundstücken mit Windenergieanlagen“ von Herbert Troff in „Der Immobilienbewerter 5 / 2011, S. 3ff.).
Mancherorts fordern die Gemeinden, auf deren Gemarkung die Windkraftanlage errichtet wird, ihr Stück vom Kuchen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021) erlaubt Windkraftanlagenbetreibern explizit, Kommunen im Umkreis von 2,5 Kilometern um die Mitte des Windkraftturms einseitige Zuwendungen in Höhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde (KWh) eingespeister Strommenge ohne Gegenleistung anzubieten (§ 6 EEG). Windparks in der Hand von Bürgervereinigungen oder Genossenschaften verteilen das Nutzungsentgelt wiederum ganz anders als Kapitalmarkt orientierte Unternehmen oder GmbHs.
Wie viel finanziellen Ertrag (Nutzungsentgelt) bringt ein Windrad?
Bis zum Jahr 2016 legte der Staat die Höhe der Vergütung für erneuerbare Energien fest. Seit 2017 orientiert sich diese am Markt, wobei für Windkraftanlagen an Land andere Marktprämien gelten als für Offshore-Windparks. „Der Höchstwert für Strom aus Windenergieanlagen an Land beträgt im Jahr 2021 6 Cent pro Kilowattstunde für den Referenzstandort […]“ heißt es in § 36b Abs. 1 EEG für Windkraftanlagen an Land. Allerdings reduziert sich dieser Höchstwert seit dem Jahr 2022 um 2 Prozent pro Kalenderjahr gegenüber des Vorjahres. Gerundet wird auf zwei Nachkommastellen, wobei für die Berechnung des Höchstwerts zur nächsten jährlichen Anpassung der ungerundete Wert als Ausgangsgrundlage angesetzt wird (vgl. § 36b Abs. 2 EEG).
Betreiber von erneuerbaren Energien können für 20 Jahre mit Einspeisevergütungen, Marktprämien und Mieterstromzuschlägen kalkulieren (vgl. § 25 EEG). Diese werden allerdings nicht mehr vom Staat festgelegt, sondern durch Gebote im Rahmen von Ausschreibungen.
Veranschaulichen wir den finanziellen Ertrag für den Betreiber (Pächter) in einem vereinfachten Beispiel. Voraussetzungen sind:
- kalkulierte eingespeiste Strommenge pro Jahr: 4 Mio. Kilowattstunden (KWh)
- Einspeisevergütung im ersten Jahr: 6 Cent pro Kilowattstunde (ct/KWh)
- jährliche Pacht 15 %
- 0,2 ct/KWh fließen an die Gemeinde
In der Realität weichen die Zahlen ab, da nicht das komplette Nutzungsentgelt in den Verteilungstopf wandert, sondern der Umlageflächenanteil nur 80 Prozent ausmacht. 20 Prozent gehen direkt an denjenigen, dem Zuwege- und Standortflächen gehören.
Jahr | Vergütung (€) | Nutzungsentgelt | Pacht | Gemeinde | Betreiber |
2022 | 0,0600 | 240.000 | 36.000 | 8.000 | 196.000 |
2023 | 0,0588 | 235.200 | 35.280 | 8.000 | 191.920 |
2024 | 0,0576 | 230.496 | 34.574 | 8.000 | 187.922 |
2025 | 0,0565 | 225.886 | 33.883 | 8.000 | 184.003 |
2026 | 0,0553 | 221.368 | 33.205 | 8.000 | 180.163 |
2027 | 0,0542 | 216.941 | 32.541 | 8.000 | 176.400 |
2028 | 0,0532 | 212.602 | 31.890 | 8.000 | 172.712 |
2029 | 0,0521 | 208.350 | 31.253 | 8.000 | 169.098 |
2030 | 0,0510 | 204.183 | 30.627 | 8.000 | 165.556 |
2031 | 0,0500 | 200.099 | 30.015 | 8.000 | 162.085 |
2032 | 0,0490 | 196.097 | 29.415 | 8.000 | 158.683 |
2033 | 0,0480 | 192.176 | 28.826 | 8.000 | 155.349 |
2034 | 0,0471 | 188.332 | 28.250 | 8.000 | 152.082 |
2035 | 0,0461 | 184.565 | 27.685 | 8.000 | 148.881 |
2036 | 0,0452 | 180.874 | 27.131 | 8.000 | 145.743 |
2037 | 0,0443 | 177.257 | 26.588 | 8.000 | 142.668 |
2038 | 0,0434 | 173.711 | 26.057 | 8.000 | 139.655 |
2039 | 0,0426 | 170.237 | 25.536 | 8.000 | 136.702 |
2040 | 0,0417 | 166.832 | 25.025 | 8.000 | 133.808 |
2041 | 0,0409 | 163.496 | 24.524 | 8.000 | 130.971 |
Tabelle: So hoch sind die Einnahmen für die Profiteure der Windkraftanlage bei 4 Mio. KWh eingespeistem Strom pro Jahr zu den vereinbarten Konditionen in den ersten 20 Jahren.
