Ein Bahnhof ist mehr als nur das Bahnhofsgebäude. Gleise, Weichen, Bahnsteige, Nebengebäude und technische Infrastruktur (Einfahrsignale etc.) gehören gemäß Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) mit dazu. Wir konzentrieren uns bei der Wertermittlung von Bahnhöfen jedoch auf die Bewertung von Grundstück und Gebäuden.

Bahnhof mit Dampflok
Dampflok fährt im Bahnhof ein.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bahn verkauft und vermietet Liegenschaften, die sie nicht (mehr) für den Ei­sen­bahn­be­trieb vermietet.
  • Grund­vor­aus­set­zung bei einem Kauf mit Chance auf Bebauung ist die Entwidmung als Bahnfläche.
  • Der Wert eines Bahngrundstücks wird per Er­trags­wert­ver­fah­ren ermittelt und durch eine Sach­wert­be­rech­nung plausibilisiert. Bei stillgelegten Bahnhöfen stellt das Sach­wert­ver­fah­ren hingegen die maßgebliche Be­wer­tungs­me­tho­de dar.
  • Bahnspezifische Grund­stücks­merk­ma­le wie lange Mietverträge, im Grundbuch eingetragene Rechte sowie ein erheblicher Sanierungs- und Mo­der­ni­sie­rungs­stau wirken sich erheblich auf den Grundstückswert aus.

André Heid
Zertifizierte Im­mo­bi­li­en­gut­ach­ter nach DIN 17024 von TÜV, DEKRA, IHK, DIA und EIPOS bewerten Ihre Immobilie sachgemäß.

Besonderheiten bei Bahnflächen

Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) ist maßgeblich für den gesetzlichen Rahmen, die Be­griffs­de­fi­ni­tio­nen und damit indirekt auch für die Wertermittlung von Bahn­grund­stü­cken.

Das gehört zum Bahnhof

Bahnanlagen sind öffentliche Grundstücke im An­stalts­ge­brauch – mit der Zweckbestimmung „Eisenbahn“.

Die Definition von Bahnanlagen und Bahnhöfen steckt in § 4 EBO. Demnach sind Bahnanlagen „[…] alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Be­rück­sich­ti­gung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind.“ Per Definition gehören auch sonstige und Ne­ben­be­triebs­an­la­gen einer Eisenbahn dazu, zum Beispiel für Be- und Entladung sowie Ab- und Zugang.

Bahnhöfe sind Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, ausweichen oder wenden dürfen.“ Doch wo endet der Bahnhof und wo beginnt die freie Strecke? Auch diese Definition liefert § 4 EBO Abs. 2: Als Grenze gelten demnach Einfahrsignale oder Trapeztafeln, alternativ Einfahrweichen. Die EBO unterscheidet sogar zwischen einem richtigen Bahnhof und einem Haltepunkt (Abs. 8) sowie einer Haltestelle (Abs. 9). Im Gegensatz zum Bahnhof fehlt dem Haltepunkt die Weiche. Eine Haltestelle wiederum ist lediglich eine Abzweig- oder Anschlussstelle, die mit einem Haltepunkt verbunden ist.

Haltepunkt an Bahnstrecke auf Rügen
Bahnhaltepunkt auf Rügen.

Entwidmung für Ver­kehrs­wert­be­stim­mung nötig

Wird ein Bahngelände, wie ein Bahnhof, zwangs­ver­stei­gert, kann das Grundstück nicht einfach neu bebaut werden. Die Gemeinde, auf der der (ehemalige) Bahnhof liegt, hat zunächst keine Planungshoheit über das Bahngelände. Sie kann das Grundstück im Bebauungsplan erst einer neuen Bestimmung zuführen, wenn es entwidmet wurde. Wie die Entwidmung von Bahn­grund­stü­cken erfolgt, geht aus dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (§ 23 AEG) hervor. Die Freistellung von Bahn­be­triebs­zwe­cken ist erst nach einer ei­sen­bahn­recht­li­chen Plan­fest­stel­lung und Mach­bar­keits­prü­fung möglich. Dazu geben alle in Frage kommenden Bahn­ge­sell­schaf­ten eine Stellungnahme ab.

