Wertermittlung von Krankenhäusern
Woran wird der Wert eines Krankenhauses gemessen? Covid-19 hat die ohnehin schwierige Bewertung von Klinik-Immobilien nicht gerade vereinfacht. Viele Krankenhäuser schrieben bereits vor der Pandemie tiefrote Zahlen. Dürfen gemeinnützige Krankenhäuser ohne Gewinnerzielungsabsicht überhaupt mit wirtschaftlichen Maßstäben bewertet werden? Wir bringen Ihnen in diesem Beitrag die Immobilienbewertung von Krankenhäusern und Kliniken näher.
Fiebermessen vor dem Betreten des Krankenhauses?
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Begrifflichkeiten: Kliniken sind Einrichtungen zur stationären Krankenversorgung. Diese werden unterteilt in Krankenhäuser (Akut-Kliniken) und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (Reha-Kliniken).
- Anlässe zur Wertermittlung sind Bilanzierung, Kauf und Verkauf, sowie die Überprüfung von Finanzierungsanträgen durch Banken für An- oder Umbauten.
- Für Kliniken kommen je nach Schwerpunkt, Konstellation und Anlass fünf Bewertungsverfahren in Betracht.
- Kernkriterien für die Bewertung von Kliniken ist neben der baulichen Konzeption die Lage samt Verkehrsanbindung.
Begriffliche Unterschiede: Klinik vs. Krankenhaus
Stationäre Krankenversorgung wird unter dem Begriff „Klinik“ zusammengefasst. Allerdings existieren völlig unterschiedliche Betreiber- und Finanzierungsstrukturen innerhalb dieses Teils des Gesundheitswesens. Fachleute unterscheiden zwischen der Akut-Klinik, also Krankenhäusern, und der Reha-Klinik zur Vorsorge und Rehabilitation.
Krankenhäuser
Was genau unterscheidet ein Krankenhaus von anderen Kliniken? Hier hilft ein Blick in das Krankenhausfinanzierungsgesetz (§ 2 Nr. 1 KHG). Demnach sind Krankenhäuser Einrichtungen, in denen Ärzte und Pfleger Krankheiten und Leiden feststellen, heilen und lindern – und Geburtshilfe geleistet wird. Zudem können die Patienten im Krankenhaus stationär untergebracht und verpflegt werden.
Krankenhäuser unterscheiden sich hinsichtlich
- Spezialisierung,
- Trägerschaft (privat, öffentlich, frei-gemeinnützig),
- Versorgungsstufe und
- Zulassung.
Entsprechend seiner festgelegten Versorgungsstufe und dem sich daraus ergebenden Leistungsspektrum, kann ein Krankenhaus als Allgemeinkrankenhaus mit Regel-, Schwerpunkt- oder Maximalversorgung eingestuft werden. Darüber hinaus gibt es noch die Etiketten Fachkrankenhaus und Uniklinik.
Stationäre Leistungen eines Krankenhauses werden dual finanziert. Die Investitionskosten von Krankenhäusern werden gemäß § 4 Nr. 1 KHG durch öffentliche Förderung übernommen. Allerdings herrscht Investitionsstau, da die Länder nur noch anteilig fördern. Damit Krankenhäuser modern und wettbewerbsfähig bleiben, müssen sie alternative Finanzierungsmöglichkeiten, zum Beispiel durch Investmentfonds, auftun.
Die Betriebskosten wiederum werden gemäß § 4 Nr. 2 KHG durch leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen und Vergütungen für Behandlungen und ambulante Operationen gesichert. Hierfür gibt es das Krankenhausentgeltgesetz sowie die Bundespflegesatzverordnung für die Bereiche Psychiatrie und Psychotherapie.
- Steigende Personalkosten, zu hohe Bettenkapazitäten und die geringe Investitionsförderung führen zu enormem wirtschaftlichem Druck für Krankenhäuser.
Schloss Schönhagen in Brodersby ist zur Reha-Klinik umfunktioniert worden. Reha-Kliniken haben oft eine große Grünfläche um das Gebäude. Wir ermitteln übrigens auch den Wert von Schlössern.
Vorsorge- und Reha-Kliniken
Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen werden im fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) definiert. Ihr Zweck ist es, zukünftige Erkrankungen zu verhindern (Vorsorge), den Gesundheitszustand zu verbessern und zukünftige Pflegebedürftigkeit zu vermeiden (Rehabilitation).