Wie hoch ist der durchschnittliche Gewinn einer Windkraftanlage?
Lassen wir die Übergewinne durch die Ukraine-Krise und den Wahnsinn an der europäischen Strombörse und in der deutschen Wirtschaftspolitik mal beiseite, so liegt eine realistische, gute Rendite für eine Windkraftanlage bei 7 bis 8 Prozent. Offshore-Anlagen erwirtschaften meist höhere Gewinne im niedrigen zweistelligen Bereich.
Wie viel Strom produziert eine Windkraftanlage?
Prinzipiell hängt der Stromertrag einer Windenergieanlage von drei Faktoren ab: Dem Standort, dem Wind und der Bauart der Anlage. Eine moderne Windkraftanlage an Land produziert im Schnitt zwischen 4 und 7 Millionen Kilowattstunden (KWh) pro Jahr. Damit versorgt sie zwischen 1.000 und 2.000 Drei-Personen-Haushalte.
Offshore-Windkraftanlagen sind leistungsfähiger. Einerseits sind sie üblicherweise größer als Windräder an Land, andererseits bekommen sie ohne umliegende Bebauung wesentlich mehr Wind. Daher leisten Offshore-Windenergieprojekte deutlich mehr. Bis zu 60 Millionen KWh Strom produzieren Windkraftanlagen auf See pro Jahr und versorgen damit rund 17.000 Haushalte mit Energie. Der Offshore-Windpark „Wikinger“ zwischen Rügen und Bornholm bringt es mit seinen 70 Windrädern im Idealfall auf eine Leistung von 350 Megawatt und deckt damit den Strombedarf von Mecklenburg-Vorpommern zu einem Fünftel.
Wie viel kostet ein Windrad?
Die Preise für Windkraftanlagen sinken. In den 1990er-Jahren gab es weniger Abnehmer, weswegen die Hersteller niedrige Stückzahlen produzierten. Dem standen hohe Entwicklungskosten gegenüber. Staatliche Fördermaßnahmen und verbesserte Rahmenbedingungen für Windkraft aufgrund der hoch gesteckten Klimaziele sorgten für einen technologischen Quantensprung im Anlagenbau. Windenergieanlagen werden immer größer, effizienter und leistungsstärker, während ihre Preise durch optimierte Produktionsverfahren und höhere Stückzahlen sinken.
In den 1990ern bezahlten Betreibergesellschaften 250.000 Euro für eine 200 KW-Anlage. Für ein Kilowatt Nennleistung durften Windrad-Kunden mit 1.200 Euro Einkaufspreis kalkulieren. Inzwischen haben sich die Herstellungskosten für kleine Anlagen bis 1.000 KW inklusive Montage und Abnahme fast halbiert. Größere Anlagen liegen laut einem Verbraucherportal für Erneuerbare Energien zwischen 770 und 1030 €/KW.
Wem diese Hauptinvestitionskosten zu hoch sind: Alternativ besteht die Möglichkeit, ein Windrad zu pachten, anstatt es zu kaufen.
Wie kann ich eine Windkraftanlage pachten und wie viel kostet das?
Wenn Sie sich dafür interessieren, ein Windrad zu pachten, ist die Bundesnetzagentur eine gute Anlaufstelle. Diese schreibt Windparks ebenso wie Einzelstandorte für Windkraftanlagen aus. Darüber hinaus gibt es Unternehmen, die sich auf die Verpachtung von Windrädern spezialisiert haben.
Die Pacht für ein Windrad ist allerdings happig. Stellflächen für Windräder sind rar, daher verlangen Grundstückseigentümer immer höhere Beteiligungen am Stromertrag. Das Handelsblatt berichtet bereits 2013 von Pacht-Spitzensätzen von 13 Prozent. An einem Standort mit durchschnittlichem Windaufkommen fielen pro Jahr rund 70.000 Euro an Pacht an. An windreichen Stellplätzen sind sechsstellige Pachtsummen realistisch. Schuld an dieser preistreibenden Entwicklung sind unter anderem Einschnitte in der Vergütung von Photovoltaikanlagen, die zur Folge haben, dass sich Projektentwickler einen Bieter-Wettstreit liefern, sobald irgendwo in Deutschland ein neues Vorranggebiet für Windkraft ausgeschrieben wird.