Bestandsschutz besteht nach der Entwidmung nicht. Das heißt: Nur, weil das Grundstück bebaut ist, muss noch lange keine Baugenehmigung erfolgen. Im Prinzip werden bebaute Bahnbrachen zum Bau­erwar­tungs­land zurückgestuft.

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So wird der Verkehrswert von Bahnhöfen bestimmt

Bei Fortführung des Mietvertrags oder einer weiterhin ren­di­te­ori­en­tier­ten Nutzung erfolgt die Wertermittlung von Bahnhöfen primär mit dem Er­trags­wert­ver­fah­ren.

Im ersten Schritt der Rechnung wird der Rohertrag ermittelt. Dabei handelt es sich um die marktübliche jährlich erzielbare Nettokaltmiete. Von dieser werden die Be­wirt­schaf­tungs­kos­ten abgezogen. Die Be­wirt­schaf­tungs­kos­ten umfassen In­stand­hal­tungs­rück­la­gen­bil­dung, Miet­aus­fall­wag­nis, Mo­der­ni­sie­rungs­ri­si­ko und Ver­wal­tungs­kos­ten. Dadurch ergibt sich der jährliche Reinertrag.

Der Rein­ertrags­an­teil des Bodenwertes (Lie­gen­schafts­zins x Bodenwert) wird vom Reinertrag abgezogen. Das Ergebnis ist der Ertrag der baulichen und sonstigen Anlagen des Bahnhofs oder Bahngrundstücks. Dieser wird mit dem auf der Rest­nut­zungs­dau­er basierenden Barwertfaktor gemäß Im­mo­bi­li­en­wert­ermitt­lungs­ver­ord­nung (§ 34 ImmoWertV) multipliziert. Nun kennt der Sachverständige den Ertragswert der baulichen und sonstigen Anlagen. Diesem wird der Bodenwert hinzugefügt. Zum Abschluss werden ob­jekt­spe­zi­fi­sche Grund­stücks­merk­ma­le wie erheblicher Mo­der­ni­sie­rungs­be­darf oder Denkmalschutz berücksichtigt. Diese können sich bisweilen stark wertsteigernd oder -senkend auswirken.

Der Rechenweg für die Wertermittlung von Bahnhöfen als Formel:

Rohertrag – Be­wirt­schaf­tungs­kos­ten = Reinertrag

[Reinertrag – (Lie­gen­schafts­zins­satz x Bodenwert)] x Barwertfaktor = Ertragswert der Anlagen

Ertragswert der Anlagen + Bodenwert +/- ob­jekt­spe­zi­fi­sche Grund­stücks­merk­ma­le = Ertragswert

Sach­wert­ver­fah­ren zur Absicherung

Zur Absicherung des Ver­kehrs­wert­gut­ach­tens dient das Sach­wert­ver­fah­ren – welches bei stillgelegten Bahnhöfen ohne Nutzungskonzept primär angewandt wird.

Hierfür sieht die Berechnung folgendermaßen aus:

Sachwert aller Gebäude & Außenanlagen + Bodenwert = vorläufiger Sachwert

Vorläufiger Sachwert x Markt­an­pas­sungs­fak­tor +/- ob­jekt­spe­zi­fi­sche Grund­stücks­merk­ma­le = Sachwert