Die Finanzierung unterscheidet sich von der von Krankenhäusern, denn für Vorsorge- und Reha-Kliniken entfällt die staatliche Investitionsförderung. Betriebs- und Investitionskosten werden mit den Vergütungen für erbrachte Leistungen gedeckt. Die Abrechnung erfolgt überwiegend auf Basis von Tages- oder Fallpauschalen. Deren Höhe verhandeln Reha-Klinik und Leistungsträger im Gegensatz zum Krankenhaus-Segment individuell.
Aus diesem Grund sind es hauptsächlich private Träger, die Reha-Einrichtungen betreiben. Viele stehen mit dem Rücken zur Wand, weil sich die Aufnahme von erheblichen Mengen an Fremdkapital in der Vergangenheit nicht ausreichend amortisiert hat.
Wirtschaftliche Herausforderungen im Klinik-Sektor
Basierend auf den von den KPMG-Wirtschaftsprüfern Prof. Dr. Volker Penter und Silke Rumetsch 1 festgestellten Zukunftstrends, stehen Klinken vor folgenden wirtschaftlichen Herausforderungen:
- Demographische Entwicklung: Überalterung & Landflucht
- Fachkräftemangel in der Pflege – verschärft durch die Corona-Pandemie – wird mittelfristig zu steigenden Löhnen und/oder unzureichend ausgebildeten Pflegekräften führen. Der Kampf um gute Ärzte und auf den Gesundheitssektor spezialisiertes IT-Personal wird durch die Globalisierung verschärft.
- Teufelskreis: Nur Kliniken, die effizient wirtschaften und nach außen hin erkennbar qualitativ arbeiten, werden bestehen. Nur, wer eine moderne infrastrukturelle und medizinische Technik einsetzt, reibungslose Prozesse etabliert hat (Management!) und über qualifiziertes und engagiertes Personal verfügt, kann sein Krankenhaus effizient betreiben.
- Die staatliche Förderung ist für eine überdurchschnittliche Ausstattung zu gering. Alternative Finanzierungsmittel sind notwendig, zwingen Klinken allerdings zur Gewinnerwirtschaftung, um geliehene Gelder zurückzuzahlen.
- Die Vergütungssätze für Klinik-Leistungen enthalten keinen Anteil für eine etwaige Pacht.
- Das Gebäude muss auf den Klinikbetrieb ausgerichtet sein, funktional und baulich flexibel. Die zwischenzeitlich zu Kliniken umfunktionierten Hotels, im Zuge steigender Corona-Infektionen zu Beginn der Pandemie, können nur eine Zwischenlösung sein.
Moderne Station in einem Krankenhaus – aufgrund von Personalmangel nicht besetzt.
Bewertung von Kliniken
Beide Klinik-Arten (Krankenhäuser und Reha-Kliniken) zählen im Hinblick auf die Immobilienbewertung zu den Betreiberimmobilien. Europas größter privater Klinikbetreiber Asklepios managt rund 150 Reha- und Akut-Kliniken. Die Sana Kliniken AG betreibt als eine der größten Klinikketten Deutschlands auch Pflegeheime.
Anlässe für die Wertermittlung von Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen
Eine Wertermittlung von Kliniken erfolgt zur
- Bilanzierung,
- Ermittlung von Kauf- und Verkaufspreisen,
- Überprüfung von Finanzierungsanträgen durch Banken (zum Beispiel im Hinblick auf Ankäufe, Fusionen, Anbau, Umbau, Neubau).
Wertermittler benötigen ein gewisses Know-how bezüglich des Klinik-Betriebs, um eine sachkundige Immobilienbewertung vorzunehmen. Die Sachverständigen der Heid Immobilien GmbH können anerkannte
- Beleihungswertgutachten,
- Bilanzierungsgutachten,
- Due-Diligence-Prüfungen
- und Verkehrswertgutachten für Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationskliniken durchführen.
Gespräch mit Gutachter vereinbaren
5 Bewertungsverfahren für Klinik-Immobilien
Je nach Trägerschaft, Kerngeschäft sowie Eigentümer-Betreiber-Konstellation kommen unterschiedliche Bewertungsverfahren in Betracht, um den Wert eines Krankenhauses oder einer Reha-Klinik zu ermitteln.
- Das periodische Ertragswertverfahren kommt bei Unternehmungen und Immobilien mit Gewinnerzielungsabsicht zum Einsatz. Es ist somit das gängige Verfahren für die Wertermittlung von Kliniken.
- International verbreiteter ist die mehrperiodische DCF-Methode, wenn der Ertragswert einer Klinik ermittelt werden soll.