Wenn Sie sich mit dem Landwirt, dem staatlichen Verpächter (oft Forste) oder sonstigem Grundstückseigentümer einig geworden sind und die Genehmigung für die Windkraftanlagen bekommen haben, errichten Sie die Windräder im Regelfall mittels eines zeitlich begrenzten Nutzungsrechts. Dieses Nutzungsrecht räumt Ihnen als Betreiber der Windkraftanlage ein, die notwendigen Flächen für Standort, Stromleitung und Zuwege zu nutzen. Dafür entrichten Sie ein Entgelt (Pacht) an den Grundstückseigentümer (Verpächter). In den meisten Fällen wird das Nutzungsrecht mittels beschränkter persönlicher Dienstbarkeit dinglich im Grundbuch abgesichert. Das Windrad selbst wird als bewegliche Sache behandelt und kann damit zur Sicherheit (Finanzierung) übereignet werden.
Wie hoch sind die Instandhaltungskosten einer Windkraftanlage?
Rund 40 Prozent der Betriebskosten einer Windkraftanlage fließen in die Instandhaltung. Mehr darüber erfahren Sie im Abschnitt „Instandhaltung von Windkraftanlagen“.
Wie lange läuft ein Windrad?
Die Laufzeit für Windkraftanlagen beträgt im Sinne der Einspeisevergütung in der Regel 20 Jahre. Prinzipiell halten die meisten Windkraftanlagen bis zu 30 Jahre, sind aufgrund fehlender staatlicher Prämie nach Ablauf der vertraglichen Nutzungsdauer sowie einer beträchtlichen Leistungsdegeneration allerdings nicht mehr sonderlich wirtschaftlich.
Wie werden Anwohner eines Windparks entschädigt?
Eine Entschädigung von Anwohnern wird in Deutschland nur bei Unterschreitung großzügiger Abstände oder Überschreitung der Lärmwerte in Betracht gezogen. Allerdings kann im Einzelfall, unter bestimmten Voraussetzungen unterstützt von der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, eine Steuerminderung durch die Anpassung Einheitswertes einer Immobilie erfolgen.
Was geschieht mit einer demontierten Windkraftanlage?
Für eine abgebaute Windkraftanlage gibt es zwei Szenarien: Entweder sie ist noch funktionstüchtig und kann weiterverwendet werden. Dann findet sie über (Online-)Händler, die auf gebrauchte Windräder spezialisiert sind, einen neuen Eigentümer. Viele ausrangierte Windkraftanlagen aus Deutschland werden ins Ausland verkauft, dort aufgebaut und wieder in Betrieb genommen. Schwerpunktregion ist Osteuropa.
Gerade Anlagen, die im Rahmen von Repowering vorzeitig ausrangiert werden, haben, je nach Alter und Zustand, einen soliden Restwert. Der Wiederverwertungserlös geht über den Schrottwert hinaus.
Das zweite Szenario betrifft Windkraftanlagen, die keinen Abnehmer mehr finden: Sie werden verschrottet. Eine Windkraftanlage besteht – bezogen auf ihr Gewicht – zu 90 Prozent aus Stahl, Metallen und seltenen Erden. Aus der Verschrottung kann der Eigentümer der Anlage noch Kapital schlagen.
Lediglich für die Rotorblätter mangelt es an zahlungskräftigen Abnehmer. Da Rotorblätter aus Verbundwerkstoff bestehen, gestaltet sich das Recycling als schwierig. Zementhersteller nutzen sie teilweise für die Verbrennung.
Welchen Wert hat ein gebrauchtes Windrad?
Der Wert eines gebrauchten Windrads hängt vom Alter und seinem Zustand ab. Kann es andernorts zur Stromgewinnung aufgebaut werden, ist der Restwert natürlich höher als der reine Schrottwert. Für gebrauchte Windkraftanlagen existiert ein internationaler Zweitmarkt.
Sichern Sie den angestrebten Verkaufspreis durch ein Wertgutachten ab, anstatt das erstbeste Angebot zu akzeptieren! Die Wertermittlung von gebrauchten Windkraftkraftanlagen enthält auf Wunsch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und kann zeitnah durch unsere versierten Gutachter erfolgen. Stellen Sie uns einfach eine Anfrage per Kontaktformular oder telefonisch unter der Rufnummer 0800 - 90 90 282.