Häufige Be­wer­tungs­fak­to­ren bei Bahnhöfen

Für Bahngrundstücke kann es durchaus passieren, dass bei der Wertermittlung negative Ertrags- und Sachwerte zutage treten. Diese Zu- und Abschläge wirken sich bei Bahnflächen über­durch­schnitt­lich hoch auf den Sach- beziehungsweise Ertragswert aus. Insbesondere lange Mietverträge – oft über zehn Jahre – auf niedrigem Mietzinsniveau sowie ein erheblicher Mo­der­ni­sie­rungs­rück­stand mit Zwang zur energetischen Sanierung oder eine mangelhafte Erschließung können den Grundstückswert in den Minus-Bereich drücken. Hinzu kommen als stark wert­be­ein­flus­sen­de Faktoren:

In der Regel besteht bei Bahnbrachen, die von der Bahn abgestoßen werden, ein sehr hoher und kostspieliger Sanierungs- und Mo­der­ni­sie­rungs­be­darf.

Grundstücke von der Bahn kaufen oder mieten

Sie interessieren sich trotzdem für Bahngrundstücke? Die Deutsche Bahn AG verkauft und vermietet Liegenschaften, die für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigt werden. Sie

  • gibt stillgelegte Güterbahnhöfe als Gewerbeflächen frei,
  • vermietet Parzellen an Klein­gar­ten­ko­lo­nien,
  • verkauft Grundstücke einzeln oder im Portfolio.

Hinweis: Kaufen Sie nicht die Katze im Sack, wenn Sie die Verpflichtungen hinter einem vermeintlichen Bahnimmobilien-Schnäppchen nicht genau kennen. Die Sach­ver­stän­di­gen der Heid Immobilien GmbH nehmen Port­fo­lio­be­wer­tun­gen vor – auch für Grund­stücks­pa­ke­te der Bahn.

Kleingartenkolonie zwischen Bahngleisen
Klein­gar­ten­ko­lo­nien liegen häufig entlang einer Bahnstrecke, allerdings selten direkt am Bahnhof.

Im November 2022 standen unter anderem folgende Bahn­lie­gen­schaf­ten zum Verkauf (teils per Auktion):

  • Unbebaute Grundstücke mit Rheinblick in Bacharach,
  • leerstehendes, denk­mal­ge­schütz­tes Stellwerk in Gladbeck,
  • verpachtete Klein­gar­ten­an­la­ge in Würzburg,
  • Bahnhofsplatz in Rötha (bei Leipzig, dort hält kein Zug mehr),
  • gewerbliches Baugrundstück in Sonneberg,
  • ehemaliges Bahngebäude mit Anbauten in ländlicher Lage (Sonnewald / Brenitz) – mit Dachschaden und veralteten Elektro- und Sa­ni­tär­ein­rich­tun­gen.

Für einige solcher Bahngrundstücke beziehungsweise alte Häuser (wie Bahnhofsgebäude) in Bahneigentum ist kein Energieausweis notwendig. Was der Käufer mit dem Grundstück machen kann, der Er­schlie­ßungs­zu­stand und welche Auflagen oder Einschränkungen es gibt, geht meist aus der Ob­jekt­be­schrei­bung hervor. Dennoch ist es unabdinglich, den Flä­chen­nut­zungs­plan der Gemeinde einzusehen.

Lesetipp: Erfahren Sie in unserem Ratgeber, was Sie beachten sollten, bevor Sie ein altes Haus kaufen.

Hinweis: An Bahnstrecken oder in Bahnhofsnähe sind Geh- und Fahrtrechte sowie Leitungsrechte für die Deutsche Bahn AG üblich. Diese und andere Grund­dienst­bar­kei­ten wirken sich wertmindernd aus.

Bewertung von Bahnhöfen & Bahnbrachen

Sie haben noch eine Frage oder benötigen ein Ver­kehrs­wert­gut­ach­ten für ein Bahngrundstück? Unsere sachkundigen, zertifizierten Sach­ver­stän­di­gen erstellen gerne ein ge­set­zes­kon­for­mes Wertgutachten für Bahnhöfe und Bahnbrachen für Sie. Wir sind gespannt auf Ihre Anfrage!