- Als Unterform des Ertragswertverfahren wird das Pachtwertverfahren angewendet, wenn der Eigentümer des Klinik-Gebäudes nicht mit dem Betreiber identisch ist und Miete beziehungsweise einen Pachtzins verlangt.
- Beim Sachwertverfahren werden Grundstückswert und Herstellungskosten der baulichen Anlagen unter Berücksichtigung der Abnutzung berechnet. Dieses Verfahren dient bei der Wertermittlung von Klinik-Immobilien lediglich der Plausibilisierung, sichert das Ergebnis einer Ertragswertmethode also ab.
- Das Vergleichswertverfahren greift auf Kaufpreise für Krankenhäuser zurück, dient aber meist mangels ausreichender Vergleichsobjekte im gültigen Zeitraum und der Region ebenfalls lediglich der Absicherung des Ertragswerts.
Kernkriterien und Besonderheiten bei der Wertermittlung von Kliniken
Schlüsselkomponenten in der Wertermittlung von Kliniken sind die auf den Krankenhaus-Betrieb abgestimmte bauliche Konzeption des Grundstücks und die Struktur der Klinik.
Geprägt wird der realisierbare Wert einer Klinik oder eines Krankenhauses von der demographischen Entwicklung, dem wirtschaftlichen Wachstum und der Konkurrenzsituation im Einzugsgebiet. Eine Markt- und Standortanalyse sollte vor jeder Klinik-Investition durchgeführt werden.
Besonderheiten von Kliniken sind:
- Lage: Es ist nicht entscheidend, dass ein Krankenhaus im Ortszentrum steht. Eher sind Kliniken am Stadtrand zu finden. Es handelt sich oft um große Grundstücke mit Parkanlage zur besseren Genesung.
- Verkehrsanbindung, Parkplatzsituation und Reputation sind weit wichtiger als der reine Standort. Parkplätze und Parkhäuser sind für viele Klinik-Betreiber inzwischen eine notwendige Einnahmequelle, die Investitionen finanziert.
- Kliniken genießen einen speziellen Status. Durch die Ausweisung als Sondergebiet im Bebauungsplan ist die Drittverwendungsfähigkeit stark eingeschränkt. Obwohl eine Umwandlung in ein Wohnhochhaus bautechnisch machbar wäre, durchkreuzt der Bebauungsplan diese Maßnahme.
- Klinik-Grundstücke sind oft Gemeinbedarfsflächen, also Flächen mit dauerhafter, öffentlicher Zweckbindung. Dies schränkt den Käuferkreis und die Nutzungsmöglichkeiten erheblich ein. Nicht selten pachten die Krankenhaus-Eigentümer das Grundstück von der Gemeinde oder entrichten einen Erbbauzins.
Diese Informationen benötigt der Klinik-Gutachter
Ein professioneller Sachverständiger muss sich zu Beginn der Wertermittlung von Krankenhäusern und Kliniken vor Ort mit der Lage, dem Standort, der baulichen Konzeption, Struktur und Ausstattung beschäftigen. Inventar und Zubehör, das nicht fest mit dem Gebäude verbunden ist, fällt aus dem Bewertungsrahmen.
Zweibettzimmer im Krankenhaus. Betten und Nachttische sind bewegliches Inventar und damit nicht Teil der Bewertung.
Selbstverständlich kennt der Wertermittler den örtlichen Immobilienmarkt. Doch der Sachverständige häuft weiteres Wissen an. Er führt bei der Gutachtenerstellung eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durch, scannt den regionalen Wettbewerb sowie die Verzahnung mit anderen medizinischen Einrichtungen (wie Laboren oder Krankentransportunternehmen) und behält gesetzliche und demographische Entwicklungen im Blick.
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Wie viel ist ein Krankenhaus wert?
Betriebswirtschaftliche Analyse und Immobilienbewertung gehen bei der Wertermittlung eines Krankenhauses oder einer Klinik Hand in Hand, wie bereits Penter und Rumetsch 2 dargelegt haben.
Betriebswirtschaftliche Analyse eines Krankenhauses
Krankenhäuser können üblicherweise erst ab zirka 250 Betten wirtschaftlich betrieben werden. Dabei spielt der Schweregrad und die Anzahl an Privatpatienten eine Rolle. Erst, wenn mindestens drei Viertel der Betten belegt sind, erreicht ein Krankenhaus den Break-even. Das Personal kostet bis zu 65 Prozent des Umsatzes, Sachaufwände können zwischen 25 und 40 Prozent ausmachen. Der Gewinn des Betreibers liegt meist im einstelligen oder im negativen Bereich.
Tragfähige Pacht einer Klinik
Im ersten Schritt wird ermittelt, wie hoch die Pacht sein darf, damit das Krankenhaus die Chance hat, wirtschaftlich tragfähig zu sein. Dazu wird anhand von Bettenanzahl, Auslastung, Betriebs- und Belegungstagen, Umsatzerlösen, Material- und Personalaufwand das vorsteuerliche Ergebnis (EBITDA) berechnet. Anschließend werden die Abschreibungen für Abnutzung abgezogen und von diesem Zwischenergebnis (EBIT)Zinsergebnis und fiktiver, prozentualer Betreibergewinn abgezogen. Nun kennt der Wertermittler die maximal tragfähige Pacht.
Verkehrswert eines Krankenhauses
Um den Verkehrswert der Klinik zu erhalten, berechnet der Sachverständige zunächst die Marktmiete in Bezug auf die Fläche. Weitere Kennzahlen sind unter anderem der Jahresrohertrag, die Bewirtschaftungskosten, der marktgerechten Reinertrag sowie Ertragswert der baulichen Anlagen und der Bodenwert abzüglich der Bodenwertverzinsung.
Für die Immobilienbewertung sind der Einzelzimmeranteil, die Nettogrundfläche pro Bett, die Pachtzahlung und die Herstellungskosten relevante Betrachtungsgrößen.
Eine gesetzlich vorgegebene Rechengröße bei der Ertragswertermittlung ist der Barwertfaktor. Dieser ergibt sich anhand der Restnutzungsdauer für das Klinik-Gebäude und dem Liegenschaftszinssatz durch eine Tabelle im Bewertungsgesetz (Anlage 21 BewG).
Wie wird eine Reha-Immobilie bewertet?
Für die Reha-Klinik erfolgt die Marktwertermittlung ähnlich wie bei Krankenhäusern. Allerdings fließen die Instandhaltungskosten und der Pflegesatz (Euro pro Bett und Tag) mit in die EBITDA-Kalkulation ein. Sobald die tragfähige Pacht abgeleitet wurde, wird der Ertragswert bestimmt.
Für die Immobilienbewertung von Reha-Einrichtungen sind die Herstellungskosten, der Ertragswertfaktor (neun bis 13,5 x Rohertrag) und die Pacht (bis zu 15 Prozent vom Umsatz) relevante Rechengrößen.
Wirtschaftlichkeit ist bei Reha-Kliniken meist ab 150 Betten gegeben. Die Tagessätze liegen zwischen 100 und 400 Euro pro Belegungstag und die Mindestauslastung hängt von den angebotenen Leistungen ab. In Fachgebieten wie Neurologie oder Psychosomatik liegt sie bei über 90 Prozent. Als Betreibergewinn werden zwischen fünf und acht Prozent veranschlagt. 3
Wir ermitteln den Wert Ihrer Klinik
Einige Gutachter der Heid Immobilien GmbH sind mit der Wertermittlung von Krankenhäusern und Reha-Kliniken vertraut. Heid bewertet bislang zirka fünf Klinik-Immobilien pro Jahr. Von der Due Diligence für kleine Kliniken mit wenigen Betten bis hin zu Verkehrswertgutachten für Unikliniken in Metropolen, übernehmen wir die Immobilienbewertung sachkundig, gesetzeskonform und zeitnah.
Möchten Sie, dass wir Ihr Krankenhaus bewerten? Schicken Sie nachfolgendes Kontaktformular ab oder rufen Sie uns unter 0800 - 90 90 282 an. Wir freuen uns auf Sie!
1 Vgl. „Bewertung von Kliniken“ von Volker Penter und Silke Rumetsch, erschienen in: Sven Bienert, Klaus Wagner (Hrsg.): „Bewertung von Spezialimmobilien“, S. 826f., 2. Auflage, 2018
2 Vgl. „Bewertung von Kliniken“ von Volker Penter und Silke Rumetsch, erschienen in: Sven Bienert, Klaus Wagner (Hrsg.): „Bewertung von Spezialimmobilien“, S. 833ff, 2. Auflage, 2018
3 Vgl. „Bewertung von Kliniken“ von Volker Penter und Silke Rumetsch, erschienen in: Sven Bienert, Klaus Wagner (Hrsg.): „Bewertung von Spezialimmobilien“, S. 840ff, 2. Auflage, 